Bad Dürkheim Wunderfrucht Aronia wächst und gedeiht in Kallstadt

Matthias Stockinger, Obstbauer in Kallstadt, baut neben Äpfeln und anderem Obst seit einiger Zeit auch Aronia an. Die Frucht, die auch Apfelbeere genannt wird, liegt derzeit als Powerfood voll im Trend.

Hilft beim Stressabbau schwangerer Frauen. Unterstützt Chemotherapie. Ist gut für die Augen, für die Verdauung, für den Geist, für die Leistungsfähigkeit. Und heilt Diabetes. Die Liste der Heilkräfte, die in diversen Internetforen der Beere – mehr oder weniger nachweisbar – nachgesagt werden, ist lang. Matthias Stockinger hält sich aus dieser Debatte raus. „Ich denke, dass viele Früchte ihre eigenen positiven Eigenschaften haben“, sagt er. Doch eine Wirkung will er selbst nicht vorhersagen: „Ich bau sie nur an und mache Saft. Für mich ist sie wie jede andere Frucht auch. Nur eben ein Nischenprodukt.“ Wir fahren in seinem Elektroauto zum Anbaufeld bei Erpolzheim. Ein bisschen Unkraut wächst zwischen den Sträuchern. Es gibt kein spezielles Spritzmittel für diese noch weniger verbreitete Pflanze. Das brauche sie auch nicht, so Stockinger: „Die ist gegen so gut wie alles resistent.“ Also doch eine Art Wunderfrucht ... Aus dem Feld lassen sich ungefähr fünf Tonnen Aroniabeeren gewinnen, doch das reicht längst nicht. Für die Saftproduktion kauft Stockinger Früchte zu. Oft gefroren, denn „da ist die Qualität besser“, erklärt er. Vom fertigen Saft verkauft er nach eigenen Angaben mehr als 50.000 Liter pro Jahr, das meiste übers Internet. Selbst in Südkorea hat er Abnehmer. Auf dem PC in seinem Büro zeigt er die Zugriffszahlen seiner Webseiten. Allein auf obsthof-stockinger.de waren es letzten Monat circa 30.000 Aufrufe. Daneben betreibt er noveldrink.de, wo er unter der Marke „Noveldrink Superfruits“ neben Aronia- und anderen Fruchtsäften noch Aronia-Smoothies (cremige Fruchtmixgetränke) mit Apfel, Banane und Birne vertreibt. Unter der Adresse myApples.de hat Stockinger einen Apfelversand eingerichtet, stockinger-drinks.co.uk ist an die britische Kundschaft gerichtet, wo Stockinger einen kleinen Vertrieb aufgebaut hat. „Binnen 48 Stunden liefern wir überall hin“, sagt er. Und beim Apfelversand innerhalb Deutschlands sogar anderntags. Lukrativ ist die Aroniabeere laut Stockinger schon. Den halben Liter bietet er für knapp 4,50 Euro an, die Dreiliterbox für 14,90. Die Idee kam ihm, als der Obstanbau unattraktiver wurde. Im Fernsehen hat er dann einen Beitrag über die Frucht gesehen und schon war ihm klar: „Das probieren wir mal!“ Vor vier Jahren war das. Nun wird die Pflanze immer größer. Noch ist sie circa einen halben Meter hoch, insgesamt soll sie zwei Meter erreichen. Nur ein Problem könnte sich eventuell ergeben: Die eigentlich bittere, sehr herbe Frucht hat sich hier in der Pfalz nochmal ganz anders entwickelt, als man sie im östlichen Nordamerika kennt, wo sie hauptsächlich vorkommt. Die pfälzische Aronia hat nämlich eine Eigenschaft, die man vorher nicht von ihr kannte: Sie ist auch süß. Womöglich gar so süß, dass sie in der Powerfood-Szene nicht ankommen könnte. Man kennt sie eben anders. Stockinger nimmt uns mit in den Probierraum seines Obsthofs. Neben sortenreinen Apfelsäften, bei denen man den Unterschied zwischen Pinova und Rubinette herausschmecken kann, gibt er uns auch seinen Johannisbeer-Direktsaft zu kosten. „Der aus dem Supermarkt besteht zu einem großen Teil aus Zucker und Wasser“, erklärt er. Direktsaft ist sehr sauer – wie Johannisbeeren selbst eben schmecken. Vielleicht sind wir nur noch einen Geschmack gewohnt: süß und fruchtig. Die Aronia ist ganz anders: bitter, viel Gerbstoff, kaum sauer, aber vollmundig. Ambivalent, wie halt viele gesunde Sachen ...

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