Donnersbergkreis Andachten zum Advent (2): Deutungen und der Kurs des Lebens
Unser gesamtes „Erkennen“ besteht aus Deutungen unserer Welt, wie wir sie wahrnehmen. Die Deutungen können sehr unterschiedlich ausfallen. Ein farbenfroher Sonnenuntergang ist bei einem der Auslöser für romantische Gefühle, beim anderen die Erinnerung daran, dass das Sonnenlicht gerade eine andere Streuung hat als am Tag. Der eine möchte den Kopf an die Schulter des Partners lehnen, der andere zückt sein Handy, um im Netz nach der Frequenz von rotem Licht zu suchen. Der Sonnenuntergang ist der gleiche.
Kein ganz fremdes Szenario
Im Wochenspruch des zweiten Advents gibt Jesus eine Deutung von Zeichen: „Wenn ihr die ersten Anzeichen von alledem bemerkt, dann richtet euch auf und fasst neuen Mut: Bald werdet ihr gerettet!“ Das ist eine ungewöhnliche Deutung, die er da abgibt. Denn die Anzeichen, von denen er spricht, sind bedrohlich. Er spricht von drohenden Zeichen an Sonne, Mond und Sternen; davon, dass die Menschen weltweit halb tot vor Angst sein werden vor den Dingen, die bald über sie hereinbrechen werden, weil die gesamte Ordnung der Natur durcheinander gekommen ist.
So fremd erscheint uns dieses Szenario nicht.
Fremd ist die Folgerung, die Jesus daraus zieht. Er fordert dazu auf, sich gerade dann aufzurichten und neuen Mut zu fassen, weil die Rettung unmittelbar bevor steht. Diese Rettung verbindet er mit seinem zweiten Advent, seiner Gegenwart.
Die Deutung von der Deutung
Gefährlich, wenn man solch ein Bibelwort dazu benutzt, zu vertrösten: „Es wird am Ende alles gut.“ Im Sinne von „Nur weiter so“. Aber das ist eine Frage der Deutung von der Deutung, die Jesus gibt. Liegt nicht in seiner Aufforderung, auch noch in höchster Bedrohung den Mut zu behalten, der Grund zur Hoffnung und zu hoffnungsvollem Handeln, auch wenn die sogenannten Tatsachen dagegen zu sprechen scheinen? Ich denke schon.
Zum Autor:
Volkmar Schuster ist Pastor der Mennonitengemeinde Weierhof.
Zur Serie
Wie soll ich Dich empfangen? Unter diesem Titel des Adventsliedes von Paul Gerhardt schreiben Mitglieder des ökumenischen Arbeitskreises in Kirchheimbolanden zu den Adventssonntagen und zu Heiligabend Denkanstöße. Die Adventszeit ist die Vorbereitungszeit auf die Ankunft Gottes in Gestalt seines Sohnes Jesus. Die Impulse orientieren sich an den Wochensprüchen zu den Sonntagen und Heiligabend. Sie sollen helfen, unterschiedliche Aspekte der Adventszeit wahrzunehmen und neu zu bedenken.