Hettenleidelheim Heimatverliebt und weltoffen: Zum Tod von Roland Happersberger

Mobiles Arbeiten im Jahr 1991: Roland Happersberger beim Festival „Rock im Hinterland“ – noch mit der Schreibmaschine. Wenn Reda
Mobiles Arbeiten im Jahr 1991: Roland Happersberger beim Festival »Rock im Hinterland« – noch mit der Schreibmaschine. Wenn Redaktionsassistentin Jennifer Bauer ihn auf einen Termin schicken wollte, antwortete er meist mit einem tiefen »Ajo«. Ein »Sei mer net bees« war eher die Ausnahme.

Die RHEINPFALZ trauert um einen ihrer treuesten Mitarbeiter: Am Donnerstag ist Roland Happersberger im Alter von 57 Jahren völlig überraschend gestorben. Benjamin Fiege, Kathrin Schnurrer, Dorothea Richter, Jennifer Bauer, Christine Nöth-Häuser und Anja Benndorf erinnern sich an einen lieben und geschätzten Kollegen.

Der letzte Anruf in der Redaktion. Anfang September. „Sei gegrüßt.“ Eigentlich war es eine rhetorische Frage, die Redakteur Benjamin Fiege an ihn richtete. Eine, auf die die Antwort schon klar war: Ob er denn die Berichterstattung zum Kirchheimer Liedersommer wieder übernehmen würde. Klar, würde er. Termine wie diese ließ sich Roland Happersberger nicht entgehen. Er brannte für sie. Und so sagte er natürlich zu. Dann ging es noch ein bisschen hin und her, ein paar kleine Scherze, Rolands grollendes Lachen. Das war’s. „Grüß mir die Kollegen herzlichst.“ Bei ihm mehr als nur eine Nettigkeit, mehr als nur eine leere Floskel, nämlich ein Satz, der wirklich von Herzen kam. „Ich müsste bald mal wieder bei euch vorbeischauen.“

In Zeiten von Corona waren die Besuche in der Grünstadter Redaktion seltener geworden. Vor der Pandemie schaute er vor allem sonntags regelmäßig vorbei. Dann hatte er meist einen Text dabei, einen Konzertbericht vom Freitag oder Samstag, auf den der diensthabende Redakteur gerade panisch wartete, weil der Redaktionsschluss immer näher rückte. Meist trudelte Roland Happersberger eine Stunde vor eben diesem ein, den Text im Gepäck. Wobei es „im Kopf“ hier besser trifft, denn abgetippt hatte er ihn zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Und während der Redakteur dann bangend auf die Uhr blickte, machte sich Roland gelassen ans Werk.

Fertig wurde er dabei wundersamerweise immer rechtzeitig. Gerne auch mal als regelrechte Punktlandung, sodass der Redakteur maximal Zeit hatte, eben schnell noch Korrektur zu lesen, bevor die Seite in den Druck ging. Redigierend eingreifen, den Artikel kürzen, das übliche Prozedere eben – dafür blieb am Ende keine Zeit mehr. Und das war natürlich auch Roland Happersbergers Hintergedanke. Ein erfahrener Fuchs eben. An derlei Tage erinnert sich die frühere Grünstadter Kollegin Dorothea Richter, heute in Kaiserslautern: „Roland Happersberger war für mich, als ich vor 23 Jahren anfing, eine große Stütze. Das galt vor allem für die Sonntagsdienste, von denen wir lange Jahre viele gemeinsam absolviert haben. Ich, die noch Unerfahrene, konnte Happi alles fragen: Er kannte jeden Namen, jede Straße, jeden Baum und jeden Strauch im Leiningerland, und er kannte alle Zusammenhänge.“

Fast 40 Jahre lang im Geschäft

Er war ja auch schon lange im Geschäft. Seit 1982 schrieb er bereits für die RHEINPFALZ. Länger, als einige der Redakteure, die bis zuletzt mit ihm zusammenarbeiteten, überhaupt auf der Welt waren. Nach dem Abi 1983, das er am Leininger-Gymnasium ablegte, zog es ihn in die Hauptstadt. In Berlin studierte er, machte ein Volontariat beim Sender Freies Berlin, aus dem später der RBB werden sollte. 2000 ging es für ihn zurück in die Pfalz, Roland Happersberger begann als Redakteur beim Freizeitmagazin „LEO“, schrieb aber immer noch für die RHEINPFALZ und viele ihrer Lokalausgaben.

