Donnersbergkreis „Mei Gedicht is mei Wohret“

Auftakt der 5. Donnersberger Literaturtage war am Montag eine Hommage an Susanne Faschon, die am Tag zuvor 90 Jahre alt geworden wäre. Der Donnersberger Literaturverein, der sie zur Namensgeberin für den Preis seines Schülerwettbewerbs wählte, gab aus diesem Anlass ein knapp 50-seitiges Erinnerungsbuch heraus, reizvoll bebildert von Carl Maria Kiesel, Karl Unverzagt, Ingeborg Mischno, Detlof Graf von Borries, Hans Reichel und Hans Purrmann.

Unter dem Titel „Gedanken-Gedenken“ spürt darin die Autorin Monika Böss dem Leben, Werk und der Bedeutung der mit vielen Preisen und Ehrungen ausgezeichneten pfälzischen Lyrikerin nach – im Mittelpunkt des Bändchens stehen besonders schöne Faschon-Gedichte. „So ein volles Haus!“ (gut 80 Zuhörer), freute sich Margita Schreier für die gastgebende „Kleine Pfalzbibliothek“. Mit dem Zitat „Wir haben den Traum gekeltert,/ Nun welkt uns Schnee in den Wein“ aus dem Gedicht „Morgengrauen“ näherte sich Monika Böss der vielschichtigen Dichterin an: „Sie liebte das Leben... Eine talentierte, attraktive Frau. Keine Elfenbeinturmprinzessin mit selbstgebasteltem dichterischen Überbau. Sie war eine Künstlerin, und sie fand ihren Weg, schwamm gegen den Strom in vielen Situationen. Zur Ruhe fand sie erst in ihren letzten Lebensjahren.“ Zur Biografie: Als Susanne Margarete Reuter in bürgerlich-katholischer Familie in Kaiserslautern aufgewachsen. Einser-Abitur, Scheffelpreis. Der Vater, Finanzbeamter, NSDAP-Mitglied, die Mutter Nazi-resistent. Das Spätwerk, ihr persönlichstes, in Prosa „Prinzessin Maultasch“ verarbeitet diese Zeit. 1947 Heirat mit dem Grabsteinbildhauer Rudolf Faschon, Tochter Viola wird geboren. Ade Lehramtsstudium – als Stenotypistin ist sie Hauptverdienerin der kleinen Familie. Und sie schreibt. 1953 erscheint der erste Gedichtband „Das Blumenjahr“, drei Jahre später gewinnt sie den ersten Preis im Bockenheimer Mundartdichter-Wettbewerb mit „Ich schreib an dich“. Aktiv greift sie ins Literaturgeschehen ein, wirkt als Sektionsleiterin im Literarischen Verein maßgeblich mit, organisiert Lesungen, ist Gründungsmitglied des „Verbandes deutscher Schriftsteller in RLP“. Anfang der 1960-er Jahre arbeitet sie als Sekretärin Carl Maria Kiesels, damals Leiter der Pfalzgalerie. Kiesel, 1903 geboren, Bildender Künstler und Grafiker, 1934 vom Volksgerichtshof verurteilt und inhaftiert, Emigrant nach Südfrankreich. Beider Begegnung führt zur Zäsur: Sie lässt sich scheiden, er verliert seine Anstellung. Nach einer Tätigkeit in der Mannheimer Wissenschaftlichen Stadtbibliothek zieht sie mit Kiesel nach Mainz-Bischofsheim, arbeitet als Bibliothekarin, zuletzt – bis 1984 – als Sachbearbeiterin beim Landesstudio RLP des Südwestfunks. Böss: „Der Moralkodex jener Jahre fordert seinen Tribut. Die Leidenschaft, das Alles oder Nichts, läuft Gefahr, unter der Banalität des Alltags in den Mahlsand der Gewöhnlichkeit zu geraten.“ Sie kämpft dagegen an, gewinnt an Kontur. 1971 stirbt Kiesel, fast alle Gedichte aus „Vogelflug“ sind nach seinem Tod entstanden. Für einige Zeit verstummt Faschon – bis sie 1973 Hans Stirn kennenlernt, Professor für Soziologie und BWL, ihren Johannes. Sie heiraten, reisen viel, sie ist erfolgreich. 1978 erhält sie den Pfalzpreis für Literatur, mit Stirn findet sie ihre Heimat in Jakobsweiler. 1986 stirbt er an Krebs. In dem sehr emotionalen Gedichtband „Sommers Ende“ beschäftigt sie sich minutiös mit seiner Krankheit. Zwei Jahre später erscheint „Mei Gedicht is mei Wohret“. Dann der eigene Krebsbefund, ihr Todestag ist der 25. Oktober 1995. Böss: „Ihre Lyrik ist bei aller Kunstfertigkeit verständlich. Poesie unter dem Prälat der Liebe... Natur und Seelenlandschaften sind ineinander verwoben.“ Marliese Fuhrmann und Helga Schneider erzählten als Weggefährtinnen von nachhaltigen Begegnungen mit der warmherzigen, hintergründig-geistreichen und humorvollen Frau und ließen sie in einigen Gedichten auferstehen, darunter die „Schachvariation“ („Dies ist kein Spiel für Träumer...“) oder, in Mundart, „Nachts um zwää“: „Mer hänn net ze zwätt in ää Sarg gebaßt“. Das Mutter-Tochter Duo Iris (Geige, Gitarre) und Marie (Cello, Geige) Windt umrahmte klangschön den Abend mit Gedichtvertonungen von Lilian Klawitter. Die volksliedhaft eindringlichen Melodien, mitunter in ihrer Melancholie von Ferne an Klezmer erinnernd, schienen Stimmung und Tonfall kongenial umzusetzen. Schließlich war das Auditorium gefordert: Monika von Borries, Faschon-Schwester Ingeborg Mischno, Hans Appel und Ursula Günther sprachen über ihre eigenen Erinnerungen an die Lyrikerin, Rudolf Meier war durch ihr „Nordpfälzer Lesebuch“ mit Land und Leuten warm geworden. Der Büchertisch war reich bestückt, mit angeregten Gesprächen und bei einem Glas Wein klang der Abend aus. Lesezeichen: Donnersberger Literaturverein (Hrsg.): Erinnerungen an Susanne Faschon. Kirchheimbolanden 2015, 48 Seiten. ISBN 978-3-926306-72-2.

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