Winnweiler Strom weg – was tun? VG Winnweiler rüstet sich für den Ernstfall

Im Falle eines flächendeckenden Stromausfalls sind diese Leitungen tot.
Im Falle eines flächendeckenden Stromausfalls sind diese Leitungen tot.

In jüngster Zeit ist die Welt ein wenig gefährlicher geworden. Unwetter, Hackerangriffe, Cyberattacken oder Sabotage können zu flächendeckenden Stromausfällen führen. Und dann? – Die VG Winnweiler ist dabei, sich zu wappnen.

„Das Telefon ist tot, die Heizung springt nicht an, Leitungswasser fehlt, der Computer streikt, die Kaffeemaschine bleibt aus, das Licht ist weg.“ So beschreibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) auf seiner Website die Folgen eines Stromausfalls. Was viele Menschen darüber hinaus nicht auf dem Schirm haben: Wenn der Strom ausfällt, ist auch die Lebensmittelversorgung unterbrochen. In den Supermärkten tauen die Kühlregale ab, und die Kassen funktionieren nicht mehr, von der Lieferkette ganz zu schweigen. Übrigens spucken die Bankautomaten dann auch kein Bargeld mehr aus. Auch Trinkwasser kann nur gefördert werden, wo man entsprechende Vorkehrungen getroffen hat.

Stromausfall „schlimmstes Katastrophenszenario“

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nennt einen flächendeckenden Stromausfall deshalb auch das „schlimmste Katastrophenszenario“. Aktuell befürchtet der GDV, dass der Ukraine-Krieg zu vermehrten Cyberangriffen auf das europäische Stromnetz führen könnte. Aber auch extreme Unwetter, Softwarefehler oder schlicht menschliches Versagen könnten für großflächige Ausfälle sorgen.

Während man, wie das BBK einräumt, deutschlandweit auf solche Szenarien nicht gut vorbereitet ist, können Kommunen im Kleinen aber durchaus das Ihre dazu beitragen, dass es – zumindest in den ersten Stunden – nicht zum Schlimmsten kommt. In der Verbandsgemeinde Winnweiler hat man sich bereits Gedanken über das Wie gemacht. „Es geht darum, in den einzelnen Ortsgemeinden für die Bürger niederschwellige Anlaufstellen zu schaffen, etwa für medizinische Notfälle“, sagt Bürgermeister Rudolf Jacob beim Termin mit der RHEINPFALZ.

Die Feuerwehrhäuser in den Ortsgemeinden (hier das Gerätehaus in Winnweiler) werden zu Anlaufstellen für die Bevölkerung.
Die Feuerwehrhäuser in den Ortsgemeinden (hier das Gerätehaus in Winnweiler) werden zu Anlaufstellen für die Bevölkerung.

Drei-Stufen-Plan der Verbandsgemeinde

Die VG operiert dabei mit einem Drei-Stufen-Plan: Stromausfall ab 30 Minuten, länger als zwei Stunden und länger als acht Stunden. „Wenn der Strom länger als eine halbe Stunde weg ist, werden in den Gemeinden Anlaufpunkte geschaffen“, erläutert der hauptamtliche Wehrleiter der VG, Christian Füllert, der außerdem stellvertretender Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Donnersbergkreises ist und auf 17 Jahre bei der Berufsfeuerwehr zurückblickt. In der Regel seien das die Feuerwehrhäuser, in größeren Gemeinden könne es auch mehrere Anlaufpunkte geben. Dort werde jeweils ein Feuerwehrfahrzeug postiert. „Notrufe werden dann per Funk von der Feuerwehr abgesetzt, etwa an die Rettungsleitstelle.“ Darüber hinaus sollen die Anlaufstellen auch zur Information der Bürger über Art und Umfang des Stromausfalls dienen: „Denn im Notfall hat die Feuerwehr immer noch die Möglichkeit, Kontakt zur Notfall-Leitstelle des Netzbetreibers aufzunehmen“, so Füllert.

