donnersbergkreis Instagrammer Mr. Hikingbaer auf Durchreise in der Pfalz

Björn Besse alias „Mr. Hikingbaer“ wandert von Aachen nach Kroatien.
Björn Besse alias »Mr. Hikingbaer« wandert von Aachen nach Kroatien.

Björn Besse hat seinen Job gekündigt, seine Wohnung aufgegeben und ist Mitte April aufgebrochen, sich seinen Traum vom Wanderabenteuer zu erfüllen – trotz Pandemie. Statt nach Amerika führte ihn die Reise diese Woche in die Pfalz.

Es regnet, als Herr Wanderbär am Donnerstagnachmittag in Marienthal eintrifft. Tags zuvor hatte ein Mix aus Hagel und Sonnenschein den vollbärtigen Wanderer in der Pfalz begrüßt. „Herr Wanderbär“, so lautet die Übersetzung des Pseudonyms „Mr. Hikingbear“, das der Aachener im sozialen Netzwerk Instagram verwendet (@mr.hikingbear). Im wahren Leben heißt der 43-Jährige Björn Besse. Vor zwei Wochen ist er am Aachener Rathaus aufgebrochen zu einer Wanderung, die ihn 4000 Kilometer weit bis ins südliche Kroatien führen soll. Fünf bis sechs Monate will er unterwegs sein. Ein Traum, für den der Projektmanager sogar seinen Job gekündigt hat: Sein Arbeitgeber hätte ihn nur drei Monate freistellen können.

„Meinen eigenen Trail gebastelt“

Was den Aachener antreibt, der sich trotz coronabedingt geschlossener Campingplätze – und damit fehlender Dusch-Möglichkeiten – nicht von dem Abenteuer abbringen ließ? „Nach meinen Wanderungen hat sich mir bisher immer eine Frage aufgedrängt: Wie wäre es, einfach weitergehen zu können, ohne wieder in den Alltag zurückkehren zu müssen?“ Besse, der sich inzwischen an der Kirche in Marienthal etwas Schutz vor dem Regen gesucht hat, wollte eigentlich auf einem der großen Fernwanderwege in Amerika unterwegs sein. Etwa auf dem dem 4265 Kilometer langen Pacific Crest Trail im Westen der USA, oder dem 3500 Kilometer langen Appalachen-Weg im Nordosten. Doch dann kam die Pandemie. „Die Reise hätte an einem seidenen Faden gehangen. Also habe ich mir meinen eigenen Trail gebastelt.“

Björn Besse alias »Mr. Hikingbaer« wandert von Aachen nach Kroatien.
Björn Besse alias „Mr. Hikingbaer“ wandert von Aachen nach Kroatien.
4011 Kilometer will der Instagrammer bis September oder Oktober zu Fuß zurücklegen.
4011 Kilometer will der Instagrammer bis September oder Oktober zu Fuß zurücklegen.
Der europäische Fernwanderweg E8 führt Björn Besse am Mittwoch vorbei an Obermoschel (Donnersbergkreis).
Der europäische Fernwanderweg E8 führt Björn Besse am Mittwoch vorbei an Obermoschel (Donnersbergkreis).
Auf Durchreise im Donnersbergkreis
Auf Durchreise im Donnersbergkreis
Auf Durchreise im Donnersbergkreis
Auf Durchreise im Donnersbergkreis
Trüber Morgen am Rehbockfelsen.
Trüber Morgen am Rehbockfelsen.
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Dieser führt den 43-Jährigen von seiner Heimatstadt Aachen aus nach Wien, wo seine Freundin lebt. Weil die 1600 Kilometer bis dorthin zu kurz sind für eine fünf- bis sechsmonatige Wanderung, geht es danach weiter: quer durch Österreich, entlang der italienisch-slowenischen Grenze bis in den südlichsten Zipfel Kroatiens. „Wenn ich mich an den Weg halte – und bisher sind eher Umwege als Abkürzungen geplant – komme ich auf 4011 Kilometer, 112.640 Meter hoch und 113.710 Meter runter.“

Etwa 40 Kilometer seines Trails führen den Wanderer durch den Donnersbergkreis, weil er für den Streckenabschnitt bis Wien dem europäischen Fernwanderweg E8 folgt. Der erstreckt sich auf 7500 Kilometern von Irland bis Bulgarien, führt durch zehn europäische Länder – und in Deutschland eben auch durch die Pfalz: von Obermoschel über Marienthal, Dannenfels, Bolanden und Albisheim bis nach Zellertal-Niefernheim, von wo aus die Strecke nach Worms weiterführt.

Noch kein Schlafplatz für die Nacht

„Die Gegend hier ist toll“, sagt Besse im Schutz der Marienthaler Kirche. Wobei er nur über Wege und Aussichten sprechen kann. Menschen sind ihm im Regen kaum begegnet, die Gasthäuser sind zu. Zum Abendessen wird es ein Fertignudelgericht mit Speck-Sahne-Soße geben – so eines, das er nur mit heißem Wasser übergießen muss. Einen Schlafplatz für die Nacht hat Besse noch nicht. „Einer meiner Helfer kann mich vielleicht in Dannenfels abholen und mitnehmen nach Worms“, überlegt er. Dort könne er sein Zelt in einem privaten Garten aufschlagen.

Helfer, das sind für Besse Menschen, die ihm über das soziale Netzwerk Facebook Unterstützung für sein Projekt angeboten haben: eine Dusche, Strom fürs Handy, ein Platz zum Schlafen oder um Zelt und Schlafsack zu trocknen. Manchmal wandern die Helfer auch ein Stück mit. „Es ist faszinierend, wie wohlgesonnen mir die Leute entgegentreten.“

Hoffen auf offene Campingplätze in Österreich

Aufgeschlossen scheinen die Menschen, die dem Wanderbären in den Sozialen Netzen folgen, auch gegenüber dessen Spendenprojekt zu sein: Bereits 950 Euro sind in den ersten Wochen zusammengekommen. 10.000 Euro sollen es bis September werden. Der Aachener will damit zwei Herzensprojekte in Kroatien unterstützen: ein Bärenrefugium in einem kroatischen Bergdorf und den Ausbau eines noch recht neuen Wanderwegs in Koatien, dem Via Adriatica Trail, mit Wegemarkierungen und Schutzhütten.

Björn Besses Helfer-Netzwerk, das sich auch über ein Online-Portal speist, auf dem Privatpersonen ihren Garten als Zeltplatz für eine Nacht anbieten, reiche aktuell bis zur Grenze nach Österreich. „Danach wird es dünn“, sagt der Aachener, der die Corona-Regeln in Österreich, Italien, Slowenien und Kroatien ganz genau verfolgt. Wie es dann weitergeht? „Ich baue noch darauf, dass die Campingplätze in Österreich wieder aufmachen.“

In der Pfalz hat sich die Schlafplatz-Frage derweil doch anders geklärt als erwartet: Am Freitagmorgen veröffentlicht Besse ein Foto vom wolkenverhangenen Rehbockfelsen. Worms kann wohl noch einen Tag warten.

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