Donnersbergkreis Schiedsrichter sind keine Luft mehr

Nicht immer leicht zu entscheiden: Geht die Hand zum Ball, der Ball zur Hand, oder geht der Ball vorbei? Szene aus dem Spiel VfR
Nicht immer leicht zu entscheiden: Geht die Hand zum Ball, der Ball zur Hand, oder geht der Ball vorbei? Szene aus dem Spiel VfR Kaiserslautern (blau) gegen VfB Reichenbach (schwarz) zwischen Markus Habich (links) und Pascal Hager.

Florian Benedum, Schiedsrichter-Obmann im Kreis Kaiserslautern-Donnersberg, ist im Moment ein gefragter Mann. Fast täglich muss er die neuen Regeln erklären, seinen Schiedsrichtern, aber auch Spielern und Vereinen. Er tingelt von einer Vorrunden-Besprechung zur nächsten, erläutert, wie sie umzusetzen sind, nicht in den WM-Stadien, sondern auf den Dorf-Plätzen in den unteren Ligen. DIE RHEINPFALZ fasst die Regeln mit Benedum anhand fiktiver Spielszenen zusammen.

Wer die Frauen-Fußballweltmeisterschaft aufmerksam verfolgt hat, konnte bereits einen ersten Eindruck davon gewinnen, auf welche Neuerungen sich Spieler und Schiedsrichter in der anstehenden Saison einstellen müssen. Die acht Mitglieder des „International Football Association Board“ (IFAB) haben dabei einmal mehr ganze Arbeit geleistet. Getrieben vom Fair-play-Gedanken und der „Dynamisierung des Spiels“, wie es in der Präambel so schön heißt, soll der Fußball der Zukunft aber vor allem eins: einfacher werden.

Alles auf Anfang

Die Spielführer von Phönix Otterbach und SV Katzweiler treffen sich zur Platzwahl, der Gast gewinnt den Münzwurf. Bislang bedeutete das, dass der Kapitän aus Katzweiler entscheiden durfte, auf welches Tor sein Team in der ersten Halbzeit spielen möchte, Anstoß hatten dann die beim Münzwurf unterlegenen Otterbacher. Jetzt darf der Sieger der Platzwahl entscheiden, ob er lieber das bisherige Privileg nutzt oder doch besser den Anstoß ausführt. „Als ich mit dem Pfeifen begonnen habe, gab es genau diese Regel“, berichtet Florian Benedum. Vor einigen Jahren wurde diese geändert, jetzt erfolgt also die Rolle rückwärts. Wieso? Benedum zuckt mit den Schultern. „Aber irgend etwas werden sich die Herren der IFAB wohl dabei gedacht haben. “

Strafraum-Geplänkel

Nachdem geklärt ist, welches Team den Anstoß ausführt, geht es in die Begegnung zwischen dem ASV Waldleiningen und der SG Hochspeyer. Nach einem Distanzschuss der Gäste entscheidet der Schiedsrichter folgerichtig auf Abstoß. Waldleiningens Torwart passt den Ball aus seinem Fünfmeter-Raum zu einem Abwehrspieler, der nur wenige Meter neben ihm, ebenfalls im Strafraum, mit einem langen Ball das Spiel eröffnen möchte. Galt bislang die eiserne Regel, dass sowohl beim Anstoß als auch beim Freistoß innerhalb des Strafraums der Ball erst dann im Spiel ist, wenn er die „Box“ verlassen hat, so läuft das Spiel jetzt, wenn der Ball gespielt wurde und sich eindeutig bewegt. Die gegnerischen Spieler halten sich dabei außerhalb des Strafraums auf, bei Freistößen muss zudem der Abstand von 9,15 Metern eingehalten werden. „Durch diese Neuregelung könnten sich neue Spieleröffnungen ergeben, was dann auch zur Folge hat, dass der Schiedsrichter sein Stellungsspiel anpassen muss“, vermutet Benedum.

Die durchlässige Mauer

Im Duell zwischen dem TuS Dannenfels und dem SSV Dreisen entscheidet der Unparteiische nach einem Foulspiel auf Freistoß für die Heimmannschaft, etwa 22 Meter vor dem gegnerischen Tor. Der Torwart dirigiert seine Mauer. Währenddessen reihen sich Spieler aus Dannenfels in die Mauer ein, es wird geschubst und geschoben. Eine solche – tausend Mal gesehene – Szene wird es zukünftig nicht mehr geben. Der Schiedsrichter-Obmann erklärt: „Bilden drei oder mehr Spieler des verteidigenden Teams eine Mauer, müssen alle Spieler des angreifenden Teams einen Abstand von mindestens einem Meter zur Mauer einhalten, bis der Ball im Spiel ist.“ Wird dieser Abstand nicht eingehalten, entscheidet der Schiedsrichter auf indirekten Freistoß für den Gegner, der eigene Freistoß ist damit verwirkt.

