Bad Dürkheim Run auf Rest-Exemplare
Eindeutiger Hit auf den Bestsellerlisten der drei Dürkheimer Buchhandlungen ist im November das Sachbuch „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ von Heribert Schwan und Tilman Jens. Es war der Favorit bei „Buchmarkt“ und „Ulrich“. Der Gerichtsentscheid, der dem Heyne-Verlag untersagt, dieses Buch weiterhin auszuliefern, mag die Leser zum Kauf angespornt haben, zumal Rest-Exemplare noch verkauft werden dürfen.
Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl hatte den Journalisten Schwan 2001/2002 zu seinem Ghostwriter erkoren und ihm in mehr als 600 Stunden seine Lebenserinnerungen zu Protokoll gegeben. Drei Bände dieser Erinnerungen sind erschienen, dann endete die Zusammenarbeit jäh. Mit der Veröffentlichung von „Vermächtnis“ habe Schwan einen eklatanten Vertragsverstoß begangen, rügte Kohl. In der Tat hatte Schwan Zitate auf Tonbändern eigenmächtig veröffentlicht, was Kohl zur gerichtlichen Klage veranlasste. Schonungslos rechnet der Altkanzler in diesen Gesprächsprotokollen mit seinen einstigen Weggefährten ab, unter ihnen Kanzlerin Merkel und die Expräsidenten Wulff und von Weizsäcker. Das Gerichtsurteil, das einen Sieg für Kohl bedeutet, ficht der Verlag jetzt an. Der Streit um das „Vermächtnis“ geht also weiter. An dieser Stelle soll außerdem ein Buch von ganz anderer Qualität beleuchtet werden, das bei „Frank“ Favorit war: Lutz Seilers mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneter Roman „Kruso“. Höchst spannend und zugleich poetisch erzählt der Autor die Geschichte zweier Männer, Ed und Kruso, die im Wendejahr 1989 auf der Ostsee-Insel Hiddensee mit anderen Aussteigern in einer Art Kommune leben und hier ihre Vorstellungen von Freiheit verwirklichen. Beide sind gebrochene Charaktere, Idealisten, die ein schwieriges Schicksal auf die Insel getrieben hat. Sie arbeiten im Ausflugslokal „Zum Klausner“, in ihrer Freizeit schreiben und rezitieren sie Gedichte und träumen von einer Freiheit, die sie nicht wie viele ihrer Landsleute durch die Flucht in den Westen, sondern in sich selbst suchen. 1963 in Gera geboren, arbeitete Seiler zunächst als Maurer und Zimmermann, ehe er in Halle und Berlin Germanistik studierte. Früh begann er, Gedichte zu schreiben und wurde mit Lyrikbänden bekannt. Für seine Erzählung „Turksib“ erhielt er 2007 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Ferner wurde er mit dem Uwe-Johnson-Preis und dem Marie-Luise Kaschnitz-Preis ausgezeichnet. Seiler lebt in Wilhelmshorst und in Stockholm. (wss)