Donnersbergkreis Sieben Weine und eine Zeitreise

Gute Stimmung an festlich gedeckten Tischen: Die historische Weinprobe in der Stadthalle in Kirchheimbolanden am Samstagabend wa
Gute Stimmung an festlich gedeckten Tischen: Die historische Weinprobe in der Stadthalle in Kirchheimbolanden am Samstagabend war gut besucht.

Die historische Weinprobe, die Geschichtsorte von Kaiser Karl IV. (1316 – 1378) mit deren Weinen verband, war sicher eine der ambitioniertesten Veranstaltungen im 650. Jahr der Kirchheimbolander Stadtrechtserhebung. In der gut besuchten Stadthalle stellten am Samstagabend Klaus Kremb, Detlof von Borries und Elmar Koeller während einer Zeitreise ins Mittelalter ausgesuchte Weine aus sieben europäischen Regionen vor. Und dann gab es noch eine junge Truppe, die zu Recht Riesenbeifall einheimste.

Europa war Rebland im Mittelalter – viel ausgedehnter als heute. Auch als das kleine Kerchem mit seiner Ersterwähnung 774 im Lorscher Kodex in die schriftlich fixierte Geschichte eintrat, wurden schon Weinberge vermerkt. Da ist die Weinkultur bereits ein paar Tausend Jahre alt, Wein kultisch und sakral überhöht wie kein anderer Stoff sonst. Aber: Wein ist, mehr als heute, auch Alltagsgetränk, Überlebensmittel für Kaiser wie Bettelmann, denn Wasser im Mittelalter ist oft todbringend verunreinigt. Ist dieser Wein gut gewesen? Disputiert worden, meinte Detlof Graf von Borries, sei viel über Qualität, Spitzenweine seien von weither herangekarrt worden und hätten ein Vermögen gekostet. Doch am Durchschnitt seien eher Zweifel angebracht, zumal die Trauben damals zu früher Fäulnis neigten und daher oft unreif hätten geerntet werden müssen, zudem sei Kellerwirtschaft kaum praktiziert worden. Da sei man mit dem heutigen Qualitätsbewusstsein der Winzer und den großen Fortschritten der Önologie deutlich besser bedient. Die sieben Weine sollten das im Lauf des Abends aufs Schönste bestätigen. von Borries stellte sie ebenso wie deren Produzenten kenntnisreich, aber auch mit perlenden Bonmots vor. Den vorbereitenden Gaumenkitzel bot Historiker Klaus Kremb jeweils mit kurzweiligen Einordnungen von Ländern und Regionen in Kaiser Karls Leben und seine Machtentfaltung. Am Anfang: Luxemburg, woher der gräfliche Vater Johann stammte, der durch seine Ehe mit Elisabeth von Böhmen zum König avanciert war. Als er 1323 erstmals die Heimat des Vaters durchquerte, hieß der kleine Karl noch ganz böhmisch Wenzel und war, gerade sieben Jahre alt, auf der Reise von Prag zum Pariser Hof, wo er seine spätere Herrschaftsrolle verinnerlichen sollte. Ein frisch-spritziger „Cremant Chardonnay Brut Poll-Fabaire“ aus den Domaines Vinsmoselle passte perfekt zu diesem Aufbruch. Ein Chardonnay „Chablis Drouhin-Voudon 2016“ aus dem bekannten Weinbaugebiet südlich von Paris begleitete auch die zweite Station: Frankreich, dessen kulturelle Impulse im 14. Jahrhundert auf ganz Europa ausstrahlten und Karl prägten, wie sich im Ausbau seiner Residenz Prag zur gotischen Goldenen Stadt zeigen sollte. Drei Jahrzehnte saß Karl auf dem böhmischen Königsthron, hoch verehrt als „Vater der Böhmen“. Das ließ auch das aufwendig historisierte Äußere der Sonderedition „Sauvignon Blanc Karel IV. 2016“ aus Mähren spüren, die zum 700. Geburtstag von Karl IV. 2016 aufgelegt wurde. Mit Italien ist vor allem Karls Romzug verbunden, der 1355 