Donnersbergkreis Es qualmt aus Rennöfen und Tiegeln

Heißes Hobby: Romain Bohr (links) und Olaf Kunz arbeiten bei sommerlicher Hitze am Rennofen.
Heißes Hobby: Romain Bohr (links) und Olaf Kunz arbeiten bei sommerlicher Hitze am Rennofen.

Pascal Kettner pumpt und pumpt. Mike Rienkens löst ihn ab. Es kostet viel Mühe, mit einem Blasebalg dem kleinen Tiegel mit Kupfer so viel Luft zuzufächeln, dass die Glut eine Temperatur von 900 Grad erreicht und das rötliche Metall schmilzt. „Nachher fügen wir noch Zinn dazu“, erläutert Kettner die Bronzeherstellung wie vor 2000 Jahren. Über Pfingsten wurden beim Metallurgie-Symposium im Römischen Vicus in Eisenberg die alten Verfahren ausprobiert.

Aus den praktischen Erfahrungen können wertvolle Rückschlüsse gezogen werden, mit denen man sich dem historisch oft nur lückenhaft belegten tatsächlichen Vorgehen Stück für Stück annähern kann. Kettner legt frische Kohle auf. „Ich möchte meiner Tochter ein Amulett mit einem Pentagramm gießen“, erzählt Charlie Burkardt, „und meine Schwester hat sich einen Riemenverteiler für den Pferdehalfter gewünscht.“ Ein paar Meter weiter qualmen zwei aus Lehm gebaute Rennöfen, wo eine Gruppe Männer emsig beschäftigt ist. Sie kommen von überall her, verabredet wird sich übers Internet. „Wir müssen eine Hitze von 1150 Grad erzeugen, damit die nichtmetallische Substanz im Eisenerz schmilzt und abfließt“, erläutert der Mainzer Olaf Kunz. Die aus dem Ofen rinnende (daher der Name Rennofen) Schlacke enthalte noch rund 65 Prozent Eisenoxid, informiert Romain Bohr, der aus Luxemburg angereist ist. „Dafür haben wir dann aber ein Metall, das mit dem Schmiedehammer bearbeitet werden kann“, erklärt der Maschinenschlosser, der auch im Stahlwerk gearbeitet hat. Gusseisen wird in Hochöfen mit deutlich höheren Temperaturen hergestellt, wobei in der Schlacke so gut wie keine Eisenpartikel mehr zu finden sind. „Hier war 500 Jahre lang ein Zentrum der Eisenverarbeitung der Römer“, berichtet Ulrich Himmelmann, Leiter der Landesarchäologie-Außenstelle Speyer, einigen Interessierten bei einer kleinen Führung über die Ausgrabungsstätte. Mitte der 1990er Jahre habe er als Student mitgebuddelt. „Riesige Mengen Schlacke sind in diesem Bereich gefunden worden, aber noch immer keine Öfen in der dazu passenden Größe“, so Himmelmann, der seine Doktorarbeit über die Parzellen zweier freigelegter Streifenhäuser geschrieben hat. Die langgestreckten, rechteckigen, meist zweistöckigen Gebäude hätten oft zur Straße hin Geschäftsräume gehabt und hinten die Wohnungen. „Sie waren mit Fußbodenheizung ausgestattet und mit Wandmalereien verziert“, sagt der Archäologe. 22 Parzellen seien inzwischen ausgegraben, von mindestens 15 weiteren wisse man durch Luftaufnahmen. „Hier war eine Festung“, zeigt er einen Teil des Burgus, wo über die Sommermonate Lehrgrabungen mit der Universität Heidelberg stattfinden. „Sehen Sie die geraden Linien, wo das Gras so schlecht wächst?“ fragt er seine Zuhörer. Dort lägen dicht unter der Erdoberfläche Mauerreste der Festung, die Kaiser Valentinian I. um 370 errichtet habe. Rätsel gebe das Skelett eines etwa 25-jährigen Mannes auf, das vergangenen Herbst innerhalb der Mauern entdeckt worden ist (wir berichteten). „Die Römer haben Tote grundsätzlich außerhalb ihrer Siedlungen begraben“, so Himmelmann. Zumindest darüber, wie dieser Mensch gestorben ist und warum sein Körper übel zugerichtet worden ist, erhoffe man sich demnächst Aufschlüsse: „Anthropologen und Kriminalisten gehen der Sache derzeit auf den Grund.“ Wie weit die Ausgrabungen in Eisenberg wohl fortgeschritten sein werden, wenn Himmelmann pensioniert wird, möchte der Grünstadter Siegfried Zimmermann wissen. „Ich will bis dahin so wenig wie möglich freilegen“, sagt der Archäologe. Denn im Boden sei das Kulturerbe unter Sauerstoffabschluss gut konserviert. „Bei dem ersten Vortrag heute Morgen habe ich erfahren, dass hier auch ein Keramikofen gefunden wurde“, erzählt eine Frau am Kuchenstand, wo Selbstgebackenes zugunsten des Fördervereins Römischer Vicus verkauft wird. Zwischen Schmelztiegelfragmenten und Schlackenproben liegt auch ein kleines Büchlein mit Rezepten von anno dazumal, das ebenfalls erworben werden kann. In einem Zelt referiert gerade wieder ein Experte über ein metallgeschichtliches Thema und kann sich dabei über ein erstaunlich großes Publikum freuen. Dagegen fertigt Toni Wolmiringer, der in keltischer Kleidung aus gewalkter Wolle steckt, nahezu unbeachtet Fibeln und Ringe aus Kupfer an. Mit vier Gleichgesinnten ist er aus dem Saarland gekommen, um den Förderverein bei seiner Veranstaltung zu unterstützen. Ähnliches ist von Maria Castka aus Speyer zu hören, die Schmuck herstellt, den sie teilweise emailliert. Inzwischen hat Teofanis Polichroniadis-Fleig aus Schwetzingen beschlossen, dass in seinem Rennofen genügend schmiedbares Eisen entstanden sein muss. Er schlägt mit dem Hammer ein Loch hinein, sodass die Schlacke abfließen kann. Gemeinsam mit Reza Mohammadi, Bohr und Kunz holt er die glühenden Klumpen heraus. Groß ist die Ausbeute nicht. Romain Bohr sagt: „Eisen war früher eine teure Handelsware. Darum wurden Kriege geführt.“

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