Bad Dürkheim Tänzerisch, rockig, hymnisch

Die Gattung Klaviertrio erfreut sich besonderer Beliebtheit im Jazz. Gleich zwei solcher Formationen hat Yvonne Moissl am Freitagabend zum „Palatia-Jazz“-Auftritt auf die Limburg eingeladen. So erlebten die vielen Besucher bei prächtigem Wetter ein begeisterndes Doppelkonzert.

Den Anfang machte „Phronesis“. Das Pianotrio aus England imponierte mit demokratischem und ausgeglichenem Spiel, bei dem der Kontrabassist schon mal ausgedehnte melodische Führungsarbeit leisten konnte. Jasper Høiby heißt der gute Mann und ist zugleich der Bandchef, der auch die Kompositionen schreibt. Einen starken Ton lieferte er mit knorrig sonorem Klang, welcher zudem behände zu grooven versteht. Pianist Ivo Neame setzte elegisch Melodiöses oder minimalistisch vitale Rhythmen auf die Klaviatur. Zusammen mit Drummer Anton Eger ergab sich auf diese Weise ein Triospiel, das ausgeklügelt und harmonisch raffiniert daherkam, tänzerische Fahrt aufnahm und Spielfreude, Inspiration sowie Virtuosität wundervoll vereinte. Stark verschränkt waren die asymmetrischen Beats des Drummers mit dem Groove des Bassisten und den pulsierenden, wirbelnden Klavierläufen. Noch mal eine Klasse stärker präsentierte sich das Tingvall Trio. Das in Hamburg residierende Trio, das mit dem „Jazz Echo“ ausgezeichnet wurde, bot hymnisch-ohrwurmhafte Klaviermelodien, die ein rockig treibendes Schlagzeug in Fahrt brachte. Dazu passte Martin Tingvalls Gesang perfekt. Dabei bevorzugte er einen vitalen, oft repetitiven Stil, der seine wohlklingenden Harmonien belebte. Mit kräftigem Anschlag gab er seinen träumerischen Melodien energiereiche Substanz. Skandinavische Folklore-Motive greift Tingvall ohnehin gerne auf in seinen Kompositionen, intensiviert deren ruhige Harmonik zu rasender Virtuosität und schillernden Arabesken. Überhaupt findet er großen Gefallen am Ornamentalen: Furios treibende Läufe und Repetitionen ließ der schwedische Pianist daher auch auf der Limburg aus den Tasten tremolieren, um dann mit wohlig aufrauschenden Harmonien eine ruhig schwebende Poesie zu entwerfen. In einem kleinen Dorf in Südschweden hat Tingvall ein zweites Domizil, in dessen Ruhe er lyrische Kompositionen schreibt, die oftmals eintauchen in die volksliedhafte Welt seiner Heimat, in ihre Melodien, Sagen und Mythen. All dies verbindet er mit einer eigenen modernen Klangpoesie. Dort ist sicher auch „Geisterschritte“ entstanden, ein hymnisch leuchtendes Thema, das beim Palatia-Jazz-Auftritt starke Fahrt gewann durch die pulsierenden Rhythmen des Drummers Jürgen Spiegel, in deren Sog auch das melodiöse Thema geriet. Aus lässiger Abgeklärtheit heraus intensivierte Tingvall passend sein Spiel, steigerte es zu schäumender Spiellust. „Beat“ heißt die neue CD des Trios, die Titelnummer durften die Zuhörer gleich mal live genießen. Wiederum mit einem Thema wie aus einem skandinavischen Volkslied, in ruhiger Hymnik eingebungsvoll strömend. Warme Kontrabasslinien ließ Omar Rodriguez Calvo sonor ausschwingen, setzte expressive Kontrapunkte zu den Klaviermelodien. Große Hymnik und Emphase baute Martin Tingvall in seinen weit ausströmenden Läufen auf: große inspirierte Romantik, von starkem Groove unterfüttert. Eine intensive, zu Herzen gehende Lyrik ließ der Schwede erklingen, in langen Variationen überaus spielfreudig ausgeweitet und immer wieder in hochtourigen Rausch geführt. Seelenvolle Gesänge, die inbrünstig romantische Geschichten erzählten. Nicht lange dauerte es, bis die ruhigen Melodien rockige und tänzerische Fahrt aufnahmen. Sehr zur Freude des begeisterten Publikums. (öhl)

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