Donnersbergkreis Auf sehr eigenen Wegen unterwegs

ROCKENHAUSEN. Vor allem älteren Rockenhausenern ist sie noch ein Begriff. Die Kunst aber der 2003 verstorbenen Ann Blaum, die in Katzenbach ihre „Kleine Galerie“ wie ein Gesamtkunstwerk ausgestaltet haben soll, ist kaum noch präsent. Dass auf Umwegen ein großer Teil ihres verschollen geglaubten Nachlasses vor einigen Jahren wieder aufgetaucht ist, macht es möglich, mit einer Ausstellung im Museum Pachen und einer noblen Monographie auf die „Hubera“, wie sie sich als Künstlerin in Anlehnung an ihren Mädchennamen auch nannte, und ihre Arbeit zurückzublicken.

Nachdem Ann Blaums Haus auf dem Mittweilerhof nach ihrem Tod rasch geräumt werden musste, war es der inzwischen verstorbene Ruppertsecker Horst Bickel, der bei einer Entsorgungsfirma auf den Nachlass gestoßen war und ihn vor der Vernichtung bewahrt hat. Luise Busch hat die rund 200 Bilder seither verwahrt. Aus dem Konvolut wurde 2011 eine erste Ausstellung in der Rockenhauser Sparkasse bestückt. Uli Giloi hat nun eine größere Ausstellung im Museum Pachen initiiert, die am 12. Mai eröffnet wird und bei der Ann Blaums Bilder zugunsten des Museums zum Verkauf stehen. Mit der Kunsthistorikerin Claudia Gross hat der Winnweilerer Kunstsammler zudem ein aufwändiges Buch erarbeitet, das weit mehr ist als nur ein Ausstellungskatalog. Im Geleitwort schreibt Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald, Ann Blaum-Hubera werde mit dem Buch „ein großartiges Denkmal gesetzt, das geeignet ist, sie dauerhaft vor der Vergessenheit zu bewahren“. Das Buch, das einen großen Teil des auf Malerei und Grafik beschränkten Fundes dokumentiert, kann nicht alle Facetten der gestalterischen Arbeit Ann Blaums zeigen. Dazu gehörten ja ebenso Batiken, Töpferei, Kerzen, Schmuck, Lederarbeiten, auch Steine, die sie gefunden und durch Beschleifen zum Sprechen gebracht hat. Dafür umfasst der Band viele Dokumente und Berichte, die Giloi aus unterschiedlichsten Quellen zusammengetragen hat. Ann Blaum kommt auch selbst zu Wort in eigenen Texten. Sie geben Einblick in ihr eigenwilliges Denken, das im Alter sehr esoterische Züge angenommen hat. Einige ihrer Texte sind mit kleinen kauzigen Vignetten verziert – Ann Blaums Neigung zum Karikieren soll ihr öfter Ärger eingebracht haben. Insofern entsteht hier doch ein vielgestaltiges Bild der Künstlerin und Kunsthandwerkerin. Zunächst spricht sie sich natürlich in ihren Bildern aus. Nordpfalzlandschaften etwa, wie sie die Titelseiten früher Donnersberg-Jahrbücher oder Festschriften zierten – romantisierend, mitunter in impressionistischem Duktus. Pflanzenbilder, oft geprägt von flammenden Schwüngen und intensiven Farbkontrasten, dann auch stilisiert mit Dekorationen bis in feinste Details. Manche Bilder verlieren sich in reine rhythmisierte Farbkompositionen, auf anderen erfindet Blaum mit der Tuschfeder gegenstandsferne Formgebilde, lineare Abstraktionen. Auffällig ist ihr Interesse an Wachsfarben, viele der Blätter sind gearbeitet in Wachs-Sgraffito-Technik, in der Wachsfarbschichten übereinandergelegt und durch Abschaben des Bildmotivs wieder zum Vorschein gebracht werden. Eine Motivgruppe sticht hervor: Spiralen, oft verschlungen, in mäandernden Verzweigungen, mal in Aquarellfarben ineinander verfließend oder in kontrastierenden Gouache-, Öl- oder Temperafarben gegeneinander abgesetzt. Ihnen galt Blaums Augenmerk. „Was ich mit meiner Kunst zu sagen habe, steht in den Blättern, die nichts Gegenständliches einfangen, sondern sich in Schwingungen ausdrücken. Sie zeigen Werdendes, sich Sammelndes, sich Aufbauendes, das in harmonischem Fließen aus einer Form geboren ist, aus der Spirale, aus der einzigen Bewegung, die im weiten Weltall zuhause ist, mit der alles entsteht, mit der alles vergeht“, hat sie dazu gesagt. 