Donnersbergkreis Herzhaft, prall und spritzig
KIRCHHEIMBOLANDEN. Die Speyerer Kabarettisten „Spitz & Stumpf“ gastierten am Freitag in Kibo – ein Abend zum Kaputtlachen. Einziges Manko blieb der mäßige Besuch, etwa 60 Zuhörer in der viel zu großen Stadthalle. Professionell und mit allen Abwässern gewaschen, überspielten die zwei Blödel-Virtuosen das ungünstige Ambiente und liefen zu großer Form auf, immer im Kontakt mit dem Publikum: „Sinner gut druff?“ Eijo!
20-jährige gemeinsame Rampenerfahrung hat die beiden Spaßmacher nahtlos zusammengeschweißt, da sitzt jede Pointe und jede – echt krasse – Grimasse. Ihre Sketche im Vorderpfälzer Singsang sind dem Alltagsirrsinn abgelauscht und ufern mit Vorliebe in wildem Klamauk aus. Keine Zoten, kein Geschmuddel – dieser Humor schmeckt herzhaft und prall wie Saumagen, spritzig wie Riesling. Das Programm „Die äänzich Artige“ (hochdeutsch: die einzig Artigen) ist eine Liebeserklärung an die Pfalz und ihre auch schon mal dummbabbelnden und oft viel zu laut kreischenden Eingeborenen. Man muss die beiden live gesehen haben, ihre erzkomödiantische Mimik und beredte Körpersprache, ihre enorme Bühnenpräsenz. Götz Valter als schlitzohriger und „naiv“ die Augen rollender Winzer Eugen Stumpf, rund und quirlig wie ein Kugelblitz. Bernhard Weller als Ex-Aniliner Friedel Spitz ist sein hageres Pendant. Gerne grantelnd und belehrend, wirkt er im marode vor sich hindümpelden „Woigut Stumpf“ als „Consultor“. Geändert hat sich hier in zwei Jahrzehnten kaum etwas, allenfalls die moderne Telekommunikation: Zwischen zwei vorsintflutlichen Telefonen zur Kundenbetreuung liegt ein Tablet mit ungeahnten Apps, „Ebbes fer alles“. Stumpf beichtet neuerdings online und setzt auf „App-Solution“: Erst Sünden eintippen. (Wenn im Suff die Feinmotorik versagt, kann auch gelallt werden.) Und schon tut sich der Bußkatalog auf. Dann – je nach Schwere der Verfehlung – „Rosekranzperlscher schnippe“, pro Beichte gibt’s Punkte. Die Katholische Kirche, ganz am Puls der Zeit, hat sich Gedanken um die Jugend gemacht. Wer den Text des Vaterunsers nicht so ganz parat hat, kann ihn sich von Promis vorbeten lassen: wahlweise von Jogi Löw, Angela Merkel oder – besonders cool – von Udo Lindenberg geraunt und genuschelt. Und im Netz lassen sich sogar die Sünden mit Freunden teilen... Schwierig wird’s, wenn Spitz dem naturwissenschaftlich unbedarften Freund mit dem Gedankenexperiment von „Schrödingers Katze“ Quantenmechanik zumutet: Die Katze, hermetisch im Kellerloch zusammen mit einem Giftfläschchen, einem Hämmerchen und einem Geigerzähler in einen dunklen Kasten gesperrt, ist gleichzeitig tot und lebendig, niemand kennt ihren Zustand, bevor der Kasten geöffnet ist. Und außerdem existiert sie gar nicht. Für den mitfühlenden Stumpf unerträglich, er plärrt: „Der Perversling, die Drecksau – un domit kommt der in die Biecher! So ’rer Katz dreht ma doch de Krutze rum, dass se net lang leide muss!“ Die Nachbarschaft („die Bappsäck!“) ruft die Polizei wegen Lärmbelästigung auf den Plan, die Ereignisse überschlagen sich chaotisch. Sirenenalarm, Großaufgebot von Uniformierten, Verdacht auf einen Terrorakt und radioaktive Verseuchung. Hubschraubereinsatz. Dabei hat Stumpf doch nur etwas zu laut „simeliert“, nicht etwa simuliert! Blöd, wenn der Ermittler kein Pfälzisch versteht. Und der grüne Metallweintraubensammelbehälter in der Ecke ist auch keine Bombe, sondern nur die Hott’! Stichwort für den fetzigen Rap von den „Hottetotte“ (...„klore Kerl un sieße Krotte“). Auch so ein bedrohtes und schützenwertes Naturvolk, genau wie die Pfälzer. Wie oft schon wurden sie überrannt! Erst von den Römern, dann viermal von den Franzosen. Positives immerhin haben die ja auch hinterlassen: das „Trottwa“ etwa, ohne das vieles nicht laufen würde. Das Tête-à-tête, Chambre séparée, Plumeau, Pissoir... Viel schlimmer sind heute die Badenser, die gnadenlos alle Wochenende ins linksrheinische Bioreservat einfallen. Torbrücken her: Kein Zutritt ohne Eintrittsgeld! Spitz, nicht ganz leicht vermittelbar, soll per Institut „Scheurebe“ verkuppelt werden, und Stumpf übt mit ihm im Rollenspiel das erste Treffen im „Restaurant zum grunzenden Eber“ ein. Auch so eine Lachtränen treibende Nummer, eine von vielen. Der gerockte Klassiker von der stets verfügbaren „Duddesupp“ („wann ich statt Salz Zucker verwisch“, stell ich se halt später als Kaltschal’ uff de Disch...“) wird mit langem, skandierendem Applaus bedankt und prompt gibt´s den Nachschlag. Resümee des Komiker-Duos: „Net schlimm, dass es heit net so voll war. Bringen ’s nägschde Mol äfach noch e paar mit!“