Donnersbergkreis „Allenthalben lebhafter Ausdruck patriotischer Gesinnung“

Vor 100 Jahren ist der Erste Weltkrieg ausgebrochen. Die großen politischen Ereignisse werden in allen Medien im 100. Jahrestag ausgiebig behandelt. Doch wie hat es vor Ort ausgesehen? Wie in unserer Nordpfalz? Einige Antworten darauf liefert für die RHEINPFALZ der ausgewiesene Experte Reinold Rehberger. In einer losen Serie beleuchten wir die Erlebnisse der Nordpfälzer Bevölkerung. Unsere erste Folge schildert die Geschehnisse in unserer Region am Vorabend der Jahrhundert-Katastrophe.

Der 28. Juni 1914 war ein Sommertag wie aus dem Bilderbuch. Dreißig Grad im Schatten, blauer Himmel, kaum Wolken. Schon am späten Vormittag war die Straße zwischen Marienthal und Bastenhaus von Menschen im Sonntagsstaat bevölkert. Zu Fuß, auf Fahrrädern oder in Kutschen machten sie sich auf dem Weg zum Donnersberg. Der Verschönerungsverein hatte eingeladen, man feierte das 50-jährige Bestehen des Ludwigsturms. Für die musikalische Umrahmung sorgten die Kapellen Ruppert (Dannenfels) und Seidel (Niefernheim). Pfarrer Philipp Hoffmann aus Gaugrehweiler hielt die Festrede. Niemand von den 800 Festgästen, die es sich im Schatten bei Bier und Knackwurst gemütlich gemacht hatten, ahnte, was sich dreieinhalb Stunden vorher rund tausend Kilometer entfernt in Sarajevo zugetragen hatte. In den benachbarten Großstädten wie Mannheim oder Frankfurt war man darüber schon am frühen Abend im Bilde, doch es dauerte noch eine Weile, bis die Nachricht vom Mord am österreichischen Thronfolgerpaar auch an den Donnersberg gedrungen war. In der Nordpfalz stand man am Beginn der Getreideernte. Obwohl die Menschen vor allem damit beschäftigt waren, schlugen sie jeden Tag mit sorgenvoller Miene die Zeitung auf. Nach vier Wochen Taktierens und Propaganda war es dann soweit. König Ludwig III. von Bayern erließ auf Veranlassung des Deutschen Kaisers den Mobilmachungsbefehl. Wilhelm II. seinerseits erklärte seinem Cousin, Zar Nikolaus II., den Krieg. Es ist Samstag, der 1. August 1914. Schon am nächsten Tag hatten sich alle Reservisten der Jahrgänge 1894 und ältere in den Bürgermeisterämtern zu melden. Nicht gefragt waren „Gemütskranke, Blödsinnige, Krüppel usw.“ Der Chef des Bezirksamts Rockenhausen, Amtmann Friedrich Fuchs, notierte am 1. August in seinem Wochenbericht: „Die für den Zustand der drohenden Kriegsgefahr bzw. Kriegszustand zu treffenden Maßnahmen konnten ohne Anstand im Amtsbezirk vorschriftsmäßig durchgeführt werden. Die Bevölkerung nimmt regen Anteil an den Ereignissen und hat namentlich gestern nach der Erklärung des Kriegszustandes ihre patriotische Gesinnung allenthalben lebhaften Ausdruck gegeben. Die Abhebung von Spargeldern bei den 3 Bezirkssparkassen hat bisher ein bedenkliches Maß nicht angenommen. Die Einlagen wurden auf Verlangen anfangs ganz und in den letzten Tagen bis zu 100 Mark sofort ausbezahlt. Es stehen noch weiterhin Mittel zur Verfügung um den Anforderungen der Sparer gerecht werden zu können. Leider haben sich auch im Amtsbezirke Rockenhausen Geschäftsleute verleiten lassen, die Preise von Lebensmittel, namentlich von Salz ungebührlich hinaufzuheben. Der Unwille der Bevölkerung über eine derartige gewinnsüchtige Ausnutzung der Lage ist allgemein.“

x