Kirchheimbolanden/Göllheim/Marnheim IVB: Den Dienstleister für Weltmarken zieht es nach Kibo

Auch die Minions haben schon bei IVB mit seinen Geschäftsführern Rudolf Menge und Tanja Gehm vorbeigeschaut.
Auch die Minions haben schon bei IVB mit seinen Geschäftsführern Rudolf Menge und Tanja Gehm vorbeigeschaut.

Noch im Jahr 2023 soll die riesige Halle in Kibo fertig werden – ein erster Schritt für IVB Direktmarketing, um seine bislang drei Standorte in der Kleinen Residenz zu konzentrieren. Hinter den Toren des Dienstleisters verbergen sich Forrest Gumps Parkbank, das Streikarsenal einer Gewerkschaft und geheime Parfum-Deals.

„Oft läuft man an Schaufenstern entlang und denkt sich: Das hatten wir doch erst vor zwei Wochen in der Firma“ – auch nach mehr als 25 Jahren als Geschäftsführer freut sich Rudolf Menge nach wie vor, wenn er im Handel über Leistungen von IVB Direktmarketing stolpert. Und die sind nicht zu knapp gesät. Was 1983 als Familienunternehmen in einem ehemaligen bäuerlichen Anwesen in Ottersheim begann, ist heute ein Komplettdienstleister für Lagerhaltung, Kommissionierung und Versand – und zwar kein kleiner.

Gut 30 Festangestellte beschäftigt IVB, hinzu kommt ein fester Stamm von etwa 150 Heimarbeitern, die großteils im Nebenverdienst tätig sind. Zu Spitzenzeiten seien es fast 1000 gewesen, berichtet Menge. Damals, als die Versandhändler Quelle und Neckermann zu den großen Kunden bei IVB gehörten. Als bis zu 2,8 Millionen Briefe pro Auftrag mit kleinen Werbegeschenken versehen werden mussten – das waren 30 Lastwagen voll. Das ist eine Kernkompetenz des Unternehmens: Sonderanfertigungen, Produktpakete, Werbeeditionen, die manuell – also von Hand – zusammengestellt werden müssen.

Von vielen der Spezialanfertigungen für den Handel haben Rudolf Menge und Tanja Gehm in ihrem Exemplare aufbewahrt.
Von vielen der Spezialanfertigungen für den Handel haben Rudolf Menge und Tanja Gehm in ihrem Exemplare aufbewahrt.

400.000-mal aluminiumfrei

Aktuell möchte ein Kunde zu Ostern kleine Schokotäfelchen auf Werbekartons verschenken. 66.000-mal Schokolade, 66.000 Klebepunkte, 66.000 Kärtchen. „Das kriegen wir über Nacht hin“, sagt Menge. Mit 30, 40 Heimarbeitern – für die das übrigens teilweise echte Familienarbeiten seien. Da gibt es ganz andere Mengen: Als sich vor einigen Jahren herausstellte, dass es Kunden sehr wichtig ist, dass ihr Deodorant aluminiumfrei ist, mussten 400.000 Deo-Dosen mit den entsprechenden Hinweis-Aufklebern versehen werden. Bei IVB rollen dann die Lastwagen an.

Für die Lagerhaltung und die großen Aufträge gibt es Hallen an drei Standorten: seit 1992 in Marnheim, seit 2001 in Göllheim und seit 2015 in der Morschheimer Straße in Kibo. Halle und Verwaltungsgebäude in Marnheim werden nun aufgegeben – dort war hauptsächlich das „klassische Heimarbeitsgeschäft“ angesiedelt, also vor allem Werbebriefe, das weiter zurückgehe, schildert Tanja Gehm, die seit 2012 ebenfalls Geschäftsführerin ist. „Wir müssen uns umorientieren“, sagt sie.

