Donnersbergkreis Ein Leben in der Musik

BOLANDEN. Hochkarätige Solistenkonzerte oder virtuose Wiener Kaffeehausmusik: Seit Jahren zieren sie im Sommer als fein geschliffene Klangjuwelen das Jahresprogramm des Bolander Heimatvereins. Am Sonntag steht das nächste an, unter dem Titel „Duettissimo“ werden in der Klosterkirche Hane Duette, Lieder und Violinwerke von Dvorak bis Paul Lincke gespielt. Es ist ein besonderes Konzert, denn der Mann hinter diesen Produktionen will sich damit gewissermaßen vom Bolander Publikum verabschieden: Klaus Hammann.

Vom Konzertgeschehen wolle er sich nun zurückziehen, „ich will nur noch kleinere Sachen machen“, sagt der 76-jährige Bolander im Gespräch in seinem Wohnzimmer, das beherrscht wird vom Steinway-Flügel und Regalen voller Noten und Schallplatten. Das Ambiente unterstreicht, was im Gespräch fühlbar wird: Klaus Hammann führt ein Leben ganz in der Musik. Viel hat er zu erzählen von Konzerten, von seinen Ensembles, auch von Begegnungen etwa mit Albert Schweitzer oder Leonard Bernstein, die ihm die Musik ermöglicht hat. Auch wenn der größte Teil der künstlerischen Biografie Hammanns ihr Zentrum in der Vorderpfalz hat, vor allem in Ludwigshafen, wo er als Musiklehrer, Chorleiter und Kirchenmusiker gewirkt hat, so ist sie doch in Bolanden verwurzelt. Hier ist er aufgewachsen, hier hat er bei Lydia Haury Klavier- und bei Johannes Pröger Orgelspielen gelernt und im benachbarten Kibo das Nordpfalzgymnasium besucht. Der vor zwei Jahren verstorbene Wolfgang Bauer, der das Musikleben der Region jahrzehntelang geprägt hat, war Klassenkamerad Hammanns. Beide profitierten vom Üben des Vom-Blatt-Spielens sonntags bei Konzertmeister Fritz Schlarpp. „Da saß ich oft mit der Geige auf dem Fahrrad – und wäre manchmal lieber Fußballspielen gegangen“, erzählt Hammann schmunzelnd. Bauer und er hätten später noch oft zusammengearbeitet. In diese frühe Zeit fiel zudem die kirchenmusikalische Ausbildung bei Landeskirchenmusikdirektor Adolf Graf. Ein erstes Konzert gab Hammann 1956 an der Mozartorgel in der Paulskirche. In die 50er Jahre fiel auch die Begegnung mit Albert Schweitzer. Um die Übergabe einer Spende für das Lambarene-Hospital des Urwald-Doktors mit einem Ständchen zu begleiten, war die evangelische Jugendkantorei unter Adolf Graf, darunter Hammann, mitgereist in Schweitzers elsässische Heimat. „Dafür hat Schweitzer dann für uns in der Dorfkirche eine Stunde Bach auf der Orgel gespielt“, blickt Hammann auf dieses besondere Ereignis zurück. Dem Abitur 1957 folgten das Lehramtsstudium in Kaiserslautern und erste Berufsjahre als Lehrer für Grund- und Hauptschulen in Ludwigshafen. Zugleich ehrenamtlicher Kantor der Friedenskirche, ging er daran, eine Kantorei aufzubauen, aus der sich der Ludwigshafener Motetten-Chor herausbildete. Ein Stipendium ermöglichte das Studium der Musikwissenschaft, Psychologie und Pädagogik in Heidelberg, Klavier und Geige standen neben der Orgel als Instrumente im Mittelpunkt, auch das Dirigieren. In der vorlesungsfreien Zeit blieb Hammann im Schuldienst – immer dort im Einsatz, wo gerade Not am Mann war. Mit den Jahren wuchs das musikalische Engagement. Ergänzt um Kollegen, Kommilitonen und andere gute Stimmen bildete er aus dem Motettenchor 1966 den Südwestdeutschen Kammerchor der