Donnersbergkreis Ein Geschenk gegen die Einsamkeit im Alter

 Alltagsbegleiter Jonas Gaudeln und Annelie Steinmetz aus Gaugrehweiler vertreiben sich die Zeit beim Spielen.
Alltagsbegleiter Jonas Gaudeln und Annelie Steinmetz aus Gaugrehweiler vertreiben sich die Zeit beim Spielen.

Zeit zu verschenken – ein wunderbarer Gedanke: ein Mensch verbringt ein Stück Lebenszeit mit mir! Eine neu gegründete Gruppe im Donnersbergkreis verschenkt Zeit an Alte und Ältere. Wie kam es dazu? Und wie geht es den Ehrenamtlern mit ihrer neuen Aufgabe?

Einsamkeit ist eine Seuche unserer Zeit. Das ist nicht erst bekannt, seit in Großbritannien die erste Ministerin gegen Einsamkeit im Leben ihrer Mitmenschen kämpft. Simone Keller, examinierte Krankenschwester und vielfach fortgebildete Pflegeberaterin, hat dies in ihrem beruflichen Alltag immer wieder erfahren. Spätestens ihr Wechsel in den Pflegestützpunkt Donnersbergkreis West 2016 hat ihr vor Augen geführt, wie groß das Problem ist.

„Von meinen Klienten, mit denen ich über die Arbeit im Pflegestützpunkt Kontakt hatte, kam regelmäßig: „Ich bin so allein, die Kinder sind so weit weg“ – oder es gab gar keine. Auch fehlende Mobilität ist ein Thema. Der Bekanntenkreis wird kleiner, ein Partner ist nicht da, die körperlichen Kräfte lassen nach und man kann einfach nicht mehr so aktiv am Leben teilnehmen. „Da wird ein Tag sehr lang!“ So schrieb sie kurzentschlossen an die Kirchengemeinden in ihrem Beratungsgebiet – und erhielt Antwort von Gemeindediakon Marvin Sinz von der Diakonie Kirchheimbolanden. Gemeinsam mit Sabrina Garlinski von der Diakonische Beratungsstelle Obermoschel haben sich drei engagierte Initiatoren zusammengefunden, um Abwechslung in das Leben älterer Mitmenschen zu bringen. Zwingend notwendig: ebenso engagierte Ehrenamtler, die sich bereitfinden, regelmäßig Besuche durchzuführen und sich Aktivitäten und Aktionen für „ihre“ Klienten auszudenken. Aktuell sind acht Ehrenamtler an Bord.

Auch die Besucher nehmen etwas mit

Seit Stunde 1 mit dabei ist Jonas Gaudel. Er ist mit seinen 32 Jahren das „Küken“ im Besuchskreis. Per Facebook hat ihn der Aufruf erreicht und er war sofort Feuer und Flamme, hatte er doch schon länger den Gedanken, sich ehrenamtlich zu engagieren. „Mir macht am meisten Spaß, dass ich helfen kann. Ich hatte auch schon mal die Absicht, was im Altersheim zu machen, um die Pflegekräfte zu entlasten. Aber jetzt bin ich bei der Aktion ,Zeit zu verschenken’ – das passt“, sagt er. Er könne gut zuhören und wenn die Besuchspersonen von früher erzählen, dann findet er das interessant. „Man wird auch selbst nicht jünger, da ist es schon gut, sich ein paar Gedanken zu machen, wie das gehen kann“, ist sich der gelernte Tischler der Vorteile bewusst, die sein Ehrenamt für die eigene Lebensplanung bringt. „Durch unsere Whatsapp-Gruppe habe ich zum Beispiel einen Seminar-Termin wahrnehmen können, von dem ich sonst nichts erfahren hätte. Dabei ging es um Ernährung bei Alter und Demenz, da konnte ich auch für mich selbst viel mitnehmen. Und ich habe erfahren, dass ich in diesem Bereich eigentlich auch schon vieles richtig mache“, erklärt der 32-Jährige lachend.

Spielen, vorlesen, erzählen

Die Besuche gestalten die Ehrenamtler gemeinsam mit ihren Besuchspersonen nach deren Wünschen. Mal wird vorgelesen oder gespielt, mal einfach nur erzählt. „Wenn die eigene Familiengeschichte für jemand Neues interessant und zuhörenswert ist, das ist schon ein Höhepunkt!“, erläutert Simone Keller. Und Jonas Gaudel ergänzt: „Letztes Mal habe ich geholfen, die Gardine aufzufädeln, das konnte die Dame alleine einfach nicht. Beim nächsten Treffen im Ehrenamtskreis planen wir einen gemeinsamen Spaziergang mit allen Besuchspersonen.“

Ganz einfach wird es allerdings nicht, sind doch die Klienten des Besuchskreises im Nordpfälzer Bergland weit verstreut angesiedelt. Gestartet in Obermoschel gibt es mittlerweile auch Besuchspaare in Rockenhausen, Steinbach, Unkenbach und Schmitterhof. „Der Bedarf ist auf jeden Fall da. Auch wenn man die Leute direkt ansprechen muss. Es meldet sich keiner von sich aus und sagt: Ich möchte Besuch bekommen“, bekräftigt Initiatorin Keller. „Gerne nehmen wir weitere Ehrenamtler auf. Es muss sich keiner fürchten, dass er überfordert wird. Jeder macht das nach seinen persönlichen Möglichkeiten.“

Die Chemie muss stimmen

Auch Sonja Körper gehört der Aktion an. Die 70-Jährige hat lange als Pflegefachkraft, teilweise auch im Hospiz gearbeitet und bringt Erfahrung mit, die ihr in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit nun von Nutzen ist. „Ich denke, diese Aufgabe kann nicht jeder machen. Entweder man entscheidet sich dafür und steht dahinter oder man lässt das ganz. Die Schweigepflicht ist das A und O, daran muss man sich halten. Und Geduld braucht man.“ Ähnlich wie für Jonas Gaudel schaut sie einmal wöchentlich bei ihren Besuchspersonen in Obermoschel und Unkenbach vorbei. Was macht die Tätigkeit für sie bedeutsam? „Dass die Menschen Abwechslung haben und sich am Leben beteiligen können. Es sind zwar Verwandte vorhanden, aber die Einsamkeit ist groß und ich finde, es ist schon gut, wenn man die Leute aus ihrer Isoliertheit rausholen kann.“ Doch nicht immer ist alles eitel Sonnenschein. „Das ist reine Gefühlssache, ob man ankommt oder nicht“, meint Sonja Körper. Initiatorin Simone Keller weiß um die Problematik: „Wir schauen, dass die Klienten und die Ehrenamtler zusammenpassen. Beim ersten Besuch gehen wir immer mit um das Eis zu brechen, es kommen schließlich zwei fremde Personen zusammen. Wenn wir merken, dass das Gespräch läuft, ziehen wir uns zurück und fragen anschließend nach, wie es gelaufen ist.“

Info

Bei Interesse an eigener Tätigkeit oder daran, Besuch zu empfangen bitte folgende Kontakte nutzen: Simone Keller (06361/4590-739), Sabrina Garlinski (06362/2525) oder Marvin Sinz (06352/6789325).

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