Bad Dürkheim Zum Schocker einen Müller-Thurgau

„Cine Cum Vinum“ lockte am Wochenende an den Burgtalweiher.
»Cine Cum Vinum« lockte am Wochenende an den Burgtalweiher.

Einen süffigen und unterhaltsamen Kinoabend erlebten rund 150 Besucher am Wochenende in Wachenheim: In der Kulturkneipe Badehaisel feierte das Kurzfilmfestival „Cine Cum Vinum“ seinen 15. Geburtstag.

Filmabend mit Weinprobe oder Weinverkostung mit Filmen – das eigenwillige Format des Festivals scheint in den 15 Jahren seines Bestehens genauso Kult geworden zu sein wie der Festivalname in grammatikalisch-schrägem Küchenlatein. „Cine Cum Vinum“ lief diesmal parallel zur Berlinale als wohl kleinstes Filmfestival der Welt in der Hütte am Burgtalweiher. Bei zehn Filmen, neun Weinen und einem Brand kamen Freunde anspruchsvoller Kurzfilme und ebensolcher Weine gleich an drei Abenden auf ihre Kosten. Die Filmauswahl enthalte „olle Kamellen und Lieblingsfilme“, betonte Moderator Thomas Angelmahr, der mit Filmemacher Thomas Ester hinter dem Festival steht. Man setze auf Qualität und Vielfalt, verfolge dabei aber weder Thema noch roten Faden. Die Weinparade der Spitzenklasse wurde gesponsert von Traditionshäusern der Region, darunter Bassermann-Jordan (Deidesheim), Acham-Magin (Forst), Naegele (Neustadt-Hambach) und der Weinmarketing-Agentur Pellegrini. Den filmischen Anfang machte „Sleeping Betty“, ein neunminütiger Animationsfilm von Claude Coutier. Zum Film um eine schlafende Königstochter, die schließlich vom Wecker erlöst wird, mundete ein feinprickelnder Pinot Sekt Brut (Weingut Erwin Albert, St. Leon-Rot). Erster Schockeffekt des Abends war „Staplerfahrer Klaus“ (Wagner/Prehn), der wohl als drastischer Lehrstreifen in Sachen Arbeitsschutz gedacht war. Als ungeahntes Geschmackserlebnis dazu erwies sich ein trockener Müller-Thurgau aus der Deidesheimer Riesling-Lage Mäushöhle (3 Ar/Weingut Darting). Der an der Filmhochschule München entstandene Film „Viki Fiki“ von Natalie Spinell handelte von Mobbing in der Schule aus der Sicht der Tochter einer Pornofilmdarstellerin. Sarkastisch überzeichnend, doch in seinem pseudo-dokumentarischen Ansatz hochpolitisch gab der Film „Arbeit für alle“ (Vogel/Oberlies, Sachsen-Anhalt) den Blick frei auf eine Zukunft mit betreutem Arbeiten im Alter. Eine Riesling-Spätlese aus Wachenheimer Waldrandlage (Weingut Zimmermann) begleitete den letzten Film vor der Pause: der animierte Bibel-Porno „Jesus und Judas“ (Encke/Romero) war ein Leckerbissen für Blasphemie-Fans. Deutlich anspruchsvoller war die Filmauswahl nach der Pause: Das Splatter-Szenario mit Blut, Gliedmaßen und Eingeweiden hatte ausgedient zugunsten leiserer Töne und subtilerer Erzählungen. Nico Zingelmanns „15 Minuten Wahrheit“ mit Herbert Knaup war ein erzählerisches Meisterwerk über die New Economy. Dazu überraschte ein Sauvignon-Merlot-Cuvée von Alois Kiefer im Glas. Ihm folgte ein granatroter Spätburgunder aus Mittelhambach (Weingut Naegele) zum Film „Der Aufreißer“ von Steffen Weinert, der von der Domestizierung eines Frauenhelden handelte. Sinan Akkus „Lassie“, eine Gaunerkomödie rund um eine Döner-Bude, erwies sich als einer der Publikumsfavoriten. Dazu gab es einen Biorotwein Blaufränkisch von Weingut Schwarztrauber (Mußbach). Von weltanschaulichen Abgründen bei der Wahl des neuen WG-Mitbewohners erzählte Lukas Thieles Film „Lassallestraße 19“. Ihn begleiteten die feurigen Beerennoten eines Côtes Du Rhone der Domaine Fond Croze (Weinimporteur Pellegrini, Landau). Zum Finale zeigte Filmemacher und vorderster Festivalmann Ester wieder seinen eigenen Streifen, mit dem im Badehaisel vor 15 Jahren alles begann: In „Karlchens Parade“ lief der 2012 verstorbene Schauspieler Dirk Bach zu komödiantischer Hochform auf. Dazu mundete ein Williams Christ Edelbrand aus der Brennerei Holger Räch.

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