die Kaiserkrönung zum Ziel hatte. Ansonsten seien Italien-Aufenthalte eher Episoden geblieben, merkte Kremb an. Der schöne Nachgeschmack durch einen Klassiker, den Valpolicella „Rafael Classico Superiore“ aus dem Weingut Tommasi vor den Toren Veronas, aber blieb dem Publikum. Mit der fünften Station, Franken, „einer der Metropolregionen des Römisch-Deutschen Reiches“, wie Kremb sagte, kam wieder ein Schwerpunkt von Karls Wirken ins Blickfeld. In Nürnberg hielt sich der Reisekaiser häufiger auf. Dort war ihm am Wohlwollen der Kaufleute gelegen, denen er Privilegien gewährte, mit denen er aber auch eine unheilige Allianz gegen Juden schmiedete, die zum „Judenbrand“ mit 562 Toten führte. Andererseits war Nürnberg jene Stadt, in der er 1356 den wichtigsten Teil der „Goldenen Bulle“ verkündete, bis 1806 das „Reichsgrundgesetz“. Darauf musste mit einem kraftvoll-herrischen „Roten“ aus dem Bocksbeutel angestoßen werden, einem „Domina“ von 2015 aus dem Fürstlich Castell’schen Domänenamt Castell. Nach Oppenheim führte die vorletzte Station der Reise: Kremb sah die Reichsstadt als Beispiel beständigen Gebens und Nehmens durch die Herrscher, die sie bei stets immensem Geldbedarf verpfänden, aber gleichzeitig in ihrer Bedeutung erheben konnten. So wurde auch Kirchheimbolanden Teil der Oppenheimer Stadtrechtsfamilie. Darauf konnte, als Gast, auch Bürgermeister Walter Jeitz mit einem Spätburgunder trocken von 2014 aus dem Weingut Kühling-Gillot in Bodenheim bei Oppenheim anstoßen. Landrat Rainer Guth und seine Amtskollegin Antje Hochwind aus dem Kyffhäuser-Kreis als weitere Ehrengäste taten es ihm gleich. Schließlich: Kirchheimbolanden, jener „Fleck“, dem Karl am 1. Februar 1368 die Stadtrechte gewährt hatte. Elmar Koeller vom Stetter Weingut Boudier & Koeller, das Kirchheimbolandens letzten Wingert bewirtschaftet, stellte den „Riesling Schlossgarten 2015“ vor. Bestimmend für die Weine hier seien außer einem speziellen Mikroklima im Regenschatten des Donnersberges die Böden: roter Rhyolith, der die Weine in ihrer Mineralität eher als Verwandte des Nahegebiets als des Zellertals mit seinen kalkigen Böden erscheinen lasse. Dass die Stimmung an den festlich gedeckten Tischen gut war , lag nicht nur an den ausgesuchten edlen Tropfen und ihren Protagonisten auf der Bühne. Mit viel Beifall wurden auch Katrin Stephan, Katja Meitzler, Reimund Münch und Sabine Reibe bedacht, die alles perfekt vorbereitet hatten. Extra-Applaus gab’s für die Catering-AG der Georg-von-Neumayerschule, die souverän den Ausschank übernommen hatte und mit ihren bordeauxfarbenen Schürzen sowie weißen Oberteilen auch optisch richtig was her machte. Von Stadtbürgermeister Klaus Hartmüller gab’s als erstes Dankeschön einen „Umschlag“. Der Saal folgte gern der Ermunterung von Herbert Beyer, der mit Zellertaler Weinrittern gekommen war, kleine Kästchen mit einem persönlichen Dankeschön zu füllen. Silke Klemme, Leiterin der AG, war überglücklich: „Damit hätten wir nie gerechnet. Das macht uns nach dem ersten Auftritt mit dieser Gruppe Mut für weitere.“ Info Zur Weinprobe erschien Nummer 4 der Kirchheimbolander Hefte, das sowohl das historische Umfeld als auch die kredenzten Weine beschreibt. Es hat 32 Seiten und ist im Buchhandel, im Büro der Stadthalle und im Rathaus zu erhalten.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x