Bad Dürkheim „Wer vorher sündigt, schläft besser“

Mit dem Programm „Ciao bella Italia“ ist Schauspieler Moritz Stoepel und Musiker Christopher Herrmann ein ganz und gar italienischer Abend gelungen. In der Lutherischen Kirche in Wachenheim entführten sie ihr Publikum mit viel Humor ins Sehnsuchtsland der Deutschen.

Man kann Italien auf verschiedene Weise bereisen – sogar ohne einen Schritt hineinzusetzen. Die „virtuelle“ Reise hat sogar den Vorteil, dass Zeitsprünge durch alle Jahrhunderte möglich sind. Und welcher Italientourist kann schon Casanova, Franz von Assisi, Lorenzo de Medici, Petrarca und noch viele andere kennenlernen? Schließlich sind die alle tot... In Moritz Stoepels Seele wohnen sehr viele verschiedene Menschen, die heraus wollen. An diesem Abend hatten die Italiener – und die deutschen Italienverehrer, wie Goethe oder Heinrich Heine – Ausgang, aber auch der Durchschnittsitaliener, singend oder nicht. Seinen dicken italienischen Akzent legte Stoepel den ganzen Abend nicht ab – auch nicht nach dem Schlußapplaus. Und da er noch dazu den Kopf voll ehemals dunkler Locken hat, ist es vielleicht notwendig, zu sagen, dass er kein Italiener ist. Begleitet wird der so echte Nicht-Italiener von Musiker Christopher Herrmann, der hauptsächlich Cello, aber auch Klavier, Geige und noch einiges andere spielt, aber nicht singt oder spricht. Das muss er auch nicht, seine Instrumente tun das für ihn, fragen, machen freche Sprüche, zeigen Gefühle, alles ohne ein Wort. Außerdem machen sie wunderbare Musik, besonders das Cello, sein eigentliches und Hauptinstrument. Unter den Solo-Stücken, bei denen sich Moritz Stoepels „Italiener“ ein bisschen erholen konnten, war auch ein Satz aus Bachs Cello-Suiten, und einiges, das nach eigenen Kompositionen klang. Das Programm ist eine bunte Mischung aus literarischen Texten, besonders Gedichten, italienischer und deutscher Schlager. Aber auch Kritisches spart er nicht aus: Sei es die Mafia und ihr Filz, das luxuriöse Ruhestandsleben des Kardinal Tarcisio Bertone, Berlusconi, die Umweltbelastung Venedigs... Nach solchen ernsten Tönen griff er wieder zu Gitarre. Bei „Marina, Marina“ oder „Volare“ sangen viele mit. Köstlich die „Römischen Elegien“ Goethes, erst in Hochdeutsch, dann „im Original“, Frankfurter Hessisch nämlich. Da sah man dann den alten Schwerenöter Goethe, wie er sich der erotischen Erlebnisse seiner italienischen Reise erinnert, und seine Hände haben nicht vergessen, wie er die Hexameter auf dem nackten Rücken der Geliebten abzählte. Italien und „Amore“ überhaupt: Da kann der Chevalier de Seingalt, auch als Casanova bekannt, Nachhilfe-Untericht erteilen. Sieben Stunden habe er mit einer Schönen die Liebe gepflegt (Stimme aus den ersten Reihen des Publikums: „Ooooh!“). Vielleicht war er ein Angeber... Stoepel aber beweist es mit Tagebuchlesungen: Vor allem war Casanova ein Liebender, wenn auch eher aller Frauen als einer einzelnen. Aber: „Auch die schönste Frau ist an den Füßen zu Ende“. Franz von Assisi hatte es eher mit den Vögeln des Himmels, denen er predigte. Ganz still wurde es im Publikum, als Stoepel den kompletten Straßenkampf aus Shakespeares „Romeo und Julia“ zwischen den jungen Männern der Veroneser Familien Capulet und Montague nachspielte – alle Personen und einschließlich der Ermordung Mercutios. Am Ende entließ Stoepel das begeisterte Publikum mit einem Rat, sei er von ihm oder Casanova: „Wer schläft, sündigt nicht. Wer vorher sündigt, schläft besser“.

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