1913 in Flomersheim geboren, studierte Ann Blaum angewandte Kunst, also Kunst für gewerblichen, handwerklichen Bedarf. Sie besuchte die Gewerbeschule in Mannheim, bevor sie 1931 zur Staatsschule für angewandte Kunst in Nürnberg wechselte – eine Einrichtung, in der, zumal in der „Stadt der Reichsparteitage“, bald Geist und Kunstauffassung der NS-Zeit intensiv Einzug hielt. Ann Blaum blieb dort bis 1937, folgte dann ihrem Professor Karl Heinz Dallinger nach München – dass auch er „in nationalsozialistischen Kreisen offensichtlich bestens vernetzt war“, lässt Gross nicht unerwähnt. Durch solche „Vernetzung“ hatte er Aufträge und Arbeit für seine Studenten. Und von finanziellen Nöten in diesen Jahren hat Ann Blaum öfter gesprochen. Wie sie es aber hielt mit dem Zeitgeist der NS-Jahre, darüber lässt sich nur spekulieren. Der weitere Lebensweg blieb pragmatisch. Sie arbeitete in den Kriegsjahren 1940 als technische Zeichnerin im Luftwaffenbauamt, dann in einem Betrieb für Dekostoffe, bevor sie 1942 eine Lehrer-Ausbildung in Posen begann. Nach dem Krieg betrieb sie drei Jahre lang eine kunsthandwerkliche Werkstatt in Frankenthal. Seit 1948 in Rockenhausen, heiratete sie 1951 den Bildhauer Walter Blaum, arbeitete bis 1973 als Berufsschullehrerin. Erst nach dem Tod ihres Mannes 1960 nahm sie ihre künstlerische Arbeit wieder auf – ein Aspekt, der in Biografien künstlerisch tätiger Frauen häufiger zu finden ist. Darauf macht Gross aufmerksam, die ihre Auseinandersetzung mit Ann Blaum zum Anlass nimmt, auch dem Thema „Frauen in der Kunst“ einen aufschlussreichen Essay zu widmen. Ein schöpferischer Geist wird in dem Buch gezeigt, Natur, Landschaften und „Viechern“ zugewandt, mit einem ausgeprägten Sinn für Farbe und Form, auch für das einnehmende Dekor, dem Ausprobieren neuer Gestaltungstechniken und Formsprachen stets aufgeschlossen. Es bleibt aber auch ein Zwiespalt. Der Eindruck von Modernität, der sich bei ihren Bildern einstellen mag, bestätigt sich nicht in den „Gedanken und Hypothesen“ der 80-Jährigen am Ende des Buches. Der Text erinnert sehr an den Kulturpessimismus und Irrationalismus der Nach-Jahrhundertwendezeit, wenn sie die Menschheit der Gegenwart im Niedergang und vor der Heraufkunft eines neuen Zeitalters sieht, dessen „Künder“ der Künstler sein sollte. In heutiger Kunst sieht sie aber eher die „absolute Chaotisierung des Menschen, des Lebens“ brutal hervorgehoben, die Technisierung vergöttlicht, die „Verbastardisierung verherrlicht“, vermisst „edle Vorbilder“ für die Jugend. Ihre Blätter wollen dagegen in angenehme Schwingungen versetzen und metaphysischen Gesetzen wie dem der ewigen Wiederkehr Ausdruck geben. Ann Blaum, das wird deutlich, wandelte auf sehr eigenen Pfaden. Ausstellung Ausstellung „Ann Blaum hubera. Aus dem Leben und Werk“ im Museum Pachen, Rockenhausen, 12. Mai bis 19. Juni; Vernissage: Donnerstag, 12. Mai, 19 Uhr. Zur Einführung spricht die Kaiserslauterer Kunsthistorikerin Claudia Gross. Lesezeichen Claudia Gross/Uli Giloi: Ann Blaum hubera. Aus dem Leben und Werk. Rockenhausen 2016. Das Buch ist dem Kunsthistoriker Clemens Jöckle (1950 - 2014) gewidmet, der lange Zeit die Ausstellungen im Museum Pachen betreut hat.

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