Kommentar Bauernproteste: Fingerspitzengefühl zeigen
Natürlich klatscht keiner fröhlich in die Hände, wenn er morgens auf dem Weg zur Arbeit, zur Kita oder Schule plötzlich vor einer Straßensperre mit massenweise Traktoren steht. Tatsächlich erhalten die Bauern vielerorts aber weiterhin viel Zuspruch für ihre Aktionen. Wie schmal der Grat jedoch ist, wird sich nun zeigen, wenn die Proteste und Blockaden weitergehen. Natürlich können die Organisatoren damit argumentieren, dass sie sich auf dem festen Boden des Demonstrationsrechts bewegen. Alles ist im Vorfeld angemeldet, wird ordnungsgemäß durchgeführt. Vergleiche mit anderen Aktivisten, beispielsweise der „Letzten Generation“, greifen somit nicht.
Dennoch ist die Geduld in der Gesellschaft endlich, Kritik wird laut. Darüber, dass manche Demo nur aufgrund der großen Traktoren überhaupt relevant, die Anzahl der Teilnehmer hingegen eher gering sei. Darüber, dass es keineswegs allen landwirtschaftlichen Betrieben im Land derart schlecht gehe – schon gar nicht den großen. Und nicht zuletzt auch darüber, wie schnell sich hier und da im Land politische Gruppen vom rechten Rand unter die Demonstranten gemischt haben. Die Landwirte müssen diese Kritik ernst nehmen, wollen sie ihren Rückhalt in der Bevölkerung nicht verspielen. Bei ihren Aktionen Fingerspitzengefühl zeigen – und vor allem: sich mit ihren Traktoren vor keinen populistischen Karren spannen lassen.