Donnersbergkreis Mord an schwangerer Frau: Der Angeklagte schweigt

Vor dem Landgericht Kaiserslautern wird seit Montag ein brutaler Mordfall verhandelt. Ein 28 Jahre alter Mann aus Rockenhausen ist angeklagt, im Februar eine schwangere Frau in seiner Heimatstadt getötet zu haben. Nach der Tat soll der frühere Türsteher die Leiche verbrannt haben um die Spuren des Verbrechens zu beseitigen.

Am ersten Prozesstag hüllt sich der Mann in Schweigen. Seine Eltern wirken erschüttert und die Mutter des Opfers ringt um Fassung. Auch unterschiedliche Sichtweisen und Beobachtungen werden deutlich. Wer den Zeugen an diesem Montag im Sitzungssaal 1 des Landgerichts zuhört, der gewinnt den Eindruck, der Mann auf der Anklagebank hat monatelang ein Doppelleben geführt. Zumindest bis Mitte Februar soll der Mann im blauen T-Shirt verschiedene Liebesbeziehungen geführt haben. Wie Staatsanwalt Christian Schröder zu Beginn der Verhandlung allerdings ausführt, soll der frühere Türsteher in der Nacht auf den 11. Februar auf dem Parkplatz des Schwimmbads in Rockenhausen eine dieser Beziehungen auf brutalste Weise beendet haben. So soll der Mann seine schwangere Freundin aus Ginsheim-Gustavsburg bei einem Treffen in dieser Nacht ermordet haben. Danach soll der Angeklagte die Leiche nach Mainz-Undenheim gebracht haben, um sie dort mit Benzin zu übergießen und schließlich zu verbrennen. „Mord in Tateinheit mit Schwangerschaftsabbruch in einem besonders schweren Fall“ – so lautet die Anklage, die der Staatsanwalt erhebt. Sowohl Zeugenaussagen als auch die Untersuchung des Schriftverkehrs zwischen Opfer und mutmaßlichem Täter erhärten aus Sicht des Staatsanwalts den Verdacht, dass sich der Angeklagte zu jung für ein Leben mit einem Kind gefühlt habe und sich seine Zukunft nicht habe verbauen lassen wollen. „Auch wollte er keine Unterhaltszahlungen leisten und weiterhin Beziehungen zu anderen Frauen unterhalten“, sagte Schröder. Aus diesem Grund habe sich der Angeklagte in der Nacht zum 11. Februar mit der 25 Jahre alten Frau auf dem Parkplatz in Rockenhausen verabredet – und sie erstickt. Sie befand sich in der 20. Schwangerschaftswoche, also in der Mitte ihrer Schwangerschaft mit einem Sohn. „Der Angeklagte hat die Frau zu einer Aussprache bewusst zu dem einsamen Parkplatz gelockt, um sie heimtückisch zu ermorden“, sagt der Ankläger. Spaziergänger fanden kurz darauf schließlich die verbrannte Leiche der Frau auf einem Feldweg im rheinhessischen Undenheim. Wenige Tage später wurde der Angeklagte aus Rockenhausen festgenommen. Mehr als vier Monate später sitzt der 28 Jahre alte Sohn griechischer Einwanderer im Gerichtssaal und hört den Ausführungen des Staatsanwalts mit gesenktem Kopf zu. Er wirkt anfangs noch kontrolliert, gelegentlich hat es den Anschein, als bekreuzige er sich. Bisher hat der Mann die Tat bestritten, er wird den Rest des Verhandlungstages schweigen. Auch seine Eltern, die als Zeugen geladen waren, schweigen mit versteinerten Minen. Eine Dolmetscherin gibt diese Entscheidung weiter, die ihr auf Griechisch zugeflüstert wurde. Der Vorsitzende Richter Alexander Schwarz nimmt dies zur Kenntnis, während dem Angeklagten anzusehen ist, dass ihn die Vernehmung seiner Eltern zusetzt. Im Laufe des ersten Prozesstages werden aber auch Widersprüchlichkeiten im Leben des Angeklagten deutlich. So bekräftigte etwa eine 28 Jahre alte Zeugin, sie sei seit längerer Zeit mit dem Angeklagten