Donnersbergkreis Starker Abgang nach 13-jähriger „Wartezeit“

Was haben Abiturienten und ein Trabi gemeinsam? Laut dem diesjährigen Abiturjahrgang der Integrierten Gesamtschule (IGS) hatte man in der damaligen DDR genauso lange auf eine Lieferung des Kleinwagens warten müssen wie die Schüler auf ihre Abiturzeugnisse: 13 Jahre. Die Abiturfeier, die neben den obligatorischen Grußworten, Ehrungen und der Ausgabe der Zeugnisse auch ein kurzweiliges Programm mit viel Musik, Diashows, einem Schülersketch und ein Lehrerquiz zu bieten hatte, war für die 64 Absolventen der krönende Abschluss ihrer Schulzeit.

Locker-flockig und „frei Schnauze“ haben die Moderatoren Talina Fouch und Oskar Hoppe die über 500 Gäste in der Donnersberghalle durch den Nachmittag und Abend geführt. Vor allem „Kultfigur“ Hoppe sorgte mit seiner authentischen, humorvollen Art für zahlreiche Lacher. Mit dem Song „Here comes the Boom“ von Rapper Nelly und einer 30-minütigen Verspätung betraten die Abiturienten erstmals die Bühne. (Noch) sehr zurückhaltend haben sie gemeinsam mit dem talentierten Frontsänger der Schulband Chris Müller „Lieder“ von Adel Tawil gesungen. Das Abiturmotto „TRABI…13 Jahre Wartezeit“ stand im Mittelpunkt der lebhaften, mit vielen Zitaten ausgeschmückten, aber etwas zu lang geratenen Rede von Oberstufenleiterin Ursula Sand-Vonderheit. „In der DDR mussten die Menschen damals auf den Trabi warten. 13 Jahre zwischen Bestellung und Lieferung waren normal.“ Im Gegensatz dazu hätten die Schüler jedoch nicht einfach gewartet, sondern „aktiv teilgenommen“. Sie wünschte den Abgängern für die Zukunft viel Zeit und gab ihnen eine Sanduhr mit auf den Weg: „Wartet nicht, bis der Sand durchgelaufen ist.“ Szenen aus dem Schulalltag – etwa frühes Aufstehen, Unterricht in den einzelnen Fächern mit vielen ratlosen Köpfen oder Schule bei tropischer Hitze – zeigten die Abiturienten in Form kleiner Sketche mit musikalischer Unterstützung. Ein lustiger, kreativer und peppiger Programmpunkt. Kreisdezernent Albert Graf als Vertreter des Landrates wies in seiner Rede darauf hin, dass Bildung nicht nur lokal, sondern weltweit immer wichtiger werde und wünschte den Abgängern für die Zukunft alles Gute. Rockenhausens Verbandsbürgermeister Michael Cullmann hat die Abiturzeitungen seines Jahrgangs (1984), des ersten Abi-Jahrgangs der IGS (2003) und des aktuellen Jahrgangs miteinander verglichen. Ein Ergebnis: Die Bierwerbung auf der letzten Seite der beiden älteren Ausgaben ist der Anzeige einer Bäckerei in der Zeitung der „2014er“ gewichen. „Ich habe festgestellt, dass die Schülerinnen und Schüler anständiger und gesundheitsbewusster geworden sind“, betonte er mit ironischem Unterton. Cullmann hatte übrigens den Sektempfang der Feier gesponsert – kurioserweise hat er selbst allerdings keine Probe erhalten. Der erste Beigeordnete der VG Alsenz-Obermoschel, Stephan Pfurtscheller, erinnerte an ein Zitat aus dem Musical Tabaluga: „Irgendwo tief in mir bin ich ein Kind geblieben. Erst dann, wenn ich’s nicht mehr spüren kann, weiß ich es ist für mich zu spät.“ Pfarrerin Margit Sontowski appellierte an die Abiturienten: „Die von Gott gegebene Würde ist all gegenwärtig. Lasst sie euch durch nichts und niemanden nehmen.“ Harald Graf bezog sich als Vertreter des Schulelternbeirates nochmals auf das Abi-Motto: „Bei 13 Jahren Wartezeit war die rechtzeitige Bestellung damals wichtig. Eure Eltern haben für euch wohlmöglich gedanklich ein Abitur bestellt und euch auf dem Weg, der mit steilen Anstiegen behaftet war, geholfen und gepusht.“ Auch von den Schülersprechern Hanna Wolff und Phillip Denzer gab es warme Worte: Notgedrungen müssten sie sich jetzt „neue Gegner fürs Tischfußball und neue Begleiter für den Gang ins Casino suchen“. In Günther-Jauch-Manier stellten die Moderatoren Fouch und Hoppe den Stammkurslehrern zehn Fragen – beispielsweise „welcher Schüler kam immer zu spät?“, „welcher Schüler hatte die besten Ausreden?“ oder „welcher Schüler hat am meisten für das Abitur gelernt?“ Ein Höhepunkt war der Vortrag der Abiturientinnen Ella Dering und Samira Wellnitz, die statt einer abgelesenen Festrede ein Zwiegespräch, gespickt mit gemeinsamen Erlebnissen aus der Oberstufenzeit an der IGS, geboten haben – da wehte ein Hauch von Comedy durch die Donnersberghalle. Ein Beispiel: „Das war schon komisch damals, als wir in die Stammkurse eingeteilt wurden. Da traf man Menschen, deren Verhalten nicht dem Alter entsprach“, so Wellnitz. Etwas Besonderes war die Feier nicht nur für die Absolventen, sondern auch für Rolf Brachhold – der diesjährige Abiturjahrgang war der zwölfte und letzte, den er als Schulleiter verabschiedet hat: Im Januar des kommenden Jahres beginnt für ihn die passive Phase der Altersteilzeit. „Es war stets eine große Herausforderung für mich und hat manchmal auch sehr viel Kraft gekostet. Doch es ist sehr schön zu sehen, was wir an dieser Schule bis heute alles erreicht haben“, zog er bereits jetzt ein erster Fazit seiner Tätigkeit. Besonders positiv wird ihm der letzte Abi-Streich in Erinnerung bleiben: Die Absolventen hatten viel Zeit und einiges Geld investiert, um 9000 Luftballons aufzublasen, zu knoten und im Treppenhaus des Hauptgebäudes zu platzieren. Nach 13 Jahren „Wartezeit“ ein starker Abgang... (fsm)

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