Bei Stufe zwei, also Stromausfall länger als zwei Stunden, werden die Feuerwehrhäuser geöffnet und mit Notstrom versorgt. „Es ist daran gedacht, im Winter beispielsweise auch wärmende Getränke anzubieten“, so Jacob. Bei Stufe drei, Stromausfall acht Stunden plus, werden die Bürgerhäuser und Gemeindehallen geöffnet. Mit Notstrom können dann die Räume geheizt werden, und es wird auch möglich sein, der Bevölkerung etwas zu essen anzubieten, etwa eine warme Suppe. „Unser Ziel ist, mindestens zehn Prozent der Bevölkerung, im Wechsel über den Tag verteilt, in den Notunterkünften aufnehmen zu können“, so Jacob. „Wenn es sich abzeichnet, dass wir einen flächendeckenden Blackout haben, warten wir allerdings nicht, bis die acht Stunden rum sind, sondern fahren die Infrastruktur direkt hoch“, macht Füllert klar.

Anzahl der Netzvorfälle steigt

Der Feuerwehrchef ist überzeugt, dass die Anzahl der „Netzvorfälle“, wie er es nennt, in der jüngsten Zeit zugenommen hat und noch weiter zunimmt, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. „Die Netze sind so stark miteinander verbunden und voneinander abhängig, dass ein Vorfall in Rumänien eine Kettenreaktion nach sich ziehen kann, die auch auf uns Auswirkungen hat. Im schlimmsten Fall muss dann das Netz von Grund auf neu angefahren werden. Wenn das der Fall ist, reden wir nicht mehr von Stunden, sondern mindestens von mehreren Tagen.“

Zum Glück, da sind sich Füllert und Jacob einig, kann man Ausfälle im ländlichen Raum besser abpuffern als in Ballungsräumen. Das fange bei der Nachbarschaftshilfe an, erstrecke sich aber auch auf die Verwaltung und andere Einrichtungen. „Wir haben beispielsweise eine Vereinbarung mit Zoar getroffen: Wir dürfen unsere Bürger, die mit Heimsauerstoff leben, mit dem Rettungsdienst zu Zoar bringen, im Gegenzug speisen wir dann über eines unserer Fahrzeuge bei Zoar Notstrom ein“, so Jacob.

VG will mehr mobile Aggregate anschaffen

Denn, auch das gehört zu den Vorsorgemaßnahmen, die VG Winnweiler verfügt über mobile Aggregate, ohne die der Drei-Stufen-Plan gar nicht erst funktionieren würde. Derzeit sind zwei größere Feuerwehrfahrzeuge mit je einem 85- und einem 75-Kilowatt-Aggregat vorhanden, weitere zwei bis drei in derselben Größenordnung sollen noch angeschafft werden. Geplant ist außerdem die Beschaffung von rund einem Dutzend Geräten mit einer Leistung von 25 Kilowatt. Zudem stehe, so Jacob, im Fall einer größeren Notlage auch ein Unternehmen in der Verbandsgemeinde zur Verfügung – aus Sicherheitsgründen will er den Namen jetzt allerdings nicht publik machen. „Dort wurde schon immer Wert auf Autarkie gelegt, deshalb hat die Firma einen festinstallierten Stromerzeuger. Zudem gibt es dort einen großen Schulungssaal mit Kantine – diese Einrichtung dürfen wir im Notfall nutzen, zumal sie den Vorteil hat, gut erreichbar und barrierefrei zu sein“, so Jacob.

Insgesamt sei die Verbandsgemeinde so gut auf den Ernstfall vorbereitet, wie es mach- und bezahlbar sei, betonen Jacob und Füllert. Natürlich müsse dabei auch auf die Verhältnismäßigkeit geachtet werden: „Die VG kann sich kein Tanklager für Notstrom-Diesel zulegen, und wir können auch nicht jedem Privathaushalt ein Aggregat vor die Tür stellen“, so Jacob. Deshalb appellieren beide an die Bürger, privat das Ihre zu tun. Das müsse nicht gleich ein Notstromaggregat für das Einfamilienhaus sein, es reiche schon, alternative Heizmöglichkeiten zu schaffen und an einen Campingkocher zu denken. Außerdem sollte jeder Haushalt über einen Vorrat an Wasser und haltbaren Lebensmitteln verfügen. „Wenn man es auch nicht so gerne isst, aber Dosenravioli halten lange“, so Füllert.

Weitere Tipps zum Thema Selbsthilfe und Vorsorge

https://www.bbk.bund.de

https://www.winnweiler-vg.de

https://www.feuerwehr-winnweiler.de

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