liiert und stehe weiterhin zu ihm, trotz des Mordverdachts. „Er verachtet Gewalt gegen Frauen“, sagt die Erzieherin, die gemeinsam mit dem früheren Türsteher in einer Disco arbeitete. Und ja, sie habe am Tag vor dem nächtlichen Verbrechen Kontakt zu der 25-Jährigen gehabt. Diese habe ihr über das Internet – genauer gesagt über Facebook – von der Schwangerschaft berichtet und behauptet, es gebe eine Beziehung zum Angeklagten. Wie sich die Zeugin erinnert, sei die Nebenbuhlerin „ein bisschen frech gewesen“. Das habe sie geärgert. Zu einem direkten Gespräch zwischen den beiden Frauen sei es aber nicht gekommen, da die Zeugin ein Telefonat abgelehnt habe. Sicher, sie habe ihren Freund mit den unliebsamen Neuigkeiten konfrontiert, ein Trennungsgrund habe sie aber nicht gesehen. Gleichwohl sei die Erzieherin „ziemlich sauer“ auf ihren Freund gewesen. Sie habe ihm sogar geschrieben, dass sie ihn hasse. Andererseits habe er abgestritten, dass es eine Affäre gab, beziehungsweise das noch ungeborene Kind von ihm stammen könne. Indes haben die Auswertungen der elektronischen Nachrichten zwischen dem Opfer und dem Angeklagten ergeben, dass es beide für möglich gehalten haben, dass es sich um ein gemeinsames Kind handeln könnte. Überhaupt ist der elektronische Schriftverkehr zwischen dem Opfer, dem Angeklagten und der Zeugin – hauptsächlich über „WhatsApp“, einem Dienst für den Austausch von Textnachricht über das Mobiltelefon – umfangreich. Die Daten sind sogar so zahlreich, dass das Gericht extra eine „Selbstlesemappe“ für Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung anfertigen ließ. Weniger über diesen Schriftverkehr als über persönliche Begegnungen machten sich die Mutter und die Schwester der ermordeten Frau ein Bild von der Situation. So gibt etwa die Mutter in ihrer Zeugenaussage an, sie habe den Angeklagten mehrmals gemeinsam mit ihrer Tochter erlebt und dabei den Eindruck gewonnen, beide seien definitiv ein Liebespaar. Die Beziehung habe etwa ein Jahr gedauert. Schließlich sei die Tochter schwanger geworden und ihr Freund habe mit „der Sache, dem Sohn nichts mehr zu tun haben wollen“. Die Tochter habe indes erwogen, den Weg als alleinerziehende Mutter weiter zu gehen. Zwar habe es Höhen und Tiefen gegeben, aber alles in allem habe der Angeklagte bei den Begegnungen einen sehr guten Eindruck hinterlassen. „Leider“, sagt die 53 Jahre alte Frau und blickt auf die Anklagebank. Sie erlaubt sich keinen Kontrollverlust. Wie aufgewühlt sie aber ist, das wird deutlich an den hastig ausgesprochenen Sätzen. Daran, dass der Mann aus Rockenhausen auch der Vater des Kindes ist, habe die Tochter jedenfalls nicht gezweifelt. „Sie war überzeugt. Felsenfest überzeugt“, sagt die Mutter, so schnell als sei sie in Eile. Am 11. Februar schließlich, so berichtet die Frau, habe sie eine offensichtlich gefälschte WhatsApp-Nachricht bekommen, deren Absender die Tochter gewesen sein soll. Weil die Mutter misstrauisch wurde, habe sie die Polizei gerufen. Bei der Schwester hatte sich die später getötete Frau noch am Tatabend gemeldet, sie wollte sich Geld leihen. Und auch die Schwester erlebte den Angeklagten als Freund: „Die beiden haben harmoniert, er war sympathisch“, sagt die 34 Jahre alte Frau. Sie ist die einzige an diesem Tag, die sich gestattet zu weinen. In dem Prozess sollen bis Ende Juli insgesamt etwa 70 Zeugen gehört werden.

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