Donnersbergkreis Krieg in der Ukraine: Schüler haben Ängste und Fragen

Schüler der Georg-von-Neumayer-Realschule plus, des Nordpfalzgymnasiums Kirchheimbolanden und des Gymnasiums Weierhof formten au
Schüler der Georg-von-Neumayer-Realschule plus, des Nordpfalzgymnasiums Kirchheimbolanden und des Gymnasiums Weierhof formten auf dem Herrngarten vor der Orangerie am Freitag ein Peacezeichen.

Der Krieg in der Ukraine geht auch an Kindern und Jugendlichen in den Schulen nicht spurlos vorbei. Unter Schülern spüren Lehrer Ängste vor einer Eskalation. Gleichzeitig beteiligen sich ganz viele an Hilfs- und Solidaritätsaktionen, wie die RHEINPFALZ in einer Umfrage erfuhr.

Kann der Krieg auch zu uns kommen? Wie kann der Krieg gestoppt werden, und was können wir selbst tun? Mit solchen Fragen werden Lehrer dieser Tage oft konfrontiert. Bei der Frage, wie Lehrer ihren Schülern Krieg erklären, brauche es vor allem bei den Jüngeren Fingerspitzengefühl, weiß Thilo Franke, Schulleiter des Nordpfalzgymnasiums in Kirchheimbolanden. „Die Kollegen greifen das Thema auf, wenn Redebedarf ist“, erläutert er. Das sei aber nicht automatisch in jeder Klasse der Fall.

Die Schüler selbst haben den Krieg mit großer Betroffenheit wahrgenommen, berichten Greta Guth, Conni Sinn und Ben-David Jung vom Schülersprecher-Team im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Einige hätten Verwandte und Kontakte in Russland und der Ukraine, berichten sie. In den höheren Klassenstufen nehmen die drei keine Kriegsangst wahr. Vereinzelt gebe es am Nordpfalzgymnasium Solidaritätsbekundungen in blau-gelb: „Als Nagellack habe ich das schon gesehen“, berichtet Ben-David Jung. Ganz wichtig ist ihnen, dass Schüler mit russischem Hintergrund nicht ausgeschlossen werden.

Nicht für alle ist das Thema greifbar

Kriegsangst unter den Schülern nimmt Dirk Melzer von der IGS Rockenhausen nicht wahr. „Einige Schüler sind betroffen, vielen ist das Thema aber auch fern und wenig greifbar“, schildert der Direktor. „Es kommt stark auf den Medienkonsum und auf das Elternhaus an“, sagt er mit Blick auf Netflix und Amazon-Prime. „Seltsame Dinge“ würden zuweilen auch in den sozialen Medien verbreitet, warnt Melzer: „Da kann ganz viel schieflaufen.“

Der russische Überfall auf die Ukraine sei nach den Ferien in allen Klassen thematisiert worden. Eine der häufigsten Fragen – wohl auch wegen der Nähe zur US Airbase Ramstein: „Kommt der Krieg auch zu uns?“ Die Schule werde einen Friedenslauf mit einer Spendensammlung verbinden, kündigt er an. Zudem würden tibetanische Gebetsfahnen aufgehängt.

Auch das Wilhelm-Erb-Gymnasium in Winnweiler plant eine Friedensveranstaltung auf dem Sportplatz. Die Schüler wollen sich zum Peace-Zeichen aufstellen, kündigt Schulleiter Ralf Schäfer an. Die Aktion werde mit einer Spendensammlung verknüpft. Unter den 520 Schülern seien mehrere aus der Ukraine und auch aus Russland, weiß Schäfer. „Sie werden bei uns nicht angefeindet“, betont er. Ängste vor einem Atomkrieg hätten die Schüler nicht, sagt Schäfer.

