Sporthelden der Corona-Krise TSG Zellertal: Training nicht nur für die Beine
Er ist einer der Frauen und Männer, ohne die seit etwa einem Jahr gar nichts mehr geht: Thorsten Sprenger, Hygienebeauftragter der TSG Zellertal. Dass es eine solche Position neben Trainer, Co-Trainer, dem Platzwart, Vorsitzenden, Abteilungsleitern einmal geben wird, daran hatte vor dem vergangenen Frühjahr wohl kaum jemand einen Gedanken verschwendet. Doch ohne sie ging plötzlich nichts mehr. Nach dem ersten Lockdown waren sie mit ihren Konzepten gefragt, um überhaupt wieder auf die Plätze zurückkehren zu können. Wo muss desinfiziert werden? Welche Plakate aufgehängt werden? Wie wird gesichert, dass die Umkleiden und Duschen nicht genutzt werden?
Das Land veröffentlichte Richtlinien, der Südwestdeutsche Fußballverband (SWFV) gab Empfehlungen für seine Vereine: „Die sind natürlich alle in unser Konzept eingeflossen“, berichtet Sprenger. Am 16. Juni kehrten die Fußballer und Mitglieder der Gymnastikgruppe für die erste Einheit im Freien zurück aufs Gelände. „Wir haben die Kontaktdatenerfassung zunächst auf dem Platz vor dem Sportheim gemacht, jeder musste sich vorher die Hände desinfizieren“, beschreibt Sprenger.
Desinfektionsmittel als treuer Begleiter
Für die Sportler sei es eine Selbstverständlichkeit gewesen, sagt Vereinsvorstand Wolfgang Dörr. In die Kabinen durfte da noch keiner, erst nach und nach ging es zurück in eine veränderte Normalität. „Als man sich wieder drinnen umziehen durfte, habe ich die Bänke abgeklebt, damit die Abstände eingehalten werden konnten, jede zweite Dusche musste außer Betrieb genommen werden“.
Immer wieder plante Sprenger um, organisierte Laufwege neu, druckte Schilder mit allen Regeln, klebte, verpasste der Theke im Sportheim vor Öffnung einen Spuckschutz aus Plexiglas. Desinfektionsmittel war ein treuer Begleiter der Sommermonate, auch um die Bälle vor und nach dem Training zu reinigen.
Schwimmer zum Trockentraining verdammt
Für Wolfgang Dörr, Vorsitzender der TSG, kam der erste Lockdown, die Beschränkungen wenig überraschend. „Es war abzusehen. Ich war, kurz bevor es in Deutschland losging, noch in Italien, weil meine Frau Italienerin ist. Da war schon klar, das kommt auch zu uns.“ Und das Virus? Es traf im Frühjahr 2020 auch die Sportler im Zellertal, kein Training, gesperrte Halle, geschlossene Schwimmbäder, die Fußballjugend zum Nichtstun verdammt.
Der Vorsitzende, auch Schwimmtrainer, ging mit gutem Beispiel voran. Mit einem Online-Training hielt er „seine“ Wassersportler in einer wöchentlichen Trockeneinheit fit. In einer weiteren Übungsstunde bot Dörr Rückentraining an. „Ich mache das von Zuhause aus meinem Büro raus. Ich habe es dafür umgeräumt; normalerweise steht da, wo ich jetzt die Übungen vor der Kamera vormache, mein Laufband.“
Trainiert wird mit leichten Gewichten und wenigen Hilfsmitteln, in intensiven Tabata-Einheiten bekommt die Ausdauer der Schwimmerinnen und Schwimmer einen Extraschub. Dörr hat es sich zur Aufgabe gemacht, trotz Lockdowns Bewegung in den Alltag der Mitglieder zu bringen, verschickt regelmäßig Anregungen und Tipps, auch für die Gymnastikgruppe.
Tennis für alle, Gemeinschaft stärken
Und auch Dörrs „Jungs“ aus der Fußballabteilung standen nicht still. Schon im Sommer initiierte Gunter Herweck für alle Mitglieder die kostenlose Nutzung der Tennisplätze, erstellte einen Online-Kalender, um unnötige Kontakte zu vermeiden. Im Vordergrund aller Bemühungen standen die Kinder, auch sie kehrten im Sommer wieder auf den Platz zurück. Doch im November dann der zweite Lockdown.
Gemeinsam baute das Trainerteam der D-Jugend, Daniel Bernhardt, Thorsten Neu, Holger Dauscher und Gunter Herweck, ein Online-Training auf. „Zu Beginn war das Wetter ja noch recht gut, da haben wir kurze Clips gedreht, aus denen man dann ein komplettes Training auf Padlet, einer virtuellen Pinnwand, zusammenbauen konnte“, berichtet Bernhardt. An den Adventssonntagen ergänzte Herweck die Übungen mit Rätselfragen, „um die Motivation ein bisschen zu erhöhen“, der Sieger bekam einen Preis.
Auch Eltern, Großeltern, Geschwister übten mit
Doch auch 2021 brachte wenig Neues, Corona blieb, das Wetter war schlecht: Bernhardt, Neu & Co. fanden auch dafür eine Lösung. „Wir mussten uns etwa Neues einfallen lassen, weil wir nicht akzeptieren wollten, dass die Kinder nichts machen können“, erklärt Bernhardt. Seitdem wird über Zoom trainiert. Neu bot dienstags ein Zirkeltraining an. „Das haben wir in den Vorjahren im Winter schon in der Halle gemacht“, erzählt er. Freitags riefen die Trainer zu Übungen mit dem Ball auf. Die Motivation war groß, etwa 30 Teilnehmer waren es regelmäßig. Auch Eltern, Großeltern oder Geschwister ließen sich anstecken, übten mit. Bis 9. März ging das so, dann folgte eine kurze Stippvisite zurück auf den Platz: „Das war gigantisch“, so Neu, „bei der ersten Einheit waren fast alle da“. Das Gemeinschaftsgefühl, die Freude über das Wiedersehen, sie waren riesig. In zwei Kleingruppen wurde trainiert, ehe die Infektionszahlen im Kreis wieder stiegen – Zwangspause.
„Wir leben hier aber ganz, ganz stark die Gemeinschaft, machen noch viel drum herum, um das auch jetzt wieder aufrecht zu erhalten“, berichtet Bernhardt. Wie zum Beispiel eine Online-Lesung mit Autorin Nadine Neu. „Uns ist wichtig, dass wir nicht nur stumpf an den Ball treten. Daher überlegen wir uns immer wieder Neues, damit wir nicht nur was für den Körper machen, sondern auch für den Kopf“, beschreibt Herweck. Fortsetzung wahrscheinlich.