Donnersbergkreis Ein Denkmal für „Unkel Max“

Mit Brotschieber und einer seiner Ziegen: Neben seinem Viehstall an der Moschelbrücke steht das aus rostigem Cortenstahl zugesch
Mit Brotschieber und einer seiner Ziegen: Neben seinem Viehstall an der Moschelbrücke steht das aus rostigem Cortenstahl zugeschnittene Denkmal für Max Handel.

Vor fast 14 Jahren ist Maximilian Handel aus Finkenbach-Gersweiler verstorben. Die Finkenbacher Kinder kennen ihn nur von Erzählungen, denn der „Unkel Max“ – wie er über Generationen liebevoll von den Kleinsten der Gemeinde genannt wurde – war ein Nordpfälzer Original. Deshalb haben ihm Thomas und Sohn Johannes Henrich anlässlich des jüngsten Dorffestes neben seinem geliebten Viehstall an der Moschelbrücke in der Lindenstraße ein Denkmal gesetzt.

Zwei Jahre zuvor hatte Henrich anlässlich dieses Festes eine Umfrage zu einem Denkmal gestartet – mit eindeutiger Resonanz und rund 355 Euro in der Spendendose. Der Grundstein für das „Max-Denkmal“ war gelegt. Der Zustimmung des Gemeinderats folgten weitere Spendensammlungen, Ortsbürgermeister Roland Peukert überreichte den Erlös eines Zwiebelkuchenessens. Die Spendensumme erhöhte sich auf 515 Euro, die Materialkosten von 710 Euro waren zum Großteil gedeckt. Andreas Gebel aus Bad Sobernheim erstellte die Computerdatei für einen Metallaser. Mit diesem wurde die Silhouette von Max mit seinem Brotschieber und einer seiner Ziegen aus rostigem Cortenstahl geschnitten. Thomas Köhler aus Abtweiler fräste die Gesichtszüge nach. Max Handel war der letzte Bäcker im Moscheltal, der traditionell mit Sauerteig gebacken hat. Zeitweise übte der Junggeselle mehrere Berufe auf einmal aus: Bäcker, Gastwirt, Landwirt, Postbote und Versicherungsvertreter. Der 1924 in Weilerbach geborene Lehrersohn wollte eigentlich Tierarzt werden, doch es kam anders: Der Vater wurde mehrfach versetzt, der Junge besuchte Volksschulen in Imsbach, Münchweiler in der Südpfalz und in Finkenbach-Gersweiler. Nach sieben Jahren folgte das altsprachliche Aufbaugymnasium in Speyer, wo er im Kriegsjahr 1942 sein „Notabitur“ ablegte. Nach dem Frontdienst und britischer Gefangenschaft betrug die Wartezeit für das Veterinärmedizinstudium drei Jahre, der Vater war als Beamter NSDAP-Mitglied und folglich suspendiert, und von irgendwas musste man leben – ein Studium unmöglich. Als einzigem männlichen Nachkommen bot sich Max bei seinem Großvater Franz in Finkenbach die Gelegenheit, eine Bäckerlehre zu beginnen. Nach dem Tod des Onkels 1948 setzte Handel die Lehre bei den Pächtern, Bäckermeister Pitz und Haury fort. Es folgte die Meisterprüfung und die Übernahme des Betriebs – einen Schritt, den er nie bereute, wie Max zu Lebzeiten immer wieder beteuerte. Der altdeutsche Steinofen von 1905 war das Herzstück seiner Bäckerei, die aus einer großen Backstube und einem kleinen Nebenraum mit Knetmaschine, Arbeitsfläche und Waage bestand. Gebacken wurde nur an zwei Nachmittagen: mittwochs und samstags – ohne Fertigbackmischungen und großen Schnickschnack. Es gab Brot, Wasser-, Milch- und Viezeweck, Brötchen mit Mohn und Sesam und seine legendären „Kümmelweck“. Auf Sonderbestellung backte er auch Kastenweißbrot, Kranzkuchen und Obstkuchen. Für die Bestellungen hatte sich der Bäcker ein besonderes System ausgedacht: Jeder Stammkunde erhielt zwei Jutebeutel mit seinem Namen. Bei Abholung der Backwaren wurde die leere Tasche auf der Stange des Brotregals platziert und somit die neue Bestellung aufgegeben. Bei der Ausgabe der Waren halfen zwei Frauen aus der Gemeinde. Kam ein Fremder oder Kunde außer der Reihe, wurden aus den vorbestellten Tüten so lange Backwaren entnommen, bis er etwas hatte – nicht selten mit der Bemerkung: „Der bekommt einen Weck weniger, der ist dick genug“ oder „Die hatte erst Geburtstag, sie soll ihren Kuchen essen.“ Auch sonst hatte Max gut zu tun: Die Schankgaststätte öffnete abends und am Sonntagmorgen nur für kurze Zeit. Die Kühe auf der Weide wollten gemolken, Kälbchen und Ziegen im Stall, Katzen, Hund und so mancherlei Geflügel gefüttert sowie der Garten gepflegt und der Haushalt erledigt werden. Die Gasthausbesucher hatten sich so einiges anzuhören. Während die Jungen statt Alkohol eine Limonade vorgesetzt bekamen, wurden andere „Blödmänner“ belehrt, dass man wegen ihnen keine gesonderte Weinflasche öffnet. Somit floss rechtsherum der milde und linksherum der herbe Wein ins Glas – aus der gleichen Flasche. So mancher Gast wurde mit den Worten „Es gebt nix mehr, du musch noch Auto fahre“ auf den Heimweg geschickt. Niemand nahm dem „Unkel Max“ etwas krumm. Nicht ohne Grund war das Wirtshaus lange Stammlokal des Sportvereins und wurden dort große Kerwen gefeiert. Verirrte sich mal ein hungriger Fremder – angelockt durch das Gasthausschild –, so bekam er einen Platz angeboten. Max schnitt Brot auf, holte im Lebensmittelgeschäft Sattler ein Stück Fleischwurst und aus der Küche den Ziegenkäse aus eigener Produktion. Nach 48 Jahren ging der Ofen der Backstube aus. Der gläubige Katholik und überzeugte Naturheilkundler kümmerte sich fortan nur noch um seine Tiere, vertiefte sich in Bücher und pflegte die Freundschaft zu seinem Schiersfelder Freund Alfred Ritzmann. „Unkel Max“ – ein Original, an das nun ein eigenes Denkmal erinnert. Info Weitere Spenden – auch für eine Gedenktafel – nimmt Thomas Henrich, E-Mail thomashenrich@web.de, entgegen.

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