Donnersbergkreis Plastik kommt bei Händlern nicht in die Tüte

Bei Hecks in Kirchheimbolanden kommen Papiertüten zum Einsatz.
Bei Hecks in Kirchheimbolanden kommen Papiertüten zum Einsatz.

Schon vor Jahren hat der Einzelhandel im Donnersbergkreis sich von Plastiktaschen auf Papier oder Stoff umgestellt. Das Plastiktütenverbot zum Jahresbeginn kommt daher reichlich spät. Außerdem sei es in einigen Punkten undurchdacht, kritisieren einige Händler.

Seit dem 1. Januar 2022 gilt das neue Plastiktütenverbot in Deutschland. Im Donnersbergkreis können die Einzelhändler darüber nur müde lächeln, denn sie haben die Plastiktüte schon längst „eingetütet“, beziehungsweise eingetauscht gegen Stoff- und Papier-Alternativen. Das neue Gesetz sei also fast überflüssig, sagt Cornelia Löser, die neue Vorsitzende des Verkehrsvereins „Pro Kibo“ und Inhaberin des Dekoladens „Stars & Lights“ in Kirchheimbolanden: „Ich weiß von keinem einzigen Laden in Kibo, der 2021 noch Plastiktüten im Umlauf gehabt hätte.“

In Lösers Geschäft gibt es Papiertragetaschen, sogar besonders hochwertige, die Kunden bei schweren und unhandlichen Waren erhalten. Ähnlich handhabt es auch Michaela Heck vom Modehaus Heck. Bereits vor der Corona-Pandemie hatte sie umgestellt. Dort gibt es jetzt Stofftaschen in zwei Größen. Vorher gab es Plastiktüten in vier bis fünf verschiedenen Größen.

Nur in Gebinden mit großer Stückzahl

Genau das sei irgendwie aber noch immer ein kleines Problem, berichtet Heck: „Dass Plastiktüten gar keine Rolle mehr spielen, würde ich so nicht sagen. Gerade bei Räumungs- und Schlussverkäufen fehlen die dünnen Plastiktaschen.“ Weil man diese als Händler nur in großen Gebinden von 1000 und 10.000 Stück erhalte, sitze sie noch immer auf einem größeren Bestand, denn durch die Pandemie seien die restlichen Plastiktüten nicht unter die Kunden gekommen. „Wir haben einen Hund, da haben wir jetzt genug riesengroße Kotbeutel“, scherzt sie.

Dabei ist die Sache mit der Plastiktüte eigentlich gar nicht so lustig: Ja, die Kunden in Kibo hätten sich schon länger von sich aus auf eigene Stofftaschen umgestellt, lobt Heck. Doch manchmal habe eine Plastiktüte durchaus ihre Daseinsberechtigung, findet sie. Bei Regen beispielsweise habe die Papiertasche schlechte Karten. „Dafür sind sie mir auch zu teuer“, sagt die Modehaus-Inhaberin angesichts der hohen Papierpreise.

„Gesetz ist total undurchdacht“

Ein weiteres Problem: Die Papiertüten für Kunden seien passé, aber alle Kleidungsstücke kämen einzeln verpackt in Plastik. Heck ärgert sich regelmäßig über die immensen Müllberge in ihrem Lager. „Das Gesetz ist total undurchdacht“, kritisiert sie. Müssten die Lieferanten nicht an Alternativen denken, ehe man die Händler und Kunden mit einem solchen Gesetz konfrontiere?

Dieser Gedanke treibt auch Christel Walter vom Stadtladen in Rockenhausen um. Auch sie hat seit zwei Jahren keine Plastiktüten mehr im Sortiment. „Anfangs wurde noch danach gefragt, aber die Kunden haben sich schnell umgestellt“, sagt sie. Viele Produkte würden allerdings noch in Plastik geliefert, eingeschweißte Wurstwaren etwa. Nur bei Bio-Produkten hat sie kein Verständnis: Obstschalen aus Styropor, eingeschweißtes Gemüse. „Das ließe sich sicherlich anders verpacken, ist aber bestimmt eine Preisfrage.“

Auch Zulieferer haben schon umgedacht

Walter lobt aber auch das Umdenken einiger Zulieferer: Putztücher kämen jetzt nicht mehr in Plastiktüten, sondern mit Papierbanderole. Allerdings seien viele Firmen gar nicht darauf eingestellt, sagt sie, etwa von PET-Flaschen auf Glas umzustellen in der Produktion. „Plastik wird sich nie ganz vermeiden lassen. Aber wenn jeder seinen Beitrag dazu bringt, kann man etwas bewirken“, ist sie sich sicher. Nur hätte der Gesetzgeber mit dem Verbot nicht nach vorne preschen müssen, ehe die Verpackungsindustrie nicht über Alternativen nachgedacht habe, kritisiert sie.

„Hemdchentüten“ sind noch erlaubt

Der Wasgau-Frischemarkt in Göllheim hat als Teil der Kette schon 2017 alle Plastiktüten abgeschafft, bestätigt Unternehmenssprecher Claas Männel. Auch wenn die Kunden anfangs nicht begeistert reagiert hätten, seien Plastiktüten heute kaum noch gefragt. Auch zu den einzelnen Abteilungen habe sich Wasgau Gedanken gemacht und Verpackungsalternativen getestet, etwa Recyclingtüten in der Bäckerei oder nachhaltigere Verpackungen für To-go-Produkte. Doch in der Obst- und Gemüseabteilung zeigt sich die Krux des Plastiktütenverbots: Sogenannte Hemdchentüten, das sind die kleinen, sehr dünnen Tütchen, in die sich Kunden beispielsweise ihr Obst selbst packen können, sind nämlich gesetzlich zulässig. „Selbstverständlich haben wir verfügbare Alternativen geprüft, allerdings war letztlich keine davon über die gesamte Kette gesehen auch wirklich nachhaltiger“, sagt Männel. Bio-Tüten aus Maisstärke beispielsweise seien in der Beschaffung teurer, dürften aber in vielen Kommunen nicht einmal über den Bio-Müll entsorgt werden, sondern nur über die gelbe Tonne – wie auch die Hemdchentüten.

Lebensmittelbranche denkt langsam um

Männel berichtet aber auch von einem langsamen Umdenken in der Lebensmittelbranche, wenn auch nicht in allen Sortimentsbereichen. Ein Antrieb für viele, wie etwa Beate Körbel-Stollhof von „Rainbows – Mode und mehr“ in Winnweiler: „Ich habe schon vor mehr als zwei Jahren umgestellt und nur noch Papier- und Vliestüten. Es war eine persönliche Entscheidung, um langfristig vom Plastik wegzukommen.“

Alternativen schaffen könne man auch durch gemeinsame Kooperationen, regt Michaela Heck an. Früher habe es in Kibo Jutebeutel mit dem Stadtlogo gegeben, die auch bei Touristen sehr gut angekommen seien. Schon vor Jahren wollte sie für „Pro Kibo“ eine Neuauflage in Kooperation mit der Stadt vorantreiben – „leider erfolglos“. Vielleicht sei das Plastiktütenverbot ja einen neuen Anlauf wert, hofft sie.

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