Donnersbergkreis Eine rasante Mischung

Sie darf natürlich nicht fehlen: Margit Sponheimer.
Sie darf natürlich nicht fehlen: Margit Sponheimer.

«Mainz.» „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht.“ Vier Stunden lang fahren die Mainzer Narren am heutigen Freitag ab 20.15 Uhr vor Fasnacht auf, was die Kampagne zu bieten hat. Heraus kommt in diesem Jahr eine rasante Mischung.

Seit 1973 wird die älteste aller Fernsehsitzungen im Wechsel von SWR und ZDF ausgetragen, in diesem Jahr ist das Zweite Deutsche Fernsehen an der Reihe. Und das setzt auf eine bunte Mischung aus traditionellen Elementen und frischen, neuen Gesichtern: Da gibt die junge Band „Handkäs und sei Musigg“ um Frontmann Oliver Wiesmann mit einer Swing-angehauchten Rosenmontags-Hommage ihren Einstand auf der großen Fernsehbühne. Der Sohn des bekannten Stimmungsredners Jürgen Wiesmann lässt kurz aufblitzen, was der Nachwuchs in der Mainzer Fasnacht inzwischen alles an kreativem Potenzial bereit hält – die Mainzer Fastnacht hat musikalisch längst stark aufgeholt. Das zeigt auch erneut Oliver Mager, einer der Stars der Szene: Zurück nach einer Fasnachts-Auszeit bringt Mager gleich zu Beginn der Sitzung nach dem Ausmarsch der Garden den Saal auf närrische Betriebstemperatur. Danach folgt Friedrich Hofmann liest, der als „Till“ von der Reichstagskuppel aus der Politik die Leviten liest. Im vergangenen Jahr gab der SWR noch Protokoller Erhard Grom den Vorzug, die Pause hat dem „Till“ offenbar gut getan: Mit geschliffenen Reimen gibt der Eulenspiegel den Politikern saftige Kritik mit und seziert höchst aktuell die GroKo-Verhandlungen. Wie schon im Vorjahr, so wird auch anno 2018 die Demokratie aus der Narrenbütt verteidigt: „Unser wichtigstes Gut, vergesst das nie, das sind Freiheit und Demokratie“, mahnt Obermessdiener Andreas Schmitt am Ende aus der Bütt. Schmitt, der auch wieder souverän als Sitzungspräsident durch die Sendung führt, erinnert auch an die Drohbriefe und Hassmails, die er wegen seiner Verse über die AfD noch immer bekommt, und verspricht: „Viele haben das Hakenkreuz im Stempel, und dieses Bagage jagen wir aus dem Tempel!“ Um die politischen Redner herum gruppiert das ZDF die traditionellen Kokolores-Redner. Von Jürgen Wiesmann über „Polizist“ Alexander Leber bis hin zu „Bio-Lehrer“ Detlev Schönauer ist da viel von Nostalgie und der guten alten Zeit mit analogen Telefonen und Facebook-Skepsis die Rede. Und manch Witz geht ausgerechnet in Zeiten der Metoo-Debatte gehörig unter die Gürtellinie – braucht man wirklich noch Witze über wuchernde weibliche Achselhaare? Selbst die einzige Frau in der Bütt, Sabine Pelz, kommt ohne solche Kalauer nicht aus, dabei hätte die Chefhostess das gar nicht nötig: Grandios nimmt die Rednerin das marode Mainzer Rathaus samt Politik auseinander. Für den emotionalen Höhepunkt aber sorgt nach gut zwei Stunden eine Ikone der Mainzer Fasnacht: Margit Sponheimer bringt mit einem Medley ihrer größten Hits den Saal zum Beben und beweist erneut, warum die gerade 75 Jahre alt gewordene, frisch gebackene Ehrenbürgerin von Mainz noch immer zutiefst verehrt wird. Dann singt „Es Margittsche“ auch noch als Zugabe das Lied, das ihr Toni Hämmerle einst auf den Leib schrieb, und sorgt für einen großen Gänsehaut-Moment.

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