Sporthelden der Corona-Krise TV Kirchheimbolanden: Ju-Jutsu-Abteilung gründet Online-Sportgemeinschaft

Trotz des Erfolgs der Fern-Kooperation: TV Kirchheimbolandens Ju-Jutsu- Trainer Peter Finck (rechts) und seine Mitstreiter sehne
Trotz des Erfolgs der Fern-Kooperation: TV Kirchheimbolandens Ju-Jutsu- Trainer Peter Finck (rechts) und seine Mitstreiter sehnen die Sport-Normalität wieder herbei.

Spielgemeinschaften sind im Fußball gang und gäbe. Ein regionales Novum hingegen ist die Kooperation von Kampfsportlern. Die Ju-Jutsu-Abteilung des TV Kirchheimbolanden und die Judoka aus Eppelsheim und Worms trainieren gemeinsam online.

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4400 Hampelmänner, 3600 Seilsprünge, 2000 gemischte Übungen wie Planks mit Twist, Liegestütze, Kniebeugen, Crunches und Flutter Kicks, dazu noch ein paar Liegestütze zum Abschluss – macht 10.028 Übungen in etwas über zwei Stunden: Der 17. Mai 2020 war sicherlich ein Höhepunkt in der (noch jungen) digitalen Trainingsgeschichte dreier Kampfsport-Vereine: den Ju-Jutsu-Kämpfern des TV Kirchheimbolanden sowie den Judoka des VfL Eppelsheim und des 1. Judo-Clubs Worms.

Mit mehr als zehn Teilnehmern habe der harte Kern, der nichts auslässt, begonnen und bis zum Schluss durchgezogen. Ohne Musik, sonst höre man das Stöhnen und Zählen nicht, berichten die Abteilungsleiter. „Die konnten am nächsten Morgen teilweise nicht mehr laufen“, erinnert sich Eppelsheims VfL-Fachtrainer Igor Kurtzik mit Stolz und einem Schmunzeln auf den Lippen zurück.

Der 50-jährige Alzeyer – früher Fußballer und Marathonläufer – gilt als Initiator des Online-Trainings, und er konnte den Wormser Judo-Coach Patrick Alberti sowie den Kirchheimbolander Ju-Jutsu-Trainer Peter Finck für sein Team gewinnen. Wöchentlich bieten die drei, mit Unterstützung weiterer Übungsleiter wie Marcel Reitzle (Eppelsheim), Roberta Heimann und TVK-Abteilungsleiter Bernd Mohr, fünf bis sechs virtuelle Einheiten sowie darüber hinaus separates Kindertraining online an.

Rucksäcke dienen als Wurfpuppen

Besonders beliebt bei den Sportlern sind die Wochenendtrainings. Dank der Methodenvielfalt der Trainer kommen die durchschnittlich zwölf Teilnehmer nun schon seit gut einem Jahr nicht nur zu judo- oder ju-jutsu-spezifischen Inhalten, sondern auch in den Genuss von reinem Konditions- und Zirkeltraining, erklärt Kurtzik. Auch Freunde, Bekannte sowie auch Vereinsfremde sind bei den Trainingseinheiten willkommen und dürfen kostenlos mittrainieren.

Der Ideenreichtum der drei Trainer kennt offenbar kaum Grenzen. Abseits des Sports stehen neben ungewöhnlichen Kartenspielen fordernde und lustige Aufgaben auf dem Programm. So musste bereits mit Wasser im Mund bei einem Puls von 160 durch die Nase geatmet werden. Mit Stoff gefüllte Rucksäcke werden zu Judowurfpuppen oder einfache Wasserflaschen zu Gewichten im Hanteltraining umfunktioniert.

