Donnersbergkreis Erkennungsmarken oder DNA-Abgleich

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„Wir sind zunächst Inspektor Columbo, ein Ermittler, der viele Puzzle-Teile zur Lösung des Falls verbinden muss. Dann Dr. Quincy, der als Gerichtsmediziner auch die kleinsten Kleinigkeiten der Toten untersucht. Und dann sind wir aber auch ein bisschen Indiana Jones, so eine Art abenteuerlustiger Archäologe, der nicht weiß, was er bei seinen Ausgrabungen findet.“ So beschreibt Uwe Benkel die Arbeit eines Vermisstenforschers. Und Benkel muss es wissen: Der 55-Jährige aus Heltersberg bei Kaiserslautern hat in den vergangenen 26 Jahren über 140 im Zweiten Weltkrieg abgestürzte Flugzeuge und 50 tote Piloten der Alliierten und der deutschen Luftwaffe geborgen. Bei den Briten hat ihm das den Namen „The Legend“, die Legende, eingebracht, bei den Amerikanern heißt er nach einem Zeitungsartikel nur noch „bones-collector“, also „Knochensammler“. So falsch liegen die Amerikaner damit nicht. Denn wenn’s darum geht, die sterblichen Überreste per Hand zu bergen, ist das Chefsache. Zum einen, weil wegen des hochtoxischen Leichengiftes äußerste Vorsicht geboten ist. Zum anderen, weil das Bergen der unterschiedlich stark verwesten Leichen eine psychischen Belastung ist. Helfer braucht der „Knochensammler“ allerdings auch. Weltweit sind es über 800 Personen, die ihm bei der Recherche helfen, mögliche Verwandte der Toten ausfindig machen oder Kontakte zu Behörden herstellen. Im Leiningerland ist Michael Christian aus Bockenheim der verlängerte Arm von Benkel. Der 49-Jährige hat nun erste Gespräche geführt, um die notwendigen Genehmigungen für die Exhumierung der beiden unbekannten Flieger auf dem Grünstadter Friedhof zu erhalten. Benkel und Christian sehen bei einer Exhumierung der beiden Piloten sehr gute Chancen einer nachträglichen Identifizierung, obwohl die Flieger damals verbrannt sind: „Zeitzeugen haben berichtet, dass die Piloten – vermutlich auch um sich den schlimmen Anblick der verbrannten Leichen zu ersparen – in ihre Fallschirme eingewickelt und begraben wurden. Auch Stadthistoriker Walter Lampert hat das in seinen Büchern so beschrieben. Die Wahrscheinlichkeit ist damit groß, dass den Beiden die Erkennungsmarken nicht abgenommen wurden. Und: Die Blechmarken überstehen auch große Hitze, die persönlichen Daten könnten noch zu erkennen sein.“ Mit denen wäre es ein leichtes, die Toten über die Personenkartei der deutschen Wehrmacht zu identifizieren. Aber selbst wenn bei einer Exhumierung keine Erkennungsmarken gefunden werden, stehen die Chancen nicht schlecht, dass die unbekannten Soldaten ihre Namen erhalten. Denn am 16. Januar 1945, an dem Tag, als bei Luftkämpfen über Grünstadt zwei Jagdflieger abgeschossen wurden und an der Autobahn zerschellten und ausbrannten, wurden zwei Piloten eines hier eingesetzten Geschwaders als vermisst gemeldet: die Flugzeugführer Rudolf Kunze aus Stuttgart und Gerhard Hentschel aus Berlin. Dann müssten die Vermisstenforscher im Stil von Columbo Nachfahren von Kunze und Hentschel ausfindig machen, die eine Haarprobe für einen DNA-Vergleich abgeben. Denn Benkel sieht gute Chancen, dass die DNA der Toten bestimmt werden kann. Zur Bestimmung brauchen die Quincys nämlich nach 70 Jahren der Verwesung starke Knochen. Benkel: „Da die Piloten in ihre Fallschirme gewickelt wurden, kamen sie nicht direkt mit dem Erdreich in Kontakt, weshalb der Zersetzungsprozess der Knochen wohl noch nicht so weit fortgeschritten ist.“ Beim Bergen der sterblichen Überreste ist dann Indiana Jones gefordert. Zuerst einmal muss aber Christian die Genehmigungen für eine Exhumierung der beiden – noch– unbekannten Soldaten einholen. Und dann sind die Vermisstenforscher auch auf die Mithilfe vor Ort angewiesen. Benkel: „Bislang war es allerdings kein Problem, zum Beispiel Firmen zu finden, die einen kleinen Bagger zur Verfügung stellen.“ Denkbar wäre zudem, dass der Geschichtskurs einer Schule aus unserer Region die unterschiedlichen Schritte zur Identifizierung der Piloten begleitet. Auch damit hat Benkel schon sehr gute Erfahrungen gemacht. „Vielen Jugendlichen wird da erst bewusst, dass der Krieg mit all seinen Schrecken hier vor unserer Haustür getobt hat.“ Neben Columbo, Quincy und Indiana Jones ist ein Vermisstenforscher auch ein bisschen Guido Knopp, legendärer Historiker der Fernsehreihe „ZDF-History“.

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