Nachgeschenkt Wochenkolumne: Von Baggern, Bibern und Bildhauern

Ein kleiner Bagger ziert den Erdhaufen beim Spatenstich.
Ein kleiner Bagger ziert den Erdhaufen beim Spatenstich.

In unserem nicht ganz ernst gemeinten Wochenrückblick geht es diesmal um den Spatenstich zum Breitbandausbau und einen „freigesprochenen“ Gesellen.

Breitband: Spaß und Ernst

Die Veranstaltung begann scherzhaft, wobei der Scherz einen im Wortsinne toternsten Hintergrund hat. Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld sagte beim Spatenstich zum Breitbandausbau im Jägerthal, man habe hier einen Ort, an dem man nicht gestört wird von Nachrichten, E-Mails oder Anrufen. Dahinter steckt die miserable Versorgung mit Internet, Funk- und Festnetz. Mal fällt tagelang das Telefon aus, Internet läuft quälend langsam, um Empfang mit dem Handy zu haben, muss man wohl auf möglichst hohe Bäume klettern. Da passte es, dass Ihlenfeld auch feststellte: „Vor zehn Jahren ging man zum Essen in eine Gaststätte. Heute ist die erste Frage nach dem WLan-Passwort.“ Das gibt’s bisher eher nicht. Es ist mehr als allerhöchste Eisenbahn, dass sich im Jägerthal was tut. Es will ja wohl niemand schuld sein, weil ein verunglückter Wanderer oder Autofahrer nicht überlebt, nur weil niemand Hilfe rufen konnte. Es ist also mehr als wünschenswert, dass sich Inexio, Telekom und sonstige Beteiligte schnell einig werden, um den Menschen, die dort ohne Angst leben oder ihre Freizeit genießen wollen, die Versorgung zu bieten, die ihnen im Jahr 2020 schon lange zur Verfügung stehen sollte.

Bagger: Spaten und Haufen

Bei Spatenstichen in Wahlkampf-Zeiten – Landrats- und Landtagsurnengänge werfen ihre teils noch recht langen Schatten voraus – gibt es oft plötzlich ganz viele Menschen, die einen Spaten in einen Erdhügel stecken wollen. So war das auch am Donnerstag beim Startschuss für den lang ersehnten Breitbandausbau. Zu Corona-Zeiten ist das aber gar nicht so einfach, wenn entweder Abstände eingehalten werden oder alle unfotogenerweise eine Maske tragen müssen. Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld hatte dazu die passende Lösungsidee: „Wir haben nicht zu viele Spaten, der Haufen ist einfach zu klein.“ Daneben stand mit der enormen Grabenfräse des am Ausbau beteiligten Tiefbauunternehmens eigentlich das richtige Gerät, um schnell für noch ein bisschen mehr Erde auf dem Hügelchen zu sorgen. Der kleine putzige Plastikbagger, der auf dem Aushubhaufen stand, wirkte fast ein bisschen eingeschüchtert von seinem „großen Bruder“.

Biber: Mensch und Tier

Vom breitbandgetriebenen Tiefbau kommen wir nun auch noch zum nagerbetriebenen Nassbau. Auch Dürkheims Bürgermeister Christoph Glogger sprach beim Spatenstich im Jägerthal. Auch er fand außerordentlich treffende Worte zur prekären technischen Versorgungslage: „Ich freue mich sehr, dass wir heute hier sind. In den letzten Jahren waren die Bautätigkeiten im Jägerthal ja eher auf den Bereich des Bibers im Isenachweiher beschränkt.“ Das klingt, als wäre der Bürgermeister mit dem tierischen Bewohner in dem Gewässer nicht ganz zufrieden. Wenn wir zur Verständigung zwischen Mensch und Tier beitragen können: RHEINPFALZ-Biber Nils Nager spricht fließend Deutsch und Biberisch, er könnte bestimmt vermitteln, falls das Nagetier im Weiher an der falschen Stelle seine Deiche errichtet.

Bildhauer: Vater und Sohn

Nach altem Ritus werden Steinmetz- und Bildhauerlehrlinge auch heute noch von ihrer Lehrzeit „freigesprochen“. Üblicherweise kniet der Lehrling dazu auf einem Kissen vor dem Innungsobermeister nieder und erhält mit dem Richtscheit einen symbolischen Schlag auf die Schultern. Gemeint ist das als „letzte Züchtigung“, die es nach dem Ende der Lehrzeit nicht mehr geben darf. Auch Luca Heyser hat die Gesellenprüfung im Steimetz- und Bildhauer-Handwerk erfolgreich abgeschlossen. Und üblicherweise hätte ihm damit die festliche Freisprechung im Neustadter Saalbau zugestanden. Aufgrund der Corona-Pandemie fiel diese allerdings aus, und so wurde Luca Heyser kurzerhand im heimischen Garten „freigesprochen“. Heysers Vater – der Dürkheimer Bildhauer Mathias Nikolaus – nahm das Gesellenstück seines Sohnes in Augenschein und führte dann den traditionellen Schulterschlag aus. Die Aufnahme von Luca Heyser in den Gesellenstand folgt dabei einer langen Familientradition: Schon seit den Zeiten von Heysers Ururgroßvater waren in jeder Generation Steinmetze und Bildhauer vertreten. Das Freispruch-Ritual im heimischen Garten beschließend, gab der Vater seinem Sohn übrigens noch folgende Worte mit auf den Weg: „Ausbildung ist das Lernen von Regeln – Erfahrung das Lernen der Ausnahmen.“

Gibt es Verständigungsprobleme mit dem Biber?Foto: Laura Estelmann
Gibt es Verständigungsprobleme mit dem Biber?Foto: Laura Estelmann
Luca Heyser: Freisprechung nach altem Ritus.
Luca Heyser: Freisprechung nach altem Ritus.
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