Rockenhausen Ökumenische Sozialstation stellt Fuhrpark komplett auf E-Autos um

Drei der vier neuen E-Autos, die seit kurzem bei der Ökumenischen Sozialstation mit Sitz in Rockenhausen im Einsatz sind. Die Mi
Drei der vier neuen E-Autos, die seit kurzem bei der Ökumenischen Sozialstation mit Sitz in Rockenhausen im Einsatz sind. Die Mitarbeiterinnen Stefanie Lanzer und Sabine Stark sowie Geschäftsführer Norbert Pasternack sind bislang sehr zufrieden mit den »Stromern«. Bis 2025 sollen alle 25 Fahrzeuge ausgetauscht sein.

Für die Nordpfälzer Tankstellen ist das keine gute Nachricht – für die Umwelt schon: Die Ökumenische Sozialstation Rockenhausen/Alsenz-Obermoschel/Winnweiler rüstet sukzessive ihren Fuhrpark komplett auf Elektromobilität um. Die ersten vier E-Autos schnurren bereits durch den Westkreis, weitere rund 20 sollen folgen – möglichst schnell.

Niemand geht gerne zum Zahnarzt – auch Norbert Pasternack nicht. Doch neuerdings kann der Geschäftsführer der Ökumenischen Sozialstation den Terminen etwas Positives abgewinnen. Zumindest bieten sie ihm die Chance, das Unangenehme mit dem Nützlichen zu verbinden: Im Wartezimmer habe er beim Blättern in den herumliegenden Heftchen einen Bericht über den Skoda Enyaq entdeckt – „er wird vermutlich unser fünftes E-Auto“, erzählt Pasternack schmunzelnd.

Einen Faible für Klimaschutz habe er schon lange, betont der Göllheimer. Bevor er 2019 die Leitung des ambulanten Pflegedienstes in Rockenhausen übernommen hat, war er in leitender Funktion bei einer Krankenkasse in Alzey beschäftigt. „Auch dort haben wir uns komplett nachhaltig aufgestellt“, so Pasternack, der am neuen Dienstort gleich mehrere Initiativen angestoßen hat: „Eine der ersten war der Bezug von Ökostrom.“ Die Umstellung auf Recycling-Papier und der Austausch der bisherigen Dienstkleidung gegen Kasacks und T-Shirts aus Bio-Baumwolle folgten. Bei all dem sei aber der Preis im Auge zu behalten. „Nachhaltigkeit ist für mich nicht nur ökologisch, sondern auch sozial und wirtschaftlich.“

600.000 Kilometer im Jahr

Der „wichtigste Baustein in Sachen Klimaschutz“ sei aber die Mobilität. Das verwundert nicht angesichts der von Pasternack genannten Zahlen: Derzeit sind 54 Beschäftigte mit 25 Dienstfahrzeugen in den Bereichen Pflege, Hauswirtschaft und Alltagsbegleitung unterwegs – pro Jahr legen sie zur Betreuung von rund 350 Menschen in den Verbandsgemeinden Nordpfälzer Land und Winnweiler rund 600.000 Kilometer zurück.

Generell seien „ambulante Pflegedienste mit vielen kurzen Fahrten optimal geeignet als Vorreiter in Sachen Elektromobilität“, so der 57-Jährige. Eine Tour der Westkreis-Sozialstation umfasse 80, maximal 120 Kilometer. „Selbst wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter eine Doppelschicht haben, ist bei einer Reichweite von über 300 Kilometern locker ein Tag abgedeckt“, so Pasternack. Dabei sieht er den Umstieg nicht nur als schonend für das Klima, sondern auch für den Haushalt der Sozialstation an: „Langfristig ist Elektromobilität günstiger als das Tanken an der Zapfsäule, die Wartungskosten sind ebenfalls wesentlich geringer.“ Weiterhin sinke die Lärm- und Abgasbelästigung für Anwohner. Ab 2025, so hofft Pasternack, fährt die Sozialstation nur noch mit Strom.