IVB hat alles für den Streik auf Lager

Die 1500 Quadratmeter große Halle, die im Laufe des Jahres 2023 in Kibo im Gewerbepark an der Kaiserstraße entstehen soll, wird künftig auch die Lagerung von verpackten Lebensmitteln erleichtern. Zum Beispiel für den Großkunden Ferrero, für den vor allem Werbemaßnahmen geschultert werden. Will die Deutsche Bahn Duplo-Riegel auf den Sitzen in der ersten Klasse platzieren, dann müssen 500.000 Schokoriegel mit speziellen Karton-Aufsätzen versehen werden. Soll eine neue Figurenserie der Überraschungseier in 2500 Dioramen deutschlandweit in Geschäften ausgestellt werden, dann müssen zigtausende dieser Figuren aus dem Ei gepellt und aufgeklebt werden. All das hat IVB schon gemacht. Und weil Lagerung und schnelles Zusammenstellen der benötigten Materialien ebenfalls zum Angebot zählen, werden auch sämtliche Ferrero-Promotionsteams aus dem Donnersbergkreis versorgt. Beispielsweise mit Kostümen, um als überlebensgroßes Überraschungsei durch die Straßen zu marschieren.

RHEINPFALZ-Redakteur Torben Müller (rechts im Bild!) mit einem überdimensionalen Überraschungsei: Die Promotionsteams von Ferrer
RHEINPFALZ-Redakteur Torben Müller (rechts im Bild!) mit einem überdimensionalen Überraschungsei: Die Promotionsteams von Ferrero werden aus Göllheim beliefert.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) lagert bei IVB Urkunden und Werbematerialien, mit denen in ganz Deutschland Sportabzeichen-Veranstaltungen ausgestattet werden. Die Gewerkschaft Verdi hat gar ein ganzes Streik-Arsenal von Trillerpfeifen bis zu Messeständen dort untergebracht. Die Lagerhaltung der Kunden ist per Softwarelösungen automatisiert.

Und plötzlich kommen 300 Surfbretter

Auch die Filmindustrie geht ein und aus. Für Universal und Paramount hat IVB die Werbepakete für Kinos und – als diese Hochkonjunktur hatten – Videotheken zusammengestellt und verschickt. Abbilder von Forrest Gumps berühmter Parkbank standen vielfach in den IVB-Hallen. „Und beim Film Waterworld mit Kevin Costner kam mittags ein Anruf, dass gerade ein Lkw aus Südfrankreich zu uns unterwegs sei mit 300 Surfbrettern“, erinnert sich Menge, der von der Größe der Surfbretter dann selbst überrascht war.

Überhaupt ist es ein Geschäftsmodell, bei dem Flexibilität gefragt ist. Es gibt die fixen Aufträge, die Kommissionierung und den Versand im normalen Geschäftsbetrieb, den IVB für einige Kunden übernimmt. Aber eben vor allem auch die kurzfristigen, unerwarteten Ideen der Industrie. „Da kann es schon mal sein, dass wir von heute auf morgen die Hallen voll haben“, sagt Gehm.

Komplettumzug nach Kibo ein Langfristplan

So wie beim „Cherry“-Auftrag: Bis die Lastwagen voller Kosmetikartikel vor den Werkshallen standen, war selbst den Verantwortlichen bei IVB nur das englische Wort für Kirsche als Codewort bekannt. Als dann die zigtausenden Produkte aus England da waren, die gelabelt, verpackt, kommissioniert werden mussten, stellte sich heraus, dass es sich um die ersten Düfte der Modemarke Esprit handelte.

Jene Hallen im Göllheimer Gewerbegebiet stehen übrigens derzeit noch nicht zur Disposition. Erstmal erfolge lediglich der Umzug des Marnheimer Standorts nach Kibo, unterstreicht die Geschäftsführerin. In einem Geschäft, in dem es um Geschwindigkeit und Effizienz gehe, wären noch kürzere Wege wünschenswert, aber erst in acht bis zehn Jahren soll der Komplett-Umzug nach Kirchheimbolanden über die Bühne gegangen sein. Fürs erste sei die siebenstellige Investition in das 15.000 Quadratmeter große Grundstück an der Autobahn, die neue Halle nebst Verwaltungsgebäude schon ein sehr großes Vorhaben für das Unternehmen, das einen Jahresumsatz von zumeist zwischen 3,5 und vier Millionen Euro erwirtschaftet.

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