Bad Dürkheim „Werde zum ersten Mal singen“

Mehmet Kurtulus
Mehmet Kurtulus

Er hat von 2008 bis 2011 den Tatort-Kommissar Cenk Batu gespielt und in Hollywood mit Samuel L. Jackson gedreht. Bei den Wormser Nibelungen-Festspielen vom 4. bis 20. August übernimmt Mehmet Kurtulus in „Glut. Siegfried von Arabien“ die Rolle von Scheich Omar, das Alter Ego von Hunnenkönig Etzel aus der Nibelungensaga.

Was reizt Sie am Nibelungen-Stoff am meisten: der Kulturclash, die Beziehungsdramen mit ihren starken Gefühlen von Leidenschaft und Rache oder die politische Seite mit Hagens Ränken und Machtspielen?

Die Nibelungen sind wirklich reichhaltig an Themen. Wir spielen das Nibelungenlied aber nicht in einem musealen Kontext. Albert Ostermaier hat ein intelligentes Stück geschrieben, das er 1915 verhaftet und mit einer wahren Begebenheit verquickt. Diese stellt er in einen aktuellen Kontext und beschreibt dadurch auch die – insbesondere politische – Welt, in der wir leben. Da lohnt es sich hinzuhören. Sie sind in der Türkei geboren. Wird es auch Anklänge an Erdogan geben? Das Stück hat mit allen Ländern zu tun, die heute das politische Tagesgeschäft bestimmen. Es gibt dem Zuschauer einen Einblick, wie die Konflikte einmal angefangen haben. Es ist ratsam, um solche Zusammenhänge zu wissen, um das große Bild zu sehen und nicht nur die einzelnen Ereignisse, die in den Nachrichten auftauchen. Wir merken, dass in dieser Welt alles miteinander zusammenhängt und vieles einen gemeinsamen Hintergrund hat. Sie heben auf den Nahostkonflikt ab ... Ganz genau. Die Wurzeln von dem, was dort aktuell passiert, reichen ganz weit zurück und sind Teil unserer gemeinsamen Geschichte. Haben Sie schon einmal mit dem ebenfalls türkischstämmigen Regisseur Nuran David Calis gearbeitet? Nuran David Calis ist einer der besonderen Gründe, weshalb ich mit großer Freude hier bin: dazu dieses tolle Ensemble und Worms. Man hört, Sie werden vor dem Dom auch singen? Das habe ich auch gehört (lacht). Was wird das sein: Wagner? Dessen Ring soll ja in Worms zu hören sein. Ich will nicht zu viel verraten. Es heißt: ein Schlaflied, aber kein Wagner. Und ich verrate Ihnen eines: Es wird das erste Mal in meinem Leben sein, dass ich singe. Tatsächlich. Dabei haben Sie doch eine schöne sonore Stimme ... Ich möchte jetzt keine falsche Bescheidenheit vorgaukeln. Ich habe wirklich noch nie gesungen. Und da habe ich mir gleich die richtige Gelegenheit ausgesucht (lacht). Sind Sie denn Wagner-Fan? Fan wäre jetzt ein bisschen übertrieben. Aber ich liebe die Vielfalt, die Abwechslung. Und dazu gehört sicher auch, klassische Musik zu hören. Das hängt immer von dem Zustand ab, in dem man gerade ist. Es muss nicht immer Samba sein. Die Vielfalt ist das Schöne am Leben. Aber Samba geht auch. Ja, das tanzen wir dann zusammen auf der Bühne am 4. August (lacht). In der Premierennacht. Immerhin sind Sie Pate an der Musischen Akademie Braunschweig, und da geht es doch um Musik, oder? Ich hege eine Sehnsucht zu diesen Menschen, die Musik machen. Ich engagiere mich bei unterschiedlichen Gelegenheiten, die erstaunlicherweise alle in Richtung Musik gehen. Vielleicht weil mein Schwerpunkt das Wort ist – statt der Musik. Bekannt wurden Sie vor allem durch Ihre Rolle als Tatort-Kommissar. Warum sind Sie nach sechs Folgen ausgestiegen? Der Tatort ist doch für einen Schauspieler eine sichere Bank? Es ist eine sichere Bank. Aber ein Schauspieler beziehungsweise Künstler ernährt sich von Unsicherheit. Sicherheit betäubt ab einem gewissen Punkt: die Rolle, das Geld, die stetige Aufmerksamkeit – da ist die Gefahr groß, dass der Beruf eine Gleichförmigkeit bekommt. Mut verliert seine Wertigkeit. Neugierde und Risiko verblassen. Ich habe sechs Tatorte gemacht: wirklich aus vollem Herzen. Ich fühlte mich voller Energie, um zu neuen Ufern aufzubrechen und meiner Neugier nachzugehen – um mich weiterzuentwickeln. Ihre Risikobereitschaft wurde ja in der Tat belohnt ... Mit „Big Game“ an der Seite von Samuel L. Jackson oder der weltweiten Erfolgsserie „Magnificent Century“ zeigte mir das Schicksal, dass es eine richtige Entscheidung war. Und vor zwei Monaten sind die Dreharbeiten zum französischen Kinofilm „Lady Winsley“ zu Ende gegangen, der nächstes Jahr in die Kinos kommt. Info www.nibelungenfestspiele.de

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