Donnersbergkreis Geschichtsreise mit Urlaubsgefühlen

Unterwegs auf der Moschellandsburg: (Nicht nur) zu deren Geschichte kennt sich Stadtführer Gerd Kunz (vorn) bestens aus.
Unterwegs auf der Moschellandsburg: (Nicht nur) zu deren Geschichte kennt sich Stadtführer Gerd Kunz (vorn) bestens aus.

«OBERMOSCHEL.» Es war eine hochinteressante, spannende Reise in die Geschichte – der Moschellandsburg, des Bergbaus in Obermoschel, in die Welt der Radios, in die Geschichte der Firma Keiper, heute Adient, und in die Welt der Weine. Kurzum: Die gestrige RHEINPFALZ-Wanderung von der Landsburg bis nach Obermoschel hatte einiges zu bieten. Und viele beeindruckte, aber auch dankbare Teilnehmer hinterlassen.

Eigentlich bräuchte man nur die Augen zu schließen und zu den Worten von Gerd Kunz noch etwas Vorstellungskraft – schon wäre man in diesem Moment im Jahr 1150. Die Zeit, in der die Moschellandsburg errichtet wurde. „Eine simple Balkenburg. Drei Burgmänner sollten überprüfen, wer sich im unteren Bereich bewegt“, erzählt Stadtführer Gerd Kunz. Er ist ein wandelndes Geschichtsbuch. Und das ist wunderbar. Ausführlich berichtet er den rund 30 Teilnehmern der Wanderung, wie in mehreren Schritten aus einer kleinen Burg ein Schloss wurde. Aber auch, wie dieses im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 durch die Franzosen zerstört wurde und seit dieser Zeit eine Ruine ist. Eine mit vielen Geschichten. Etwa die, dass „viele Häuser in Obermoschel mit den alten Burgsteinen gebaut worden sind“, wie Kunz erzählt. Über 100 Meter lang und 60 Meter breit ist die Anlage. Burg und Stadt waren im Mittelalter eine bedeutende Abbaustätte von Erzen wie Quecksilber. Es gab hier oben Obstgärten und Weinberge, Reitstall, einen Wassergraben und Zugbrücke – und noch heute ist das Wappen der Veldenzer zu sehen. Hier oben wurden auch Teile des Films „Der Schinderhannes“ gedreht. So manche Besucher staunen nicht schlecht, als ihnen Kunz zwei ehemalige Gefängniszellen zeigt. Heute wird die Burg auch gerne für Feste wie Hochzeiten gemietet, berichtet Arno Mohr, ehemaliger Bürgermeister der Verbandsgemeinde Alsenz-Obermoschel und Mitarbeiter der RHEINPFALZ, der die Wandertour mit viel Herzblut organisiert hat und die Teilnehmer aus vielen Teilen des Kreises mit Kunz so informativ über die Strecke führt. Mohr berichtet auch von dem regelmäßigen Mittelalterfest auf der Burg, das Tausende von Besucher anlockt, und davon, dass Obermoschel, die kleinste pfälzische Stadt, sehr gut aufgestellt ist, was die Ärzteversorgung betrifft. Weiter geht es im Schatten auf dem Geo-Kultur-Pfad. Vor rund 20 Jahren wurde dieser errichtet. „Damit möchte man die Jugend näher an die Kultur bringen und mit dem Bergbau vertraut machen“, so Kunz. An etwa 30 interaktiven Stationen gibt’s Informationen zur Region, zu Natur und Umwelt. Und auch so einiges zum Mitmachen, etwa beim Waldxylophon. Und Ricardo, der jüngste Teilnehmer der Tour, testet mit Begeisterung die Seilbahn aus. Weiter unten berichtet Kunz nicht nur über das Bet- und Zechenhaus oder die Freilichtbühne, sondern auch über die sogenannte „Speyerer Weitung“. Ein Stollen, in dem sich ein kleiner See befindet und der bis hinter den Sportplatz verläuft. Vorbei geht es an der Wetterstation auf den Marktplatz, wo nicht nur Fleischkäsbrötchen und Getränke für eine Rast am Brunnen warten, sondern auch Musik des von Hermann und seiner Frau Isolde Nagel mit viel Liebe betriebenen Radiomuseums ertönt. Und darin geraten so manche Gäste wieder ins Staunen. „Seit meiner Kindheit habe ich mit Radios zu tun“, erzählt Nagel. Seit zehn Jahren gibt es das Museum. „Ich kann Radios wieder so machen, dass sie schön sind. Man hat wieder Freude daran.“ Das ist unverkennbar, wenn er beispielsweise einen Reichsgroschen in einen Schallplattenapparat wirft und Musik ertönt, oder wenn er demonstriert, wie gut der Klang eines Radios aus dem Jahr 1955 ist. Auch antike Telefone präsentiert er den Gästen. Wenige Meter weiter hat Stadtbeigeordneter Erwin Heger bereits die Fenster des Keiper-Hauses geöffnet. Dort kam 1881 Fritz Keiper, der Gründer des Automobilzulieferers Keiper, zur Welt. Das Gebäude – früher die väterliche Schmiede samt Wohnhaus – wurde zurückgekauft, aufwendig saniert und ist heute ein Schmuckstück. Dort gibt Gerd Kunz einen Einblick in die Firmenentwicklung. Nur wenige Meter weiter geht es für die Gruppe in die Welt des Weins – im wunderbaren Weinpark des seit 1753 bestehenden Weingutes Schmidt. Dort ist mit Sebastian Schmidt bereits die achte Generation tätig. Der Nachwuchswinzer hat zudem das Obermoscheler Weingut Wolf und Guth übernommen, schenkt – mit Unterstützung von Mohr und Stadtbürgermeister Holger Weirich – bei einer Probe einen Flo-Secco und einen Grauen Burgunder des Weingutes Schmidt sowie einen Spätburgunder Blanc De Noirs und einen trockenen Riesling von Wolf und Guth ein, gibt fachkundig dazu Auskunft und nimmt die Teilnehmer der Lesertour sogar mit zur Abfüllung. „Der Grundstein ist der Weinberg. Je besser dort gearbeitet wird, umso weniger Arbeit hat man im Keller“, erzählt Schmidt. Der Applaus der Teilnehmer am Ende der Tour ist groß. Diese werden von Arno Mohr sogar mit Traktor und Hänger zu den Autos am Sportplatz chauffiert. Und wie sagt einer der Wanderer so schön: „Das war heute wie ein Tag im Urlaub.“ Info Das Radiomuseum Nordpfalz am Obermoscheler Marktplatz hat am zweiten Sonntag im Monat von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter www.radiomuseum-nordpfalz.de

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