Donnersbergkreis Geschehenes als Warnung und Mahnung

Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald setzte sich auch kritisch mit der heutigen Zeit auseinander, in der Rassismus und National
Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald setzte sich auch kritisch mit der heutigen Zeit auseinander, in der Rassismus und Nationalismus noch immer existierten.

Das kalte Regenwetter hielt sie nicht ab: Etwa 70 Besucher ließen es sich am Sonntag nicht nehmen, am Rockenhausener Rathaus der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Dass das Thema Antisemitismus heute noch aktuell ist, betonte Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald: „Heute muten die Ereignisse in jener Zeit der Naziherrschaft geradezu surrealistisch und unwirklich an, aber es gibt sie wieder in Deutschland, die Nationalisten und Rassisten, die antisemitische Parolen verkünden und eine Partei, die damit auf Stimmenfang geht.“

„Schonzeit vorbei.“ So lautet der Titel des Buches der Autorin Juna Grossmann, einer Deutschen jüdischen Glaubens, die im Jüdischen Museum in Berlin arbeitet. In ihrem Buch berichtet Grossmann, wie direkt und aggressiv heute wieder Antisemitismus in Wort und Schrift geäußert wird. Ein Thema, auf das Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald in seiner Rede einging. Er berichtete von seinem Besuch in Gurs, wo er auch am Grab von Heinrich Dreyfuß aus Rockenhausen stand, der bereits kurz nach seiner Deportation im Jahre 1940 starb. Dreyfus habe die fürchterlichen Verhältnisse im Lager Gurs nicht lange überlebt – „so wie 3000 andere auch, die dort auf diesem Friedhof begraben wurden. Nur wenige konnten aus dieser ’Vorhölle’ flüchten und auch nur dann, wenn sie Hilfe von außen bekamen. Die meisten wurden schließlich nach Auschwitz in Polen verfrachtet und dort umgebracht“, erinnerte Seebald. Mehr als sechs Millionen jüdische Menschen wurden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet. „Und da spricht der Vorsitzende einer Partei im Deutschen Bundestag von dieser Zeit als von einem Mückenschiss der Geschichte. Aber solche Leute werden heute wieder gewählt! Uns dagegen sollte diese Zeit eine Mahnung sein und uns immer wieder daran erinnern, wozu Menschen fähig sind“, sagte Seebald und bedankte sich besonders bei den Veranstaltern der Gedenkfeier, der Protestantischen Kirchengemeinde, der Integrierten Gesamtschule Rockenhausen, dem Arbeitskreis Aktiv gegen Rechts im Donnersbergkreis und bei Uta und Uwe Christiansen, die die Gedenkfeier an der Gedenktafel im Hof des Rathauses in Rockenhausen musikalisch umrahmten. Sein besonderer Dank galt den Besuchern, die wieder zu der Gedenkveranstaltung gekommen waren. Diese erinnerte an den 27. Januar 1945, als die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz erreichte. Den Soldaten habe sich ein grauenhaftes Bild geboten: „Nur etwa 7000 Häftlinge in den drei Komplexen des größten deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers waren noch am Leben, die meisten von ihnen Elendsgestalten, die zu krank oder zu schwach für den Marsch in die Lager im Westen waren – fort von der näherrückenden Front.“ Selina Bauer, Lena Schäffler, Viviane Reiser und Kristina Müller von der IGS Rockenhausen erinnerten in ihren Lesebeiträgen an das Leiden und Sterben von Millionen Deutschen jüdischen Glaubens während der NS-Zeit. Für viele der wenigen, die damals in Auschwitz befreit wurden, sei jede Hilfe zu spät gekommen. Sie starben an den Folgen von Erschöpfung, Hunger oder Krankheit. Viele Überlebende blieben bis an ihr Lebensende gebrochene Menschen. Auch die West-Alliierten stießen bei ihrem Vormarsch auf Konzentrationslager. Mit ihnen kamen die Fotografen. Ihre Bilder und Filme machten die Existenz und den Schrecken der Lager weltweit bekannt – auch in Deutschland, wo viele persönlich betroffen waren. Eine Aufarbeitung der Verbrechen blieb aber zunächst aus. Die Schüler schlossen ihre Lesung mit einem Appell: „Und auch wir stehen heute wieder hier, um der Menschen zu gedenken, die durch Inhumanität, Verblendung, Hass und Mordlust getötet wurden. Gerade in Zeiten, in denen Thesen, Phrasen und Wertigkeiten von der damaligen Zeit immer mehr salonfähig werden, ist es erstens unsere Aufgabe, das Geschehene immer wieder als Warnung und gleichzeitig als Mahnung zu verstehen, und zweitens, aus diesen Gegebenheiten humane Werte für die Zukunft weiter zu gestalten.“

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