Bedeutung von Demokratie bewusst machen

An der Albert-Schweitzer Realschule plus in Winnweiler wird das Thema Demokratie – nicht nur in diesen Tagen – besonders groß geschrieben. Mit Blick auf den Krieg „machen wir bewusst, dass es immer noch Gegner von Demokratien auf der Welt gibt, die versuchen, liberale Gesellschaften zu bekämpfen“, berichtet Rektor Torsten Edinger. Was dies aktuell für die Menschen in der Ukraine bedeutet, und was es für angrenzende Demokratien – auch in Deutschland – bedeuten kann, werde im Unterricht thematisiert. Edinger: „Die zentrale Aufgabe sehen wir in der Bewusstmachung der Bedeutung von demokratischen Staatsformen sowie der Schärfung unserer empathischen Haltung gegenüber Menschen, deren Freiheit und Leben derzeit unmittelbar bedroht sind.“ Die Schüler zeigten sich überwiegend mitfühlend, beobachtet der Schulleiter. „Sie wollen auf ihre Weise versuchen, das Leid der Menschen in der Ukraine zu lindern.“ Ein Verkauf von Waffeln und Kuchen in der Pause solle Geldspenden für die Menschen in der Ukraine einbringen.

Grundschüler basteln Friedenstauben

Auch die Jüngsten engagieren sich schon für den Frieden. Die Kinder der Grundschule am Königspfad in Göllheim bastelten Friedenstauben. Anstatt mit bunten Eiern soll der Brunnen vor dem Rathaus diesmal mit Friedenstauben geschmückt werden, kündigt Rektorin Heike Keller eine Aktion mit den Landfrauen an. An ihrer Schule gebe es besonders viele russlanddeutsche Kinder, berichtet sie. „Wir haben im Kollegium beschlossen, das Kriegsthema nicht von uns aus anzusprechen“, erläutert Keller. Sollten Fragen von Kindern kommen, gingen die Lehrer auf das Thema ein. Insgesamt nimmt sie bei den Schülern sehr unterschiedliche Reaktionen wahr: „Manche Klassen wollten gar nicht reden. Andere haben den Krieg von sich aus angesprochen und waren froh, das Thema besprechen zu können.“ Einige Kinder hätten Angst gezeigt. „Ein Kind hat sich die Ohren zugehalten, wollte das gar nicht hören.“ Keller: „Man darf die Kinder nicht überfordern.“

Blau-gelbe Blätter auf dem Schulhof

Dass Kinder mit russischem Hintergrund blöd angemacht werden, habe er schon gehört, berichtet Schulleiter Harald Scheve von der Realschule plus Rockenhausen. „Aber nicht bei uns in der Schule“, fügt er hinzu. „Wir hätten auch die russische Fahne geflaggt, wenn es andersrum gekommen wäre“, betont er, dass der Krieg nicht vom Volk sondern von der Regierung ausgeht. Eine Solidaritätsbekundung mit blau-gelben Blättern habe es bereits auf dem Schulhof gegeben. Jetzt engagieren sich die Schüler auch mit einer Hilfsaktion für Flüchtlinge. „Manche Eltern haben schon für 100 Euro eingekauft“, weiß Scheve. Über einen Kontakt nach Enkenbach-Alsenborn werde am Wochenende (12.3.) ein Transport mit Hilfsgütern an die Grenze organisiert. „Wir machen das auch, damit die Kinder sehen: Man kann etwas tun. Vokabeln lernen reicht nicht. Sie sollen sich auch sozial engagieren“, findet der Schulleiter.

Scheve beobachtet schon, dass Schüler Angst vor dem Krieg haben. Auf die Frage, ob es auch bei uns Krieg gibt, „müssen wir manchmal als Lehrer auch sagen: wir wissen es nicht.“ Als Pädagogen zu sagen, alles wird gut, sei fatal. Allerdings dürfe man auch nicht mögliche Ängste befeuern. „Man soll nicht beschwichtigen, aber den Kindern dennoch Hoffnung geben. Die geschichtliche Aufarbeitung sei dabei hilfreich.

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