Donnersbergkreis Der Stein sagt, was Sache ist

Im Eingang seiner begehbaren Skulptur: Florian Andrea Müller.
Im Eingang seiner begehbaren Skulptur: Florian Andrea Müller.

Künstler des Symposiums (1): Voller Elan arbeiten die fünf Künstler des Bildhauersymposiums im Schweinstal südlich von Kaiserslautern an ihren Werkstücken. Die RHEINPFALZ stellt sie bis zur Finissage am 23. August in einer Serie vor. Den Beginn macht ein junger Italiener mit urdeutschem Namen, der in Kirchheimbolanden zur Welt kam.

Erst 28 Jahre alt ist Florian Andrea Müller und damit mit Abstand der Jüngste in der Künstlerriege, die derzeit auf dem Gelände des Steinbruchs Picard arbeitet. Wobei er ganz in der Tradition seiner Familie steht: Der Vater, Ulrich Johannes Müller, ist auch Bildhauer und nahm 1986 am Symposium des Vereins Skulpturen Rheinland-Pfalz teil; seine Arbeit „Das Ende des Spiels“ steht an einem Weiher unweit des Natursteinwerks. Die Mutter, Maria Claudia Farina, ist ebenfalls Bildhauerin und unterrichtet an der Kunstakademie im italienischen Turin.

Wobei wir schon bei der italodeutschen Abstammung des jungen Künstlers wären: Der Vater lernte seine spätere Frau bei einem Workshop in Carrara kennen, sie folgte ihm nach Deutschland, wenige Wochen nach der Geburt des Sohnes Florian Andrea ging es retour nach Italien, genauer nach La Spezia, dem „Stammsitz“ der Familie. Der Vollständigkeit halber sei noch die „kleine Schwester“ Marlene erwähnt, die „wenigstens“ Kunstgeschichte studiert. Na immerhin.

Sein Pass weist Florian Andrea Müller also als waschechten Italiener aus, „wobei als Geburtsort Germania angegeben ist – das Wort Kirchheimbolanden war wohl zu lang“, grinst der Künstler. Bis auf einen ganz leichten Akzent und wenige Wortfindungsschwierigkeiten spricht er ein hervorragendes Deutsch, was zweifelsohne dem Vater zu verdanken ist. In einer Mischung aus Deutsch und Italienisch („Gurke zum Beispiel sagt man besser auf Deutsch, statt auf Italienisch“) unterhält er sich mit ihm beim Symposium – Müller senior unterstützt ihn in der ersten Symposiumshälfte mit Tipps und Tricks rund um den Stein, aber auch in Sachen Metallbearbeitung, etwa wo es um die Schärfung der Meißel geht.

Mit reiner Muskelkraft und dem Hammer, aber auch mit Pressluft treibt Müller junior das Metall in den Stein. Wobei er dessen Eigenleben respektiert: „Ich habe da ein Projekt, aber der Stein sagt, wie es genau weiter gehen soll“, so Müller. Entsprechend musste er aufgrund eines Risses für die Front seiner Arbeit eine andere als die ursprünglich angedachte Seite wählen.

15 Tonnen Stein wollen erkundet werden

Die größte Arbeit in Sandstein bisher ist es für Florian Andrea Müller, der daneben ein Mittelformat in der Steinmetzakademie in Wunsiedel stehen hat. Rund 15 Tonnen schwer ist sein Stein beim Symposium, deutliche Formen hat er bereits angenommen. Der Quader soll von außen weitgehend belassen bleiben, im Inneren lädt ein gewundener Gang zur Erkundung ein – ein gelenkiges Wesen und einen nicht allzu üppigen Leibesumfang vorausgesetzt. Der untere Eingang ist bereits deutlich zu erkennen, beim RHEINPFALZ-Besuch ist Müller gerade dabei, erste Bohrungen für den oberen „Eingang“ zu setzen. „Wir sind gut in der Zeit“, gibt er sich entspannt.

Spannend dagegen ist der Hintergrund seiner begehbaren Skulptur. So bezieht sich der bärtige Künstler mit dem sanften Lächeln auf die Tradition Jahrtausende alter Höhlenbauten in Sizilien. Domus de Janas (deutsch: Häuser der Feen) nennen sich diese rund 3000 Jahre vor Christus errichteten Felsengräber der Ozieri-Kultur, die in der Folgezeit verschiedenste Nutzung erfuhren – bis hin zu den Schäfern, die sie in jüngerer Vergangenheit manchmal als Unterstand nutzten, erzählt Müller.

Eintauchen in den Mikrokosmos

Einen eher spirituellen Hintergrund hat also diese Skulptur des jungen Italieners. Dass er aber auch Witz und politisches Engagement in seine Arbeit einfließen lässt, wurde beim Auftakt des Symposiums deutlich, bei dem sich die Künstler an einzelnen Ständen im Steinbruch präsentierten (wir berichteten am 27. Juli): Müller zeigte neben einem handelsüblichen Brötchen, das durch eine Aufschrift zur Kunst wurde, Miniaturwaffen aus Pappmaché und Wurfgeschosse aus Kunststoff – letztere Anspielungen auf die Gewalt in der Gesellschaft.

Voller Lob dagegen ist Müller für den friedlichen Mikrokosmos im Steinbruch Picard, für das Zusammenspiel mit den Künstlerkollegen und den Angestellten sowie den beiden Picards, Vereinschef Jürgen und seinem Sohn Martin, seit 15 Jahren Chef im Steinbruch.

Bei der Wahl der Meißel: Florian Andrea Müller.
Bei der Wahl der Meißel: Florian Andrea Müller.
Volle Konzentration – die erste Bohrung von oben: Florian Andrea Müller mit seinem Vater Ulrich Johannes Müller. Ihren Standort
Volle Konzentration – die erste Bohrung von oben: Florian Andrea Müller mit seinem Vater Ulrich Johannes Müller. Ihren Standort finden soll die Skulptur dann im Hagelgrund, nahe einer Steinbrücke über den Eselsbach.
Die Skizze zu seiner Arbeit: Müllers Hintergrund als studierter Kinderbuchillustrator wird deutlich.
Die Skizze zu seiner Arbeit: Müllers Hintergrund als studierter Kinderbuchillustrator wird deutlich.
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