Donnersbergkreis „Ich wollte einen Beruf mit Sinn“

In jungen Jahren sich für einen Beruf zu entscheiden, in dem man sich um Menschen am anderen Ende des Lebens kümmern muss, ist nicht selbstverständlich. Für Heike König war das gleichwohl eine bewusste, von Überzeugung getragene Entscheidung. „Ich wollte einen Beruf mit Sinn“, erklärt die gerade 20 Jahre alt gewordene Rüssingerin, warum sie Altenpflegerin werden möchte.

Anregungen für diesen Berufsweg hat sie schon in der Schule bekommen, denn nach der Mittleren Reife hat sie auf der Gutenbergschule in Göllheim die Fachoberschule mit dem Schwerpunkt Gesundheit und Soziales besucht und das darin eingebundene Praktikum im Göllheimer Seniorenheim Haus Antonius absolviert. Auch ihre Mutter habe den Beruf lernen wollen und sie dafür interessiert. Aber ein anderer Aspekt hat für ihre Berufswahl ebenfalls eine Rolle gespielt. „In diesem Beruf wird man immer gebraucht, da kann ich mich überall in Deutschland bewerben. Und ich muss keine Angst haben vor Arbeitslosigkeit.“ Heike König lernt ihren Beruf im ersten Jahr an der Fachschule für Altenpflege an der Berufsbildenden Schule Donnersbergkreis in Eisenberg. Die praktische Ausbildung läuft in der Pro-Seniore-Residenz in Flörsheim-Dalsheim. Zweieinhalb Tage Schule sind vorgesehen, mal zwei, mal drei Schultage im wöchentlichen Wechsel, die restliche Zeit arbeiten die Auszubildenden, erläutert ihr Fachlehrer Ralf Ruff. „Im dritten Jahr nimmt der Praxisteil zu“, fügt er an. Für die Auszubildenden bedeutet das auch Einsatz im Schichtbetrieb, wobei sie aber in der Regel keine Nachtschichten übernehmen müssten Die tägliche Arbeit, die sie jetzt hautnah erlebt, sei schon anders, als sie sich das vorgestellt habe. „Es bleibt leider nicht so viel Zeit, um mit den Leuten zu sprechen oder sie zu aktivieren“, verspürt Heike König vor allem den Zeitdruck und die vielen zusätzlichen Pflichten, etwa in der Dokumentation der Pflege. Aber das sei nichts, was sie in ihrem Berufswunsch schwanken lasse, der Umgang mit den Menschen gebe ihr viel. „Was ich da tue, hat Bedeutung“, streicht sie heraus, verweist auf die hohe Verantwortung, die mit ihrem Handeln verbunden ist. Dass sie nicht gänzlich unvorbereitet in diese Ausbildung gegangen ist, sieht Ruff als Pluspunkt. „Es ist schon gut, wenn man nicht direkt in die Altenpflege hineingeht, sondern erstmal reinschnuppert oder ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert“, empfiehlt er Interessierten, denn die Erfahrung des hohen Zeitdrucks und des belastenden Alltags sei mit ein Grund dafür, dass mancher auch wieder aus dem Beruf rausgehe. Daher sagten viele Altenpfleger bei der Frage nach der nicht üppigen Gehaltserwartung, eine bessere personelle Ausstattung in den Heimen und mehr Zeit für die Zuwendung wäre ihnen wichtiger als etwas mehr Geld auf dem Konto. Dass sie jetzt an der BBS die Schulbank drückt mit künftigen Kollegen, die zum Teil deutlich älter sind als sie, stört Heike König keineswegs. „Ich finde das schön. Die haben so viel Erfahrungen, man kann viel von ihnen lernen“, kommentiert die junge Frau die Tatsache, dass mit ihr auch Leute über 50 diesen Beruf lernen. „Das war schon immer so“, sieht Ruff in dem großen Altersspektrum in den Fachklassen keineswegs eine neue Entwicklung. Altenpflege sei auch früher ein klassischer Umschulungsberuf gewesen, und die älteren Auszubildenden seien „bis in die Haarspitzen motiviert“. Es sei eher auffällig, dass mehr jüngere Menschen als früher sich für den Beruf interessierten. Wer in die Altenpflege gehen möchte, muss sich bei einer Einrichtung bewerben und mit dem Nachweis der Ausbildungsstelle dann einen Aufnahmeantrag an die Fachschule richten. Für Heike König kein Problem. Sie habe sich im Internet umgeschaut, sei auf die Einrichtung in Rheinhessen gestoßen und auf ihre Bewerbung hin gleich genommen worden. Dass der Zugang keine Probleme bereitet, bestätigt Ruff. „Die Leute werden ja händeringend gesucht“, verweist er auf den großen, mit der demografischen Entwicklung noch stark wachsenden Fachkräftebedarf in der Altenpflege. Die Fachschule an der BBS sei nach einer erst unlängst erfolgten Kapazitätserweiterung so ausgestattet, dass niemand abgewiesen werden müsse. Um Beschäftigung muss man sich in diesem Berufsfeld keine Sorgen machen. Zu beobachten sei inzwischen auch eine zunehmende Durchlässigkeit zwischen den Pflegeberufen. Vor allem in inneren Abteilungen der Krankenhäuser würden immer häufiger auch Altenpfleger für die Krankenpflege eingesetzt, deren Erfahrung im Umgang mit altersspezifischen Krankheitsbildern in Kliniken von Vorteil sei. Altenpfleger bräuchten dazu auch keine Zusatzausbildung, so Ruff. Der Beruf biete auch Aufstiegsmöglichkeiten, etwa über ein FH-Studium der Pflegepädagogik oder des Pflegemanagements oder gar, wenn man Abitur hat, ein Studium der Pflegewissenschaft, so Ruff. Man kann Pflegedienst- und Heimleiter oder Fachlehrer werden oder in die Wissenschaft gehen, resümiert Ruff, der seinerseits zunächst Altenpfleger und Pflegedienstleiter war, bevor er vor 25 Jahren Fachlehrer an der BBS wurde. Der schulische Teil der Ausbildung ist umfangreich und umfasst 17 sogenannte Lernmodule, in denen es um Themen geht wie: „Pflege alter Menschen planen, durchführen und evaluieren“, „Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken“, „Mit Krisen und schwierigen Situationen umgehen“. Die Module beziehen individuelle Eigenheiten und Krankheitsbilder ein, auch religiöse, ethische und rechtliche Aspekte der Altenpflege – und nicht zuletzt, wie man in einem körperlich wie seelisch belastenden Beruf die eigene Gesundheit erhält. Und am Ende steht natürlich die Frage nach dem Umgang mit Sterben und Tod. Als ihm zum ersten Mal ein Mensch in der Pflege praktisch unter den Händen verstarb, habe ihn das sehr mitgenommen, ja um die Fassung gebracht, erinnert sich Ruff. Je nachdem, wie nahe man den Menschen steht, bleibe man auch als Profi davon nie unberührt. Das Thema komme natürlich auch in der Ausbildung zur Sprache. „Ich versuche da schon, für mich eine Distanz herzustellen“, sagt Heike König. Am Ende aber sei es doch wichtig, sich sagen zu können, „dass ich diesem Menschen in seiner letzten Lebenszeit habe helfen können.“ (bke)

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