Bad Dürkheim Sehnsucht nach der syrischen Heimat

Mit einer Schweigeminute für die Opfer des Pariser Terroranschlags begann am Sonntag in der Wachenheimer Burgkirche die von der Erpolzheimer Sängerin Caroline Simpson und ihrem Musikerkollegen Harald Stein initiierte Benefizveranstaltung „Musik hilft!“, deren Erlös dazu beitragen soll Sprachkurse für Flüchtlinge zu finanzieren.
Sechs Künstlergruppen und zwei Überraschungsgäste traten bei der zweistündigen, von Sebastian Barth moderierten Show auf. Das Publikumsinteresse war enorm und beweist, dass ein Großteil der Bevölkerung willens ist, bei der Flüchtlingsthematik praktische Unterstützung zu leisten. Pianist Harald Stein stimmte mit dem Instrumentalstück „Song For Guy“ von Elton John auf das Kommende ein, bevor der Wachenheimer Chor „InTakt“ mit „Lord Forgive Us“, „Yes My Lord“ und Leonard Cohen’s „Hallelujah“ eine beeindruckende Mischung aus Gospel und Singer/Songwriter-Poesie aufführte. Ganz andere Töne schlug die danach auftretende „Bathhouse Band“, die Hausband des Wachenheimer Badehaisels mit Harald Stein am Klavier, an. Sie eröffnete ihr Set mit dem Jazzstandard „Caravan“ von Duke Ellington, bevor Caroline Simpson als Sängerin einstieg und mit „God Bless The Child“ erste Gänsehautmomente erzeugte. Die „Badehaisler“ verabschiedeten sich mit lateinamerikanischen Rhythmen und dem „One Note Samba“. Positiv überraschte ein Gesangs- und Gitarrenduo aus Gimmeldingen und Deidesheim: Ani und Alanna. Die 17 und 18 Jahre alten Mädchen stellten ihre erstaunlich ausgereiften Eigenkompositionen „Turns out“ und „Nightmare“ vor, bevor sie ihr Publikum mit einem selbst arrangierten Medley von Charthits in die Pause entließen. Moderator Barth, der auch als Sänger bei „InTakt“ in Erscheinung getretenen war, brachte einen unangemeldeten Gast auf die Bühne. Ein junger syrischer Flüchtling namens Achmed hatte sich spontan entschlossen ein Lied vorzutragen, dessen Text sich um seine Heimat dreht, die er eines Tages wiedersehen möchte. Sein Beitrag wurde zu einem der ergreifendsten und emotionalsten Momente der Veranstaltung und es dauerte ein wenig, bis sich alle wieder gefasst hatten und der unbeschwerten Musik des danach auftretenden „Sunny Site Quintets“ zuhören konnten. Auch bei dieser Formation heißt die Frontfrau Caroline Simpson. Diesmal stellte sie mit dem Swing „Cheek To Cheek“, dem Bossa Nova „Água de beber“ und einer funky Version von „On The Sunny Side Of The Street“ ihre Vielfältigkeit unter Beweis. Die jetzt folgende Umbaupause nutzte „InTakt“-Chorleiter Heiko Abel, sich als Solosänger vorzustellen. Von der Empore der Kirche aus sang er den „Simon & Garfunkel“-Klassiker „Bridge Over Troubled Water“. Carolie Wolff (Gesang), Gudrun Eymann (Akkordeon, Gesang) und Renate Kohl (Gesang, Saxofon), eine Abordnung des Wachenheimer „Theater Oliv“, spielten dann einen Auszug aus ihrem Programm „Komm ein bisschen mit nach Italien“. Auch der Deutschen liebstes Urlaubsland sei von der Flüchtlingskrise stark betroffen, begründete Carolie Wolff den Auftritt. Ihr Trio startete mit den Evergreens „Parole, Parole“ und „Die Capri Fischer“, wechselte dann aber, mit „Munasterio é Santa Chiara“ von Carlo Vutera und dem von Pino Daniel geschriebenen „Pigro“, zu schwerer Kost über. In „Munasterio...“ geht es zum Beispiel darum, dass sich ein italienischer Frontsoldat zu Ende des Zweiten Weltkrieges Gedanken darüber macht, was wohl daheim in Neapel vorgefallen sein wird. Er hat Angst davor nach Hause zu kommen, da er nicht weiß, was er dort vorfindet. Der Bezug zwischen diesem Stück und der Lage der Flüchtlinge erschloss sich jedem Zuhörer sehr schnell, während dieses Vortrags hätte man in der Kirche eine Stecknadel fallen hören können. Wieder war es Caroline Simpson, die aus den finsteren Gedanken riss – diesmal in Duobesetzung mit dem hervorragenden Gitarristen Axel Müller. „True Colours“ von Cindy Lauper, das Jazzstandard „Nature Boy“ und der Popsong „Chuck E’s In Love“ von Rickie Lee Jones standen auf der Spielliste. Zum großen Finale kamen dann noch einmal alle Künstler auf die Bühne und sangen gemeinsam, unterstützt von einem lautstarken Publikumschor, „Aufstehen, aufeinander zugehen“, eine Hymne, getextet von dem Pfarrer und Liedermacher Clemens Bittlinger, die den perfekten Abschluss eines rundum gelungenen Abends darstellte.