Donnersbergkreis Ein Bauer mit Power

«ROCKENHAUSEN.» Die quälenden Sekunden am Abend des 10. Mai 2014 haben sich fest eingebrannt in Niclas Bauers Memoiren. Bruchwiesenhalle Waldfischbach, grelles LED-Licht, giftgrüner Boden, erwartungsvolle Blicke. Bauer, damals eine robuste Dampfmaschine von frischen 21 Jahren, erinnert sich an einen Moment, der ihn „ein bisschen fühlen ließ, als kann man alles“. Den finalen Vorhand-Topspin bolzte er übers Brett, schrie entfesselt auf und versank unter Jubelschreien in einer blau-schwarzen Spielertraube. Punkt, Satz, Sieg. 9:6, der Rockenhausener hatte den SV Alsenbrück-Langmeil, dessen Herrenteam nicht mehr existiert, in der Relegation in die 2. Pfalzliga West geschossen. Ein Bauer mit Power. „Wenn man in so einem Spiel aufsteigt, ist es immer geiler als über die Meisterschaft“, resümiert er die Erfahrungen aus dem Entscheidungsspiel. „Im Vorfeld macht man sich seine Gedanken – aber an der Platte denkt man nicht mehr drüber nach. Es ist ein normales Spiel.“ Gestern, auf den Tag genau vor fünf Jahren, jährten sich Bauers unvergessliche Tischtennis-Minuten zum fünften Mal. Heute bestreitet er die nächste Relegation. Mit seinem Heimatverein, den TTF Rockenhausen. Die Parallelen zu damals, sie sind irrwitzig. Und haben, vor allem für Bauer, Züge einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Wie heute lag der Austragungsort im Bezirk Westpfalz Süd, wie heute agierte Bauer im hinteren Paarkreuz, wie heute hieß der Gegner: TTA KASch Vinningen. Im Dahner Schulzentrum (19 Uhr) duellieren sich die „Vize“-Meister der beiden Westpfalz-Bezirksligen. Vor 15 Jahren stiegen die TTF, damals klassische Fahrstuhl-Equipe, zum letzten Mal aus der 2. Pfalzliga ab. „Definitiv“, sagt Rockenhausens Routinier Günther Rutz (53), „wird das eine Kiste auf Augenhöhe. Da wird keiner den anderen einfach überfahren, es kommt auf jeden einzelnen Satz an.“ Denn wie üblich gilt: Nach der Partie steht ein Aufsteiger fest – selbst bei einem 8:8. Im Notfall werden die einzelnen Bälle gezählt. Von einem „Nervenspiel bis zum bitteren Ende“ spricht der Imsbacher Rutz, „ein Grummeln hat jeder im Bauch. Keiner weiß ja, was ihn erwartet.“ Stimmt. Man kennt sich höchstens aus alten Tagen, die Jungspunde gar nicht, nie trifft man aufeinander. Es ist wie das „Blind Date“, zu dem man mit verworrenen Gefühlen auftaucht. „Einen Favoriten gibt es da nicht“, glaubt Bauer an exakt geteilte Chancen. 50 zu 50. Was Hans-Ludwig Schuster (59), Vinningens Urgestein, übrigens nicht bestreitet. „Ich sehe die Aussichten gar nicht so schlecht, normalerweise sind wir favorisiert. Spieltechnisch sind wir auf dem gleichen Niveau“, sagt er. „Mit Günther Rutz hat Rockenhausen einen erfahrenen Mann, der taktisch sehr beschlagen ist.“ Die leichten Vorteile aber, das wird Schuster einräumen müssen, liegen aufseiten seiner TTA. Alleine der Logistik wegen. 24 Kilometer und eine halbe Stunde fährt sie zur Dahner Arena – die TTF hingegen, einer der nördlichsten Klubs der Pfalz, 100 Kilometer und fast dreimal so lang. Neutral geht anders. Was nicht nur eine Zeit-, sondern auch eine Kostenfrage ist. Reise-Sitzfleisch muss Rutz’ Sextett mitbringen, einen Bus charterte er bereits in der Vorwoche. Im TTF-Lager herrscht Unmut ob der Wahl des Spielorts – der Süden ist zwar 2019 auserkoren, ein zentral gelegener Platz, nicht mitten in der südpfälzischen Walachei, wäre angemessen gewesen, klagt man. Was soll’s, die Entscheidung steht. „Wichtig ist vor allem der Teamgeist. Jeder muss jeden anfeuern, uns zerfleischen und die Nerven verlieren dürfen wir nicht“, mahnt Rutz. Eine Analyse des Rivalen ergibt: Mit Jonas Greiner und Jan Breiner fährt KASch im vorderen Paarkreuz blutjunge, scharfe Geschütze auf – ab Position vier, da müssen die TTF richtig zuschlagen. „Unsere Performance in der Bezirksliga war nicht immer die beste, das ist alles eben super gelaufen“, sagt Rutz über eine Mannschaft, die eigentlich nur nichts mit dem Abstieg am Hut haben wollte. Dann entwickelte sich das Jahr zu einem Selbstläufer, das Team reifte. Heute können die TTF der aktuell dritte Klub aus dem Kreis werden, der 2. Pfalzliga spielt…

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