Berlin verlor er jedoch nie aus den Augen. Die Stadt hatte es ihm angetan, war eine Herzensangelegenheit. So oft es ging, besuchte er sie. „Am Donnerstag ist im LEO ein Reisebericht über Berlin erschienen – Autor Roland Happersberger. Es war sein letzter Artikel“, sagt Christine Nöth-Häuser, die in der Grünstadter Lokalredaktion jahrzehntelang mit ihm zusammengearbeitet hat. Nöth-Häuser wusste um seine Liebe für die Hauptstadt: „Roland liebte die Pfalz, vor allem sein Heimatdorf Hettenleidelheim. Da war er überzeugter Lokalpatriot. Aber er liebte auch die Großstadt: In jungen Jahren hatte der tiefgläubige und engagierte Katholik in Berlin Germanistik und Theologie studiert. Auch wenn er seit langem wieder auf dem Land, in Hettenleidelheim, wohnte: Ein paar Wochen Metropole im Jahr mussten einfach sein.“ Roland Happersberger habe scheinbar unvereinbare Gegensätze in sich vereint: „Heimatliebe und Weltoffenheit, ein virtuoser Umgang mit der deutschen (Hoch-)Sprache und ein sich vollkommen zu Hause fühlen im Hettrumer Dialekt. Kein Wunder, dass er auch den Bockenheimer Mundartwettstreit für die RHEINPFALZ besuchte“, so Nöth-Häuser.

Roland Happersberger konnte über alles schreiben, aber die Kulturberichterstattung bereitete ihm am meisten Freude. Der Liedersommer, der Kirchheimer Konzertwinter, die Sternstunden des Kulturvereins. Pflichttermine für „hap“. Aber nicht nur der E-Musik widmete er sich: Auch die regionale Rock- und Popszene wurde von ihm über viele Jahre journalistisch begleitet, ein „Rock im Hinterland“ ohne ihn? Kaum vorstellbar! Seine Expertise, sein profundes Wissen wurde geschätzt, von Lesern einerseits, aber auch von Veranstaltern, die Roland Happersberger gerne zu Gast hatten. Und das, obwohl er ein kritischer Geist war, der sich nicht mit Oberflächlichkeiten aufhielt, sondern durchaus auch in der Lage war, einen flammenden Verriss zu schreiben. Dabei war er stets fair – darauf konnte man sich verlassen.

Das galt auch für die leidenschaftlichen Diskussionen, die man sich mit Roland liefern konnte. Mit ihm konnte man wunderbar diskutieren, auch streiten. Nicht nur diese Gespräche über Gott und die Welt mit Happi, werden uns schmerzlich fehlen. Das sieht auch die Grünstadter Lokalchefin Kathrin Schnurrer so, die ebenfalls gut mit Roland politisieren konnte, über alles, aber vor allem die Zukunft der Zeitung und der katholischen Kirche sprach, in der er so verwurzelt und aktiv war. „Und wenn man nach einem langen Gespräch zu Ende kam, bedankte er sich auf seine Art: Des wohr jetzt richtig schee“, so Schnurrer.

Das Café Rialto als Lieblingsort

Die Corona-Pandemie hat Rolands Leben eingeschränkt, sagt sie: „Er, der so gerne auf Konzerte und ins Rialto ging, der die Gesellschaft schätzte und pflegte, musste plötzlich zu Hause bleiben. Das ist ihm schwergefallen, weil es seinem Naturell widersprach.“ Zumal Roland nie einen ausgeprägten Sinn fürs Digitale hatte, weil er sein Leben lieber in der analogen Wirklichkeit führte. Darüber schrieb er einen herrlich selbstironischen Text mit dem schönen Titel ,Brief aus Hettenleidelheim’.“

Auch Kollegin Anja Benndorf ist bestürzt: „Von einer Sekunde auf die andere ist dieses Unikum, dieser fleißige, zuverlässige und kompetente Kollege mit diesem ganz besonderen Schreibstil, der eine echte Fangemeinde hatte, nicht mehr auf dieser Welt. Eine Welt, die sich so gar nicht in seinem Sinn verändert hat. Bestimmt ist der tiefgläubige Christ jetzt an einem Ort, an dem es ihm gefällt. An einem seiner Lieblingsorte auf Erden, dem Café Rialto, habe ich das letzte Gespräch mit ihm geführt. Mach’s gut, Roland!“

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