Schiedsrichter ist Luft?

Der Schiedsrichter galt laut Regelwerk seit Jahr und Tag als „Luft“. Wer ihn anschießt und dadurch den Ball verliert, hatte eben Pech. Im Spiel zwischen dem FSV Kaiserslautern und dem SV Mehlbach steht der Unparteiische so ungünstig, dass ein Pass des FSV-Spielers nicht bei seinem Mitspieler, sondern einem gegnerischen Abwehrspieler landet. Ab sofort gibt es in einer solchen Situation Schiedsrichter-Ball. Florian Benedum ergänzt: „Das gilt auch dann, wenn der Schiedsrichter ungewollt durch das Anschießen einen aussichtsreichen Angriff einleitet oder angeschossen wird und der Ball daraufhin im Tor landet.“ Somit werden Unparteiische auch in Zukunft in keiner Torjägerliste auftauchen.

Keine Eishockey-Verhältnisse

Apropos Schiedsrichterball. In den meisten Fällen ist zwar klar, wem der Referee dabei den Ball „überlässt“, aber eben nicht immer. Wenn also beim Derby zwischen dem SV Alsenborn und der SG Enkenbach/Mehlingen zukünftig ein Schiedsrichterball notwendig werden sollte, wird er mit einem Spieler des Teams durchgeführt, das zuletzt den Ball berührt oder gespielt hat. Wenn der Ball zum Zeitpunkt der Unterbrechung im Strafraum war, hat der Torhüter das Vorrecht. Und die Gegenspieler? „Verhältnisse wie beim Bully im Eishockey wird es nicht mehr geben, da die Spieler der gegnerischen Mannschaft einen Mindestabstand von vier Metern einhalten müssen“, erläutert der Schiedsrichter-Obmann.

Humpelnder Elfmeterschütze

Verbandsliga-Spiel zwischen TuS Rüssingen und dem SV Morlautern: Gästestürmer Erik Tuttobene dringt mit dem Ball am Fuß in den gegnerischen Strafraum, wo er von einem Rüssinger Abwehrspieler unsanft von den Beinen geholt wird. Strafstoß für Morlautern. Doch Tuttobene muss behandelt werden. Eisspray, ein paar aufmunternde Worte des Masseurs und – laut Regel – runter vom Platz, bis das Spiel fortgesetzt wurde. Aber der Morlauterer Torjäger will den Strafstoß selbst schießen. „Das darf er jetzt“, gibt Benedum grünes Licht. Nach einer Behandlung muss der Spieler also nicht mehr den Platz verlassen, wenn er den Elfmeter selbst ausführen möchte.

Ehrlich währt am längsten

Übrigens hat der Morlauterer Masseur noch ein paar „nette“ Worte für den Schiedsrichter parat, als er eigentlich seinem Stürmer wieder auf die Beine helfen sollte (wie gesagt, die Szene ist fiktiv). Lautstark fordert er eine angemessene Bestrafung des Rüssinger Abwehrspielers. Noch auf dem Feld zeigt ihm der Schiedsrichter hierfür die Gelbe Karte. „Das ist jetzt möglich, da sämtliche Teamoffizielle ab sofort auch persönliche Strafen erhalten können“, erklärt Benedum. Im Klartext: Beleidigt ein Offizieller von der Ersatzbank aus den Schiedsrichter, wird ihm die Rote Karte unter die Nase gehalten. Falls der Unparteiische eine Verbalattacke von einer Bank nicht persönlich zuordnen kann, sich zudem keiner zu seiner Schandtat bekennt, „erwischt“ es zwangsläufig den „Ranghöchsten“ auf dem Spielberichtsbogen: den Trainer. Steht der in dieser Szene als Spieler auf dem Platz, könnte es ungemütlich werden. „Bevor eine Mannschaft mit zehn Spielern weitermachen muss, sollte sich der Übeltäter doch besser bekennen“, rät Benedum.

Das Spiel der kurzen Wege

Im Pokalspiel zwischen der TSG Trippstadt und der SG Finkenbach/Mannweiler/Stahlberg führt der Gastgeber kurz vor Schluss mit 1:0. TSG-Stürmer Lukas Jörg soll ausgewechselt werden, um die Zeit von der Uhr zu nehmen. Von der gegenüberliegenden Seite will dieser nun quer über den Platz in Richtung Ersatzbank traben. „Damit ist künftig Schluss“, wird Benedum deutlich. „Der Spieler muss das Feld über die nächste Begrenzungslinie verlassen, so lange keine Sicherheitsaspekte oder eine Verletzung dagegen sprechen.“ Weigert sich der Spieler, wird er mit Gelb verwarnt.