Gemeinschaft der Vereine nicht neu

„Die Gemeinschaft zwischen den Vereinen war vorher schon da. Sie ist durch die Pandemie aber enorm gewachsen“, betont der Kirchheimbolander Peter Finck, der sich aber auch den normalen Sportbetrieb ohne Auflagen zurückwünscht. „Das ist schon hart für uns. Auch über Sommer, als wir wieder in der Halle trainieren durften und mit den diversen Hygienemitteln die ganzen Matten desinfizieren mussten: Da steckt viel Zeit und Kostenaufwand dahinter.“

Die Turnhalle in Bischheim dient, sobald wieder in geschlossenen Räumen trainiert werden kann, nach wie vor als Ersatz für die brandgeschädigte Halle des Nordpfalzgymnasiums in Kirchheimbolanden. Der 36-jährige Finck, Inhaber des schwarzen Gürtels und der Trainer-C-Lizenz, bringt sich seit vielen Jahren bei der 58 Mitglieder starken Ju-Jutsu-Abteilung des TVK ein, ist auch als Prüfer und Pressereferent tätig. Der Fokus liege auf dem Jugendbereich. Die moderne, offene Kampfkunst Ju-Jutsu mit Wettkampfcharakter in unterschiedlichen Disziplinen – vergleichbar mit dem Zehnkampf in der Leichtathletik – bilde ein riesiges Spektrum ab. „Das macht es so interessant“, sagt Finck.

„Kontaktsport ohne Partner wie Waffel ohne Eis“

Doch zurück zum Online-Training: Das Equipment haben die Trainer selbst finanziert. Lustige Selfies nach den anstrengenden Einheiten gehören schon fest zum Ablauf. Wie dankbar die Teilnehmer für das breite digitale Angebot sind, drückten sie auch in Form einer Collage aus, die sie als Geschenk an Finck und Kurtzik übergaben. „Das Lächeln im erschöpften Zustand nach jedem Training, die Menschen glücklich zu sehen, die Freude, das motiviert mich. Die Leute sind zum Teil auch öfter dabei als im regulären Training“, nennt Kurtzik Gründe, warum er selbst körperlich ans Limit geht und auch Verletzungen wie eine Sehnenscheidenentzündung im Training in Kauf nimmt.

Dass auch der 50-Jährige sich nach Normalität sehnt, betonte er unter anderem vergangenes Jahr in einem Fernsehbericht: „Judo als Kontaktsportart ohne Partner auszuüben, das ist wie Eis essen und man hat nur die Waffel“, sagte er in dem Beitrag.

Neben der 10.028-Übungen-Challenge waren das Fastnacht-Spezial-Musik-Workout oder ein internationales Training mit Vereinen aus Auxerre (Frankreich) und Parma (Italien) weitere Höhepunkte im Corona-Jahr. Der Ideenreichtum der engagierten Trainer kennt also tatsächlich keine Grenzen und sorgt in sportlich schwierigen Zeiten auch bei den Ju-Jutsu-Sportlern des TV Kirchheimbolanden für viele Lichtblicke.

Die Wahl zum Donnersberger Sporthelden der Corona-Krise

Zehn Kandidaten stehen zur Wahl und können „Donnersberger Sportheld der Corona-Krise“ werden. Von 6. bis 16. April stellen wir jeden Tag einen Kandidaten im Porträt vor. Die Texte sind auch auf der lokalen Facebookseite der RHEINPFALZ zu finden, verbunden mit einem Video, das jeden Verein genauer vorstellt. In der RHEINPFALZ-Ausgabe am Samstag, 17. April, werden alle Kandidaten noch einmal auf einer Übersichtsseite präsentiert. Diese Übersicht ist ab dann auch auf der Homepage der RHEINPFALZ zu finden, verbunden mit dem Aufruf zur Wahl. Denn diese startet ab 17. April. Online und per Coupons, wie bei der sonst üblichen Sportlerwahl, können Leserinnen und Leser dann bis Sonntag, 9. Mai, für ihren Lieblingsverein abstimmen. Die Helden werden mit Geldpreisen der Sparkasse Donnersberg und Greiner Schaltanlagen belohnt. Auch wer abstimmt, kann gewinnen: Die RHEINPFALZ verlost ein Tablet.
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