Donnersbergkreis „Hallo Jungs, nicht unter sich gucken“

„Und Jetzt dürft Ihr mich alle anlächeln“, strahlt Jolanthe Seidel-Zimmermann in den Chor hinein, der sich gerade zum Einsingen durch die Tonarten arbeitet – es geht eben nicht nur um die sauberen Töne. Es geht auch um die Gesten, um den Kontakt zum Publikum. Vor allem dann, wenn es nach dem „Einpauken“ ums Inhaltliche geht, um die Stücke eben, die an diesem Tag geübt werden.

Und das schließt sich gleich an bei der Probe des Ensembles Blaues Haus in dem Raum, dessen Namen es trägt. „Ich brauche keine Millionen“, stimmen die sieben Ensemblemitglieder flott an. Am Piano sprüht nun Valery Rüb mit leichter Hand die zündenden musikalischen Funken ein, die gleich auf die Gruppe rund um den Flügel überspringen. „Hallo Jungs - nicht unter sich gucken!“, mahnt Jolanthe Seidel-Zimmermann die drei Männer dazu, den Blick vom Notenblatt zu heben. Später leiht Jürgen Mangold Milchmann Tevje seine Stimme und träumt am Flügel: „Wenn ich einmal reich wär“, die Ensembleleiterin als Taktgeberin unmittelbar vor Augen. Dass es insgesamt ums liebe Geld geht, wird vollends klar, als die unverwüstliche „Wir steigern das Brutto-Sozialprodukt“-Nummer auf dem Probenplan steht mit Franziska Tauber als temperamentvoller Solistin – rhythmisches Klatschen gibt Takt und Tempo vor und wird geübt. „Geld ist eine verdammte Sache“: So heißt die kleine Revue, die das Ensemble am kommenden Freitag zur Kulturnacht vorm Residenzfest an passendem Ort, der Sparkasse in Kibo, aufführen wird. Jolanthe Seidel-Zimmermann hat das Ensemble aus der Taufe gehoben und leitet es bis heute. Die Wurzeln liegen in der früheren Musical-Gruppe, die sie aus dem Kreis ihrer Gesangsschüler bei der Kreismusikschule um sich geschart und unterrichtet hat auch in den zusätzlichen Fertigkeiten wie Slapstick, Jazztanz oder musicalwirksamem Bewegen – Dinge, die sie selbst studiert hat. Schon nach einem Jahr war das Ensemble reif für den ersten Auftritt Anfang der 90er Jahre. „Das war damals in der Kirche in Albisheim“, erinnert sich die Ensembleleiterin mit Dankbarkeit gegenüber dem damaligen Albisheimer Pfarrer und späteren Dekan Rüdiger Unger, der diesen ersten Auftritt an diesem ungewöhnlichen Ort ermöglicht hatte. Viele weitere gefeierte Auftritte der Truppe bei unterschiedlichsten Anlässen folgten. Damals sei sie, wie sie erzählt, noch mit einer halben Stelle in der Sparkasse Donnersberg für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit tätig gewesen. Landrat Werner habe – zuvor hatte die Truppe mit einer „Dschungelbuch“-Produktion großen Erfolg – die Idee gehabt, dem Ensemble im früheren Kinogebäude der US-Siedlung auf dem Weierhof, die von der Sparkasse damals in einem Konversionsprojekt in den heutigen Wohnpark Weierhof umgestaltet wurde, eine eigene Bühne zu schaffen. 1998 entstand daraus, finanziert durch die Sparkasse, das Blaue Haus, seither Heimstatt des Ensembles und darüber hinaus rege genutzte Kleinkunstbühne für viele auch prominente Gastkünstler. Der Sparkasse, die die Räume als Besitzerin dem ebenfalls 1998 begründeten Verein „Theater Blaues Haus“ als Träger zur Verfügung stellt, fühlt man sich weiterhin verbunden, wie die jährliche Revue bei der Kulturnacht in der Schalterhalle belegt. Frech sollen die Revuen sein und kritisch gegenüber dem politischen Zeitgeschehen, betont die Ensembleleiterin. Das Motto der Revuen gebe sie vor, die Ohrfeige für die Politik ist immer dabei. Die Programme trugen Titel wie „Wir fallen aus dem Rahmen“ (2010), „Non(n)sense“ (2006), einmal gab es auch eine Männerproduktion zum Weltfrauentag („Wir brechen die Herzen der stolzesten Frauen“, 2002). Geschöpft wird aus dem reichen Fundus an Couplets, Kabarettnummern, politisch-satirischem Liedgut – auch die „Dreigroschenoper“ und ein Jacques-Brel-Abend waren mal im Programm. Von jeder Revue, für die gut ein halbes Jahr geprobt werden muss, gibt es fünf Aufführungen im Jahresverlauf. Hinzu kommen die kleineren Programme für die Kulturnacht, in der Regel mit Auszügen der größeren Produktionen. Und einmal im Jahr organisiert das Ensemble einen Klassikabend, verbunden mit literarischen Lesungen. Geprobt wird meist zur Musik vom Band, einmal im Monat steht ein Pianist zur Verfügung, seit kurzem kann Seidel-Zimmermann außer auf Valery Rüb auch auf Ariane Haneke zurückgreifen, die in der Kreismusikschule Klavier und musikalische Früherziehung unterrichtet. Das Ensemble arbeite projektbezogen, wobei sie auf viele Mitstreiter zurückgreifen könne, die mal bei einer Produktion dabei sind, mal auch länger pausieren. Als harten Kern listet die Ensembleleiterin Ruth Leyendecker, Eva Mittrücker-Suchomelli, Janine Werner, Franziska Tauber, Gerlinde Schmitt, Jürgen Mangold, Bernhard Lenhart, Rolf Rinnert und Lorenzo von Neumann-Cosel auf. Dankbar ist sie für die Unterstützung durch die „Brücke“, die bei Bühnenbildern und Requisiten ihre helfenden Hände leiht. Jolanthe Seidel-Zimmermann, die aus Danzig stammt und dort Gesang, Geige, Klavier und musical-wirksames Bewegen studiert hat, ist mit dem Musiktheater aufgewachsen. Musik und Literatur seien für sie vor dem Hintergrund einer schwierigen Kindheit geradezu Lebensretter gewesen, betont sie ihre tiefe Verbundenheit mit diesen Kunstzweigen. Seit 1986 gehört Jolanthe Seidel-Zimmermann, die in Kaiserslautern lebt, als Gesangslehrerin der Kreismusikschule an, die sie seit gut zehn Jahren als Nachfolgerin von Wendelin Krill leitet.

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