Eisenberg/Hettenleidelheim Auf den Spuren von Nikolaus Osterroth: „Im Herzen immer ein Bergarbeiter“

Auf Spurensuche , von links: Mareike Rüffer, Peter Schäfer, Karin Schäfer und Reinhard Wohnsiedler.
Auf Spurensuche , von links: Mareike Rüffer, Peter Schäfer, Karin Schäfer und Reinhard Wohnsiedler.

Nikolaus Osterroth hat ein Stück deutsche Wirtschafts- und Sozialgeschichte mitgeschrieben. Über seine Zeit bei den Dachziegelwerken in Eisenberg schrieb er das Buch „Vom Beter zum Kämpfer“ und war in der Weimarer Republik ein eben solcher. Ein Kämpfer für die Demokratie. Nun ist eine Nachfahrin in Eisenberg und Hettenleidelheim auf seinen Spuren gewandert.

Manchmal ist der Zufall im Spiel, wenn jemand auf der Suche ist und diese letztlich erfolgreich endet. Wie bei einer jungen Frau aus Niedersachsen, die sich auf Spurensuche nach ihrem Urgroßvater Nikolaus Osterroth machte: Vergangene Woche war Nikolaus Osterroths Urenkelin Mareike Rüffer zu Besuch in Hettenleidelheim, dem Geburtsort ihres Urgroßvaters. Begleitet wurde sie von Peter Schäfer, einem rührigen Hobbyhistoriker, der sich in seinem Ruhestand mit Geschichte beschäftigt und besonders an dem Politiker Nikolaus Osterroth Interesse fand. Die Ergebnisse seiner Arbeit hat Schäfer in einem wissenschaftlich fundierten Buch mit dem Titel „Zwischen Kaiserreich und Ende der Weimarer Republik. Das politische Leben und Wirken von Nikolaus Osterroth“ veröffentlicht. Darüber referierte der Verfasser auch zuletzt auf einer gut besuchten gemeinsamen Veranstaltung der SPD-Ortsvereine Eisenberg und Hettenleidelheim.

Zurück zum Zufall: Der ebenfalls an Osterroths Wirken interessierte Eisenberger SPD-Mann Reinhard Wohnsiedler stieß bei einer Internet-Recherche über „einen der bedeutendsten Politiker und Wirtschaftsmanager unserer Region“ auf Schäfers Veröffentlichung und nahm umgehend Kontakt zu diesem auf. Und dieser erzählte von der Urenkelin Osterroths, die ihn ebenfalls gerade kontaktiert hatte. Wohnsiedler arrangierte einen dreitägigen Besuch der beiden, die sich am Ursprung Osterroths auf Spurensuche begaben – und dabei auch fündig wurden.

Nachfahrin beeindruckt

Auf dem Besuchsprogramm standen etwa die Grube Riegelstein mit Führung in der Erdekaut, das Heimatmuseum in Hettenleidelheim und das ehemalige Osterroth’sche Wohnhaus. Auch davon, dass das Dachziegelwerk, in dem Osterroth nach seiner Schulzeit arbeiten musste, noch existiert, davon habe sie keine Vorstellung gehabt, sagte Mareike Rüffer. Sie sei nach ihren Archiv-Recherchen und den Überlieferungen in der Familie über den Urgroßvater „sehr beeindruckt“ davon, „wie präsent noch das Wissen über und die Erinnerung an Nikolaus Osterroth“ in seiner Heimat sei, so Rüffer zur RHEINPFALZ. Sie freue sich deshalb über die Möglichkeit, über den schriftlichen Nachlass und die Familienerzählungen hinaus noch mehr über ihren Vorfahren „als Mensch“ zu erfahren.

Den aufmerksamen Zuhörern schlug sie in ihrem Vortrag einen Bogen von der beschwerlichen Kindheit und Jugend des Urgroßvaters über seinen autodidaktischen Bildungsaufstieg bis zu seiner gewerkschaftlichen, beruflichen und politischen Tätigkeit. „Im Herzen ist er immer ein Bergarbeiter und urwüchsiger Pfälzer geblieben“, schildert die Urenkelin mit pfälzischen Wurzeln den Uropa. Buchautor Peter Schäfer ging in seinem Referat auch auf die zeithistorischen Rahmenbedingungen während der Lebenszeit Osterroths ein und stellte besonders den SPD-Politiker in den Fokus seiner Ausführungen, in denen er aktuelle Bezüge im Hinblick auf die Gefahren für die Demokratie herstellte. Osterroth habe sich stets für Freiheit und die demokratische Ordnung eingesetzt, so der Referent. „Ihr habt einen großen Sohn gehabt und es ist traurig, dass Menschen mit einem solchen Lebenswerk in der Versenkung verschwinden“. Deshalb wolle er mit seinen Forschungsergebnissen einen Beitrag zur Erinnerungskultur leisten, schloss der Referent. Aus dem Kreis der Zuhörer wurde dann bedauert, dass im Geburtsort Osterroths noch keine Straße oder sonstige öffentliche Anlage nach ihm benannt ist.

Das war Nikolaus Osterroth

Nikolaus Osterroth wurde 1875 in Hettenleidelheim geboren. Er heiratete eine Eisenbergerin und wohnte 1902 kurze Zeit in Eisenberg, wo auch sein Sohn Franz auf die Welt kam. Osterroth gründete den SPD-Ortsverein Hettenleidelheim und war wahrscheinlich auch Mitbegründer der Eisenberger SPD. Er schrieb das 1920 veröffentlichte Buch „Vom Beter zum Kämpfer“ über das Leben in Hettenleidelheim und seine Arbeit als Dreizehnjähriger in den Eisenberger Dachziegelwerken, wie auch über die Arbeit als Bergmann in Hettenleidelheim. Er schildert die wirtschaftlichen Strukturen im Tonbergbau vor 1900, ebenso wie seinen Weg zur Sozialdemokratie.

Nikolaus Osterroth war später Gewerkschafts- und SPD-Funktionär im Saarland, Schlesien und im Ruhrgebiet.1919 wurde er als Abgeordneter in die Nationalversammlung gewählt, die die erste demokratische Verfassung Deutschlands ausarbeitete. In der Weimarer Republik war er Landtagsabgeordneter in Preußen. Als Mitbegründer und erster Arbeitsdirektor der „Preußischen Bergwerks- und Hütten Aktiengesellschaft“ (Preussag) hat er ein Stück deutsche Wirtschafts- und Sozialgeschichte mitgeschrieben. Nikolaus Osterroth starb im September 1933 im Alter von 58 Jahren und fand seine Ruhestätte auf einem Berliner Friedhof.

Nikolaus Osterroth
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