Donnersbergkreis Rockenhausen: Reichlich Drogen beim Reichsbürger

Ein Mann aus dem östlichen Donnersbergkreis ist vom Amtsgericht Rockenhausen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden. Die Polizei hatte im Sommer 2017 bei einer Durchsuchung eines Grundstückes, auf dem der Angeklagte mit einem Familienmitglied wohnt, Betäubungsmittel in großen Mengen gefunden.
Um kurz vor 13 Uhr ging die Tür des Gerichtssaals auf. Drinnen hatten das Schöffengericht sowie der Pflichtverteidiger und die Vertreterin der Anklage schon Platz genommen. Der Angeklagte kam mit einer Mappe in den Raum, öffnete diese und wollte sofort etwas vortragen. „Setzen Sie sich doch erst einmal“, forderte ihn die Richterin auf. Doch der Angeklagte wollte nicht. Der Grund: Der Mann, der wegen des Besitzes von nicht geringen Mengen Betäubungsmittel angeklagt war, argumentierte und verhielt sich wie ein Reichsbürger. In dieser Gruppe verorteten ihn auch das Gericht, die Staatsanwaltschaft und sein Pflichtverteidiger, der kurz vor Prozessbeginn noch mit ihm gesprochen hatte. Der Mann lehnte die Hilfe eines Rechtsbeistandes ab. Was ihn aber nicht davon abhielt, im Laufe der Verhandlung immer wieder mit ihm zu kommunizieren.
Unverständliche Vorträge
Während sein Anwalt saß, stand der Mann in der Ecke und wollte keine Angaben zu seinen Personalien machen und schon gar nicht zur Sache. Später gab er eine Geburtsurkunde ab. Als die Staatsanwältin die Anklage vorlas, ratterte der Angeklagte sein aufgesetztes Schriftstück herunter. Für den Zuhörer waren beide Vorträge nicht verständlich. Fakt aber war: Bei einer polizeilichen Durchsuchung des Anwesens, auf dem der Mann mit einem Familienmitglied lebt, hatten im Sommer des vergangenen Jahres Beamte eine große Menge von Betäubungsmitteln gefunden. Der die Durchsuchung leitende Polizeibeamte schilderte als Zeuge detailliert, was die Beamten gefunden hatten: im Schlafzimmer unter anderem in Schatullen aufbewahrtes Ecstasy, Amphetamin, LSD sowie mehrere hundert Gramm Cannabis. „Als wir schon gehen wollten, haben wir dann im Garten mehrere Cannabis-Pflanzen entdeckt“, sagte der Polizist. In einem Bauwagen, einem Schuppen und einem Kühlschrank hätten sie schließlich noch weitere Drogen sowie Drogenutensilien entdeckt. Ein hellbraunes Pulver, das die Beamten zunächst als Heroin identifizierten, stellte sich bei näherer Untersuchung nicht als solches heraus. „Da der Angeklagte auch ein Kind hat, habe ich das Jugendamt informiert“, erzählte der Polizist.
Gereizte Stimmung
Die Richterin fragte den Angeklagten, ob er noch Fragen an den Polizeibeamten habe. Der verneinte das. Die Richterin verwies den Angeklagten darauf, dass er seinen Vortrag schriftlich abgeben soll. Die Sitzung wurde unterbrochen, um das Schriftstück zu kopieren. Die Stimmung bei allen Beteiligten im Saal war gereizt. Immer wieder gab es Unterbrechungen. Eine echte Einlassung gab der 41-Jährige nicht ab. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Pflichtverteidiger erklärte dieser, dass sein Mandant ihm ausgerichtet habe, dass er nicht Besitzer der Betäubungsmittel gewesen sei. Doch kurz darauf ließ der Mann das Gericht wissen, dass er den Anwalt nicht als seinen Verteidiger anerkenne. Also wurde diese Information aus dem Protokoll gestrichen. Was folgte, war eine mehrminütige Aufzählung der gefundenen Betäubungsmittel durch die Richterin. Daraufhin stellte der Angeklagte einen Antrag auf eine daktyloskopische Untersuchung (zu deutsch: den Abgleich von Fingerabdrücken) der gefundenen Beweismittel. Der Verteidiger setzte ein Schriftstück auf und musste für ihn unterschreiben. Wieder wurde die Sitzung unterbrochen. Der Antrag wurde vom Schöffengericht abgelehnt.
Bereits dreimal verurteilt
Der Angeklagte war in der Vergangenheit schon dreimal wegen illegalen Besitzes von Drogen zu Geldstrafen verurteilt worden. Die Staatsanwältin machte sich in ihrem Plädoyer dafür stark, dass es diesmal eine Haftstrafe würde. Normalerweise betrage die Strafe bei diesem Vergehen ein Jahr. Aber angesichts der Vorstrafen und der Tatsache, dass der Angeklagte den Besitz der Drogen nicht bestreite („Er hat ja keine Einlassung gemacht“) forderte die Staatsanwältin eineinhalb Jahre ohne Bewährung. Der Pflichtverteidiger, der gegen Ende des Prozesses offenbar einen besseren Draht zu seinem Mandanten bekam, betonte, dass man sich auch mit Schweigen verteidigen kann. Er merkte an, dass das Grundstück für Dritte zugänglich sei und die Zuordnung der Drogen nicht ganz geklärt sei. Der Anwalt hoffte, dass das Gericht seinem Mandanten eine Chance geben würde. Er plädierte auf Bewährung für den Mann.
Keine Bewährung
Nach zehnminütiger Beratung verurteilte das Schöffengericht den Angeklagten allerdings zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten – ohne Bewährung. Die hohe Strafe begründete die Richterin neben den Vorstrafen auch mit dem Verhalten des Mannes, der immer noch stand und nun ganz bedröppelt dreinschaute. Der Angeklagte habe den Eindruck vermittelt, dass der Prozess für ihn eine „Lachnummer“ sei. Bei diesem Verhalten sehe das Gericht eine Bewährungsstrafe als für „die Bevölkerung nicht vermittelbar“ an. Die Reichsbürger-Strategie ging somit nicht auf. „Wir telefonieren morgen“, gab der Pflichtverteidiger dem Beschuldigten um 15.30 Uhr mit auf den Weg nach draußen. Rechtskräftig ist das Urteil nicht.