Förderprogramm: 10.000 Euro pro E-Auto

Den entscheidenden Anstoß für die Umstellung auf E-Autos habe im Vorjahr eine Videokonferenz der Energieagentur Rheinland-Pfalz zu diesem Thema gegeben. „Nicht zuletzt, weil in dem Vortrag auf ein Förderprogramm des Bundes speziell für soziale Einrichtungen hingewiesen wurde.“ Dieses trägt den Namen „Sozial & Mobil“, läuft mindestens noch bis Ende 2022 und fördert den Kauf jeden E-Autos mit 10.000 Euro.

Für Pasternack der letzte Mosaikstein, mit dem Umbau der „Flotte“ zügig zu beginnen. „Pro Jahr tauschen wir ohnehin vier bis fünf Fahrzeuge aus – dieses Jahr gegen elektrobetriebene.“ Die Wahl fiel auf den Renault Clio, „wobei wir da von Fall zu Fall neu schauen, was am besten geeignet und am wirtschaftlichsten ist“. Denn die Anforderungen an Größe und Ausstattung unterscheiden sich je nach Funktion des Autos. Im Oktober sind die ersten „Stromer“ geliefert worden, seit zwei Wochen ist das Premieren-Quartett komplett. Unterm Strich zahlt die Sozialstation für ein Exemplar 16.000 Euro – laut Pasternack sind die Mehrkosten gegenüber einem Benziner nach rund zwei Jahren wieder hereingeholt.

In fünf bis sechs Stunden wieder „voll“

Bleibt die Frage, wo die E-Autos „getankt“ werden. „Ideal ist es, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuhause ihre eigene Wallbox bekommen“, sagt Pasternack. Drei solcher privaten Ladestationen sind bereits installiert worden. In fünf bis sechs Stunden sind die Dienstfahrzeuge, die über eine Leistung von 52 Kilowatt verfügen, wieder „voll“. Eine weitere Wallbox befindet sich seit voriger Woche an der Sozialstation selbst – vorerst für einen Wagen. „Sie wird später gegen eine Station für zwei E-Autos ausgetauscht, wenn noch einige Wagen dazu gekommen sind“, erläutert der Geschäftsführer.

Bedingung für eine eigene Wallbox – deren Anschaffung ebenfalls mit 1500 Euro gefördert wird – ist übrigens der Bezug von Ökostrom; den „Saft“ zahlt die Sozialstation mittels einer eigens angebrachten Uhr. Im ersten Schwung haben Arbeitskräfte einen Elektrowagen erhalten, die nicht nur viel unterwegs sind („Umso höher ist die Ersparnis“), sondern auch über Wohneigentum verfügen. Pasternack befürchtet, dass es bei in Miete lebenden Arbeitskräften schwieriger wird, Wallboxen vor Ort zu installieren – obwohl es inzwischen einschlägige Urteile gibt, dass Hauseigentümer das gestatten müssen. Dennoch glaubt er, „dass wir auf absehbare Zeit zusätzlich auf die öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen sind“.

„Der liegt gut am Gas“

Die ersten Erfahrungen mit den E-Autos seien hervorragend – das bestätigt Sabine Stark aus Münsterappel, die einen der Automatik-„Stromer“ fährt: „Der liegt schon gut am Gas, reagiert schneller als ein Benziner.“ Auch das Laden zuhause an der Wallbox funktioniere einwandfrei. „Die Uhr rattert sehr schnell, aber das bezahlt ja die Sozialstation“, sagt Stark mit einem Augenzwinkern.

Pasternack ist überzeugt, dass der eingeschlagene Weg richtig ist: „Neben einer guten qualitativen Dienstleistung – die Sozialstation wurde gerade vom Medizinischen Dienst mit der Note 1,0 ausgezeichnet – braucht es für eine zukunftsfähige Arbeit einen schonenden Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.“ Deshalb hat er für 2022 schon das nächste „Paket“ in Angriff genommen: „Für fünf weitere Fahrzeuge haben wir den Zuschuss beantragt, sobald er bewilligt ist, können wir die Autos bestellen.“ Die Marke ist noch offen. Aber vielleicht ist Pasternack ja bald wieder beim Zahnarzt ...

x