Platzfehler werden entschuldigt

Im Spiel des VfL Kaiserslautern gegen den SV Otterberg passt ein Abwehrspieler der Heimmannschaft den Ball gezielt zu seinem Torwart Marco Rheinfrank. Der Ball verspringt auf dem holprigen Platz, springt über Rheinfranks Fuß und kullert Richtung Tor. „Der Torwart darf nach einem gescheiterten Klärungsversuch, wenn zum Beispiel der Ball in die Luft steigt, anschließend den Ball mit der Hand spielen, was früher zu einem indirekten Freistoß gegen seine Mannschaft geführt hätte“, verweist Florian Benedum auf die neue Bestimmung.

Tor im Ruhezustand

Bleiben wir für einen Moment beim Sportkameraden Rheinfrank – und dem Durcheinander bei der Frauen-WM. Torhüter dürfen sich bekanntlich vor der Ausführung von Strafstößen auf der Linie bewegen und den Schützen irritieren. Mussten bislang offiziell beide Füße die Torlinie berühren, muss das nun nur noch einer der beiden Füße. „Da der Schütze den Anlauf verzögern kann, ist es vertretbar, dass der Torhüter in Erwartung des Schusses einen Schritt machen darf und nur mit einem Fuß auf der Linie bleiben muss, bis er ausgeführt ist“, meint Florian Benedum, der für eine praxisnahe Auslegung wirbt.

Gut Ding will Weile haben

Im Spiel zwischen Fatihspor Kaiserslautern gegen den SV Neuhemsbach wird ein Gästespieler an der Mittellinie rüde von den Beinen geholt. Der Schiedsrichter pfeift, will den Fatihspor-Spieler verwarnen, als Neuhemsbachs Spielertrainer Christoph Scharfenberger die Situation erkennt, einen Stürmer mit einem herrlichen Pass auf die Reise schickt und dieser zu einer Großchance kommt. War eine nachträglich ausgesprochene persönliche Strafe bislang nur bei Vorteilsgewährung möglich, so kann der Schiedsrichter jetzt nach einer schnellen Freistoßausführung in der nächsten Unterbrechung ebenfalls Gelb oder Rot zeigen. Florian Benedum schränkt jedoch ein: „Das sollten die Schiedsrichter sehr dezent und sparsam einsetzen und nur dann zulassen, wenn sich aus der schnellen Freistoßausführung tatsächlich unmittelbar eine Riesenchance ergibt.“

Das leidige Handspiel

Über keine Regel wurde in den letzten Jahren mehr diskutiert als über das Handspiel. Mit den Neuerungen soll jetzt etwas mehr Licht ins Dunkel gebracht werden. Die Grundsätze für ein strafbares Handspiel, wenn der Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm gespielt wird oder der Spieler durch die Armhaltung seinen Körper unnatürlich vergrößert, bleiben unangetastet. Ab sofort ist auf Handspiel auch immer dann zu entscheiden, wenn sich die Hand oder der Arm über Schulterhöhe befindet, außerdem der Ball nach einem Handspiel ins gegnerische Tor geht oder durch das Handspiel eine Torchance eingeleitet wird. „Hier spielt dann auch die Absicht keine Rolle mehr“, konkretisiert Benedum. Für mehr Klarheit sorgen sollen die Regelungen, wonach „Hand“ nicht mehr gepfiffen wird, wenn sich der Spieler den Ball selbst an die Hand spielt oder sich beim Fallen mit der Hand oder dem Arm auf dem Boden abstützt. Kleiner Nebeneffekt: Falls der Torhüter künftig den Ball direkt ins gegnerische Tor wirft, was bei rund 100 Metern Distanz zugegebenermaßen nicht allzu häufig vorkam, darf der Treffer im Gegensatz zu früher nicht mehr anerkannt werden. In diesem Fall würde das Spiel mit Abstoß fortgesetzt werden.

Mit Gelb-Rot gesperrt

Keine neue Fußball-Regel, aber eine neue Bestimmung betrifft die Gelb-Rote Karte für einen Spieler. Konnte bis jetzt ein Akteur, der beispielsweise im Spiel der zweiten Mannschaft die Ampelkarte sah, ohne Probleme eine halbe Stunde später beim Spiel der ersten Mannschaft wieder eingesetzt werden, greift jetzt automatisch eine Zwei-Tages-Sperre.

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