Donnersbergkreis Der Alptraum jedes Pfeilewerfers

Hat seine Wurfblockade wieder überwunden: Horst Raupach (Zweiter von rechts).
Hat seine Wurfblockade wieder überwunden: Horst Raupach (Zweiter von rechts).

Alles begann mit einem Gefühl, als wäre der Arm aus Blei. Steif war er, schwer, unbeweglich. Und die Hand, in der der Pfeil lag, wollte sich nicht öffnen. Sie war verkrampft. Einfach so. Von „heute auf morgen“ setzte sich das fest, erinnert sich Horst Raupach, „als ob ich vor einer Wand stehe und mich selbst nicht unter Kontrolle habe“. Damals, vor zehn Jahren ungefähr, war Raupach ein ambitionierter Darter. Er trainierte, warf gute Scores, spielte in höheren Ligen. Den Pfeil zog er vors Gesicht, visierte sein Ziel an, ganz konzentriert, und hämmerte ihn ins Board. Urplötzlich versagte dieser Automatismus. An einem Mittwoch, blickt Raupach zurück, im Training, war alles bestens – den nächsten Dienstag, im Liga-Spiel, blockierte der Arm. Ende. „Ich hab’ den Dart erst nicht richtig in die Hand bekommen. Dann konnte ich ihn nicht loslassen“, sagt der 45-Jährige. „Ich musste abbrechen. Da ging nichts.“ Es ist der Albtraum eines jeden passionierten Dartspielers: die Dartitis. Für Laien klingt das wie eine Form von Zahnschmerzen, oder als wolle man sie auf die Schippe nehmen – für einen Darter ist es „das schlimmste, was passieren kann“, sagte Weltstar Mensur Suljovic mal in einem „Spiegel“-Interview. Dartitis wird von vielen als Hirngespinst belächelt, als Einbildung, als Wichtigtuerei abgetan. Nonsens! Man stelle sich vor, man kann von jetzt auf gleich seiner großen Leidenschaft nicht mehr nachgehen. Aus unerfindlichen Gründen. Für einen Sportler ist das ein emotionaler Faustschlag – und darf nicht unterschätzt werden. 2007 wurde Dartitis ins Oxford English Dictionary aufgenommen und beschreibt „einen Zustand der Nervosität, der verhindert, dass ein Spieler im richtigen Moment einen Pfeil wirft“. Am Oche mag das für viele belustigend wirken, wenn der Dart unter die Scheibe fliegt – oder wenn der Akteur ihn gar nicht erst losbekommt. „Als ich geworfen hab’, hat sich der Pfeil im Flug teilweise mehrfach überschlagen. Noch heute stecken die Darts krumm und schief“, schildert Raupach, der im Dress der SG Zillbachtal wieder passable Leistungen zeigt – und die Dartitis einigermaßen in den Griff bekommen hat. Wie? Indem er den kompletten Wurfablauf änderte, nicht mehr zielt, sondern einfach schnell nach vorne brettert. „So gut wie früher geht es aber nicht mehr“, weiß er. Die Fachwelt ist sich uneins, ob Dartitis nun eine Krankheit oder nur ein psychisches Problem darstellt. Was auf jeden Fall zutrifft: Sie ist eine mentale Blockade, die den Darter am Werfen hindert. Der Spieler verliert die Kontrolle über Nerven und Muskeln. Aus Furcht, schwach zu spielen. Das Gehirn gibt das Signal aus: „Bevor du schlecht wirfst, wirf lieber gar nicht.“ Und der Arm gehorcht. Ins Unterbewusstsein frisst sich diese Versagensangst, sie kontrolliert die Gedanken. Einen „Teufelskreis“ nennt Raupach das. Grund für die Blockade sind meist zu hohe Selbsterwartungen des Spielers, ein innerer Druck. „Im Wettkampf will man immer besser sein. Da kommt man nicht wirklich raus, je mehr man sich reinsteigert, desto schlimmer wird’s“, meint Raupach. „Dir schießen vor dem Wurf Tausende Sachen durch den Kopf. Das lähmt dich.“ Ein Ausweg zu finden, erscheint schwer, Medizin und Psychologie haben noch keine echten Lösungen parat. Klar ist: Man muss den eigenen Kopf austricksen. Den Wurfstil ändern, den Bewegungsablauf umstellen zum Beispiel. Was immenses Training erfordert – und Erfolge wie früher sind nicht garantiert. Neun Monate griff Raupach zu keinem Pfeil. Erst nach Jahren flogen seine Darts wieder zielgenau … Info —Heute startet in Welschbillig bei Trier das vierte RPDV-Wochenende. Morgen stehen die Ligen an – mit der SG Zillbachtal und dem DSV Donnersberg in der Landesliga.

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