Pfälzischen Musikgesellschaft, der sich rasch einen hervorragenden Ruf erarbeiten konnte, in ganz Deutschland auftrat, Tourneen unternahm bis in die USA und im Radio präsent war. „Wir waren sozusagen der Haus-Chor des Südwestfunks“, so Hammann, der auch von gemeinsamen Produktionen mit dem Rundfunkorchester unter Emmerich Smola erzählt. Mitte der 70er Jahre trennte sich der Kammerchor, um 1995 bis etwa 2002 noch mal zu einigen Konzerten zusammenzufinden. „Aber da lebten alle schon über Deutschland verstreut“, auch Alter und Erkrankungen verhinderten, dass sich das aufrechterhalten ließ. Inzwischen war Hammann seit 1971 Musiklehrer am Ludwigshafener Geschwister-Scholl-Gymnasium geworden, an dem er wiederum erfolgreiche Ensembles ins Leben rief, den Mädchenchor, das Jugendbarock-ensemble. Jugend-musiziert-Preise auf Landesebene belegen die Qualität dieser musikpädagogischen Arbeit. Begabte Schüler und Instrumentalisten unter Kollegen, Eltern oder im Bekanntenkreis führte er zusammen zum Ludwigshafener Kammerorchester – mit dem er, wie auch mit anderen seiner Orchester und Chöre, im Kloster Hane auftrat, die Kontakte waren nie abgerissen. Das erfolgreiche Abschneiden des Kammerorchesters bei einem Laienorchesterwettbewerb 1986 war Auslöser der denkwürdigen Begegnung mit Leonard Bernstein, als Leiter des Ensembles war Hammann eingeladen, an einem Lehrgang mit dem Star-Dirigenten in Schleswig-Holstein teilzunehmen. Hammanns musikalisches Spektrum ist in der klassischen Musik weit gefasst und auf keine Epochen festgelegt – und es ist offen für die leichtere Muse, für Operettenmelodien, Potpourries, selbst arrangierte Musicalmelodien bis hin zur gepflegten Fasnachtsunterhaltung. Für sie stehen die Weinheimer Blütensänger, die er von 1978 bis 1989 geleitet hat und als „Gegenentwurf“ zu den Mainzer Höfsängern sehr erfolgreich waren. „Wir sind überall rumgefahren. Jockel Fuchs hat uns mal gehört und angeregt, wir könnten doch mal was zusammen mit den Hofsängern machen“, erzählt Hammann. Bei einem Auftritt in Philippsburg sei dann Ernst Neger aufgetaucht. Auf seine Frage „Habt Ihr keinen Pianisten?“ hat sich Hammann spontan ans Piano gesetzt und ohne Probe die Mainzer Fasnachtslegende begleitet. Für Chorgesang auf hohem Niveau sorgte er als Chorleiter bei Gesangvereinen, vor allem bei der Liedertafel Bad Dürkheim, die er 1989 übernahm. Den Frauenchor der Liedertafel rief er 1993 ins Leben, geleitet wird er seit 2000 von seiner Frau Sieglinde, die als Mezzosopranistin bei vielen seiner Solistenkonzerte zu hören ist. So viel gelebte Musikalität ging auch auf die Kinder über, die Töchter Carolin und Isabelle – und besonders nachhaltig auf Sohn Jörg, der heute beim London Symphony Orchestra erste Geige spielt. Seit der Pensionierung 2002 lebt Hammann mit seiner Frau wieder in Bolanden in seinem Elternhaus. Dass die Zentren des Musiklebens nun etwas ferner liegen, stört ihn wenig. „In der Stadtwohnung war es immer schwierig, am Flügel zu spielen, ich wollte ja keine Probleme mit den Nachbarn.“ Das sei hier ganz anders. Auch schätze er das Wandern, sagt er und erzählt von Bergtouren und der Bergsteigerei, für die er sich begeistert. Lichte Höhen, schroffe Kämme, milde Täler – wie in der Musik.

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