Donnersbergkreis „Jugendliche fühlen sich nicht verstanden“
Die eigene Heimat kennenlernen und verbessern – das ist das Ziel der Stadtraum-Pioniere. Dabei treffen sich Jugendliche aus Dörfern und Städten im Lautrer und Donnersberger Land. Sie reden mit Anwohnern und Politikern über Probleme, erarbeiten Lösungsvorschläge. Auch in Obermoschel waren die „Pioniere“ schon unterwegs. Für Freitag und Samstag laden sie die Bürger zum Dialog ein. Rebekka Sambale sprach vorab mit Ingo Schenk, Referent für Grundsatzfragen bei der Evangelischen Jugend der Pfalz. Er ist Mit-Initiator des Projekts.
Für die Jugendlichen, die studieren, gilt das auf jeden Fall. Sie sind gezwungen, in die Städte zu gehen und dort einen Wohnsitz zu finden. Wer einen klassischen Ausbildungsberuf lernen möchte, bleibt aber eher in der Region. Können die Stadtraum-Pioniere denn etwas gegen „Landflucht“ machen? Langfristig schon. Die Frage ist: Wie können es die Kommunen schaffen, die Jugendlichen in ihre Erneuerungskraft einzubinden? Die jungen Leute haben eine ganz andere Perspektive auf die Stadtentwicklung. Wir machen in anderen Dörfern momentan die Erfahrung, dass Erwachsenengremien hierfür nicht unbedingt förderlich sind. Wie meinen Sie das? Die Entscheidungsstrukturen kommen den Jugendlichen nicht entgegen. Die würden eher einen kreativen Workshop anbieten, zum Beispiel zur Entwicklung ihres Wohnortes, dort ihre Ideen einbringen und nicht nur lange theoretisch diskutieren. So wie es im Moment häufig abläuft, langweilen sie sich nur und fühlen sich nicht verstanden. Was motiviert die Jugendlichen dazu, sich für ihre Region einzusetzen? Das ist eine spannende Frage! Die jungen Menschen wollen in ihrem Wohnort eigene Ideen einbringen und rennen damit bislang oft gegen verschlossene Türen. Durch die Stadtraum-Pioniere öffnen sich diese Türen einen Spalt weit. Einmal habe ich mich mit Jugendlichen in einer Kneipe getroffen und dort viel und gut diskutiert. Sie machen alle beim Projekt mit. Es fehlt also nicht die Motivation, sondern nur der richtige Rahmen? Genau. In einem anderen Dorf wollte ich mit zwei Jugendlichen reden und saß am Ende dort mit zwölf. Oft fehlt auch die Wertschätzung den jungen Menschen gegenüber, ein Rahmen, in dem sie ihre Meinung entfalten können. Was genau machen die Stadtraum-Pioniere? Die Stadtraumpioniere fangen immer mit einer Stadtbegehung an. Sie schauen, wie viel Leerstand es vor Ort gibt, ob man viele Leute auf der Straße sieht und Ähnliches. Es geht auch um Fragen wie: In welchem Raum liegt Obermoschel, im Berg oder im Tal? In der zweiten Phase wird eine statistische Auswertung angefertigt, betrachten wir zum Beispiel die demografische Entwicklung. Als dritten Schritt gibt es dann ein Podium, bei dem Vertreter aus dem Ort erzählen, wie sie Obermoschel sehen. Daraus werden Fragen erarbeitet. An einem Interview-Wochenende befragen wir dann die Bevölkerung. Am Schluss werden die Ergebnisse der Dorf-Öffentlichkeit vorgestellt. Welche Probleme vor Ort sehen die Jugendlichen? Für Obermoschel wäre es zu früh, dazu etwas zu sagen. Wir haben uns in der Gruppe erst einmal getroffen. Aber in anderen Orten ist es wichtig, wie Neubürger in die Dorfstruktur integriert werden. In einem Dorf haben wir beispielsweise 30 Prozent Amerikaner. Was heißt das für das Zusammenleben dort? Aus der ersten Projektphase in Obermoschel gibt es also noch keine Ergebnisse? Die erste Projektphase ist zwar abgeschlossen, aber jetzt kommt erst mal das Dorfgespräch. Es geht dort um Themen, die die Leute bewegen. Sicherlich wird das in Obermoschel mit der Überschwemmung zu tun haben. Vielleicht wird es bei dem Podium um Leerstände und Wegzug aus der Stadt gehen. Die Jugendlichen werden Fragen an die Gäste aus Politik und Wirtschaft formulieren und auch an alle interessierten Bürger. Konkrete Handlungsvorschläge wird es erst im Mai 2015 geben – dann individuell für jeden Ort.