Donnersbergkreis „Mensch unter dem Talar“

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Der letzte Rockenhausener Dekan beendet seinen Dienst: In einem feierlichen Gottesdienst ist Christian Rust von Oberkirchenrat Gottfried Müller in den Ruhestand verabschiedet worden. Zum 1. Juni gibt es dann den neuen „Kirchenbezirk an Alsenz und Lauter“, bestehend aus den bisherigen Dekanaten Winnweiler, Lauterecken, Rockenhausen und dem künftigen Sitz Otterbach. Zeichen der Wertschätzung und Beliebtheit des scheidenden Pfarrers: Der Besucherandrang in der protestantischen Kirche am Marktplatz war so groß, dass zusätzliche Stühle aufgestellt werden mussten.

Seiner Predigt hatte Rust einen Text aus dem Kolosserbrief zugrunde gelegt, in dem der Apostel Paulus die Christen als „Auserwählte Gottes“ bezeichnet und ihnen Richtlinien für ihr Alltagsleben empfiehlt. Von Gott auserwählt und etwas Besonderes zu sein, gebe dem Leben einen Mehrwert, sagte Rust. Die Liebe, die der Apostel als höchstes Gut anführt, sei die Kraft, die den Menschen die Augen öffne – damit könnten sich auch Herzen und Türen auftun, so der Dekan. Christen, die mit Gottes Liebe und seinem Frieden reich beschenkt seien, könnten daher vorbehaltlos teilen: „Was wir bekommen haben, macht uns reich, und was wir weitergeben, macht die Welt reich.“ Die Aufforderung, die der lateinische Name des Sonntags („Kantate“ – „Singet“) vorgibt, blieb nicht ungehört. Für abwechslungsreiche Kirchenmusik auf hohem Niveau sorgten Heiko Opp und Jörg Willrich (Trompete), der Kirchenchor unter der Leitung von Alexandra Koch, die auch Orgel spielte, und eine Bläsergruppe aus Dessau, die Rust bei seiner (Urlaubs-) Tätigkeit als Campingseelsorger in Italien kennengelernt hatte. Oberkirchenrat Gottfried Müller erinnerte daran, dass Rust neben seinem geläufigen Vornamen Christian noch zwei weitere habe: Johann Nepomuk. Diese gehen zurück auf seinen Vorfahren Johann Nepomuk Rust, der im 18. Jahrhundert als berühmter Augenarzt an der Berliner Charité wirkte. Dem scheidenden Dekan dankte er für zehn Jahre ehrliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Müller gab augenzwinkernd zu, dass in dieser Zeit nicht alle Probleme gelöst werden konnten – „aber die, die wir nicht gelöst haben, haben wir miteinander ausgesessen“. Er überreichte die von Kirchenpräsident Christian Schad unterzeichnete Dankesurkunde der Landeskirche und sprach Rust Gottes Segen zu. Gemeinsam mit Eule Athene verabschiedeten Erzieherin Kathrin Kölsch und Pfarrerin Margit Nickel Rusts Ehefrau Urd. Wie berichtet, wird sie Landespfarrerin für den Kindergottesdienst bleiben, zieht sich aber aus der ehrenamtlichen Tätigkeit vor Ort zurück. „Ohne Glauben ist das Leben arm, durch den Glauben wachsen der Seele Flügel“, sagte Nickel. Sie übergab eine Korb mit bunten Schmetterlingen, die symbolisch für den Glauben stehen, den Urd Rust in großartiger Weise den Kindern vermittelt habe. Christine Glaß, Mitarbeiterin im Kindergottesdienst-Projekt „Regenbogenzeit“, bescheinigte der Pfarrerin, stets ein „Feuerwerk an Ideen“ in die Arbeit eingebracht zu haben. Bei der anschließenden Feier im Gemeindehaus nannte der Rockenhausener Verbandsbürgermeister Michael Cullmann Beispiele für die unkomplizierte Zusammenarbeit von Kirche und Kommune. So sei es dem „Bündnis gegen Rechts“ und der Kirchengemeinde (mit Glockengeläut) vor einigen Jahren erfolgreich gelungen, einem geplanten Neonazi-Aufmarsch auf dem Marktplatz einen Strich durch die Rechnung zu machen. Rusts ausgeprägte Fähigkeit, die Menschen anzusprechen und ihnen das Evangelium verständlich zu machen, würdigte Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald. Kritische Worte fand er für die Neustrukturierung der Dekanate, die nach seiner Meinung die Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort außer Acht lasse. Das von der Ökumenischen Sozialstation betreute Gebiet Alsenz, Obermoschel, Winnweiler und Rockenhausen wäre aus seiner Sicht ein sinnvolles Format für ein neues Dekanat gewesen, betonte der Bürgermeister. Die neue Regelung, die ab 1. Juni in Kraft tritt, könne er nicht nachvollziehen: „Ein göttlicher Ratschluss war das nicht, denn Gott ist klug“, so Seebald. Jürgen Krebs von der Stadtmission Rockenhausen beschrieb Rust als „Mensch unter dem Talar“: Mit seiner ansteckenden Fröhlichkeit und Freundlichkeit habe er immer den Menschen im Mittelpunkt gesehen. Rudi Job, Ende der 1970er Jahre Dekan in Obermoschel, war eigens aus Bad Bergzabern angereist, um seinem ehemaligen Finkenbacher Gemeindepfarrer und Freund seinen Dank auszusprechen. Die katholische Delegation mit Gemeindereferentin Tanja Rieger sowie den Pfarrern Markus Horbach und Bernd Schneider unterstrichen die gut funktionierende Ökumene – unter anderem bei der Sozialstation, den Gemeindefesten im Schlosspark, bei der Aktion „Zeit für Kirche“ oder beim „Trauercafé“. Edeltraud Hoch-Schmidt dankte dem Dekan für die Unterstützung des Evangelischen Frauenbundes, der im Januar sein 90-jähriges Bestehen feierte. Ruprecht Beuter von der Evangelischen Erwachsenenbildung freute sich, dass Rust auch weiterhin im Arbeitskreis Papua mitwirken will und demnächst die Delegation begleitet, die das Partnerdekanat in Papua besucht. Erich Herr, stellvertretender Vorsitzender des Presbyteriums, bescheinigte seinem „Chef“ eine hohe Glaubwürdigkeit: „Jeder spürt, dass du hinter dem stehst, was du sagst“, so Herr. Das trage zu seiner Wertschätzung bei. Durchs Programm führte Pfarrer Klaus Peter Gebhard-Mersinger aus Ransweiler, der nun als Senior (Stellvertreter des Dekans) für den Kirchenbezirk zuständig ist, bis im Juni die Neuregelung in Kraft tritt. Die Gemeindearbeit in Rockenhausen – und die seit dem Weggang von Pfarrerin Sabine Kaffka ebenfalls vakante Stelle Rockenhausen 2 – obliegt vorerst den Pfarrerinnen Margit Nickel und Elisabeth Dominke. Die beiden Pfarrstellen sind im Amtsblatt der Landeskirche zur Besetzung ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist endet am kommenden Samstag, 30. April. (kgm)

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