Bad Dürkheim Schockanrufe und Corona-Maschen: Immer neue Enkeltrick-Varianten

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Mehr als 100 Betrugsversuche am Telefon hat die Dürkheimer Polizei in den vergangenen drei Monaten registriert. Positiv: In keinem der Fälle entstand Schaden. Allerdings denken sich die Täter immer neue Tricks aus, um vor allem ältere Menschen um ihr Geld zu bringen. Dabei ist eine bestimmte Masche auf dem Vormarsch.

Von einem Fall, wie er derzeit in der Region häufiger vorkommt, berichtet Daniel Mischon, stellvertretender Leiter der Dürkheimer Polizeiinspektion: Ende Februar rief ein Unbekannter bei einer älteren Dame an. Er gab sich als deren Sohn aus und behauptete, einen Verkehrsunfall verursacht zu haben. Daraufhin sei er in die Dürkheimer Polizeiinspektion gebracht worden. Dort wolle nun eine Polizistin mit der Dame reden. Er stellte das Gespräch weiter und seine Komplizin forderte die Seniorin auf, eine Kaution bereitzustellen, gegen die ihr „Sohn“ freikommen würde. Schaden entstand bei dem Betrugsversuch zwar nicht, aber Mischon sagt: „Solche Fälle berühren mich, weil Senioren um ihr hart erspartes Geld gebracht werden sollen. Die alten Leute sitzen zu Hause und freuen sich vielleicht noch, dass sich jemand bei ihnen meldet. Dabei geht es nur um ihr Geld.“

Anrufe, bei denen sich die Täter als Verwandte ausgeben und erklären, entweder selbst einen Autounfall verursacht zu haben und Geld für die Regulierung des Schadens zu benötigen, oder Opfer eines Unfalls geworden zu sein und finanzielle Unterstützung für eine medizinische Behandlung zu brauchen, häuften sich zuletzt bei der Dürkheimer Inspektion. Betrugsversuche wie diese zählt die Polizei zur Enkeltrick-Masche, die es mittlerweile in zahlreichen Varianten gibt. „Die Täter sind sehr kreativ und erfinden immer neue Geschichten“, bestätigt Horst Gesell, Leiter Zentrale Prävention beim Polizeipräsidium Rheinpfalz. In Wellen würden oft mehrere Hundert Leute abtelefoniert, ergänzt Ghislaine Werst, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Rheinpfalz. Die Telefonnummern würden entweder im Internet gekauft oder im Telefonbuch recherchiert, wo gezielt nach klassischen Vornamen gesucht werde.

Viele Fälle werden nicht angezeigt

46-mal versuchten Betrüger in den vergangenen drei Monaten Enkeltricks in der Stadt Bad Dürkheim und den Verbandsgemeinden Freinsheim und Wachenheim. Die Masche war damit vor dem falschen Microsoft- oder Bankmitarbeiter (40 Fälle), dem falschen Polizisten (elf) und betrügerischen Gewinnversprechen (fünf) der am häufigsten angewendete Telefonbetrug-Trick. „Aber das sind nur die Fälle, die angezeigt werden. Wir befürchten ein riesiges Dunkelfeld, weil sich gerade Menschen, die Opfer eines solchen Betrugs geworden sind, dafür schämen“, sagt Mischon. Dabei sei es wichtig, dass jeder Betrugsversuch angezeigt werde. „Nur so haben wir die Chance, an die Täter heranzukommen“, unterstreicht er. Angerufene sollten sich die Telefonnummer notieren, von der aus sie kontaktiert wurden. „Auf keinen Fall sollte man aber zurückrufen“, sagt Mischon.

Die Nummern, die angezeigt würden, seien zumeist über das Internet generiert. Dennoch liefern sie den Ermittlern Hinweise. Die Täter säßen oft in regelrechten Callcentern im Ausland. Entsprechend schwierig und langwierig sei es, an sie heranzukommen. Sie gingen sehr professionell vor, zeigten in den Gesprächen Hintergrundwissen über die Region und könnten sogar in manchen Fällen den typischen Dialekt in der Region sprechen, erklärt Gesell. Für die Ermittlungen seien solche Details allerdings wertvoll. Generell rät der Präventionsexperte: „Lassen Sie sich auf kein Gespräch ein und legen Sie notfalls sofort auf.“

Auf keinen Fall sollte man am Telefon Auskünfte über seine persönlichen oder gar finanziellen Verhältnisse geben. Gebe sich jemand als Verwandter aus, solle man mit der genannten Person Kontakt aufnehmen oder mit Bekannten, Verwandten, Nachbarn über den Anruf reden und die Polizei einschalten.

Wie Betrüger die Pandemie nutzen wollen

Wie skrupellos die Verbrecher vorgehen, zeigt eine andere Masche, von der Gesell berichtet: Derzeit würden Betrüger versuchen, die Pandemie zu nutzen und sich als Mitarbeiter des Gesundheitsamts ausgeben und Impftermine, Schnelltests oder Impfstoff am Telefon anbieten – gegen Bezahlung. „Das würde natürlich keine offizielle Stelle jemals machen“, sagt Gesell. Eine andere Corona-Masche: Anrufer geben sich als Verwandte aus und behaupten im Ausland unterwegs und an Corona erkrankt zu sein. Für die Behandlung oder die Impfung werde Geld benötigt.

Die Pandemie erschwert unterdessen die Präventionsarbeit der Polizei. Infoveranstaltungen etwa am Rand von Seniorentreffen sind derzeit nicht möglich. Als Alternative bietet das Polizeipräsidium Online-Veranstaltungen an. Ein anderer wichtiger Baustein ist die Berichterstattung über Betrugsversuche in den Medien oder über das Polizeiportal im Internet. Dass ein Enkeltrick gelingt, sei mittlerweile die große Ausnahme, sagt Pressesprecherin Werst.

Wenn, dann entsteht dabei aber mitunter beträchtlicher Schaden: Wie im Herbst vergangenen Jahres, als eine Seniorin aus der Verbandsgemeinde Freinsheim um mehr als 30.000 Euro betrogen wurde.

 

Im Netz

www.polizei-beratung.de.

 

Wer Interesse an einer Online-Veranstaltung hat, kann sich per E-Mail an beratungszentrum.rheinpfalz@polizei.rlp.de wenden.

 

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