Bad Dürkheim Mit Mut neue Wege wagen

Ein Morgengebet begegnet mir in den letzten Wochen immer wieder; es scheint, als stellt es sich wieder vorne an, wenn ich es zurückschicke. Es lautet: „Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen leg ich meinen Tag in deine Hand/Sei mein Heute, sei mein gläubig Morgen,/sei mein Gestern, das ich überwand./Frag mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen,/bin aus deinem Mosaik ein Stein./Wirst mich an die rechte Stelle legen./Deinen Händen bette ich mich ein.“

Edith Stein wird es zugeschrieben; und wenn ich dann zu diesen Zeilen noch ihre Lebensgeschichte sehe, dann merke ich sehr deutlich, wie mich dieses vertrauensvolle Beten erschüttert, aber auch, wie ich ein wenig in die Defensive gerate: Wie soll man denn das können – „ohne Vorbehalt und ohne Sorgen“ – einfach so sich selbst aus der Hand geben und in Gottes Hand legen? Ist das klug und weitsichtig? Ist das nicht an unserem Alltag vorbei?

Und die Zumutung geht weiter, wenn uns in der Fastenzeit Abraham vor Augen gestellt wird, zu dem Gott sagt: „Zieh weg aus deinem Land, lass alles hinter dir, und ziehe in das Land, das ich dir zeigen werde!“ Er weiß nur, wen und was er alles zurücklassen soll – was er bekommen wird, bleibt ungewiss. Und das finde ich nun wiederum sehr nah an unserem Alltag. Eine alltägliche Zumutung: Wenn du dich wirklich zu Neuem aufmachst, musst du zuerst einmal ganz vieles loslassen, ohne zu wissen, ob das Neue wirklich besser sein wird. Was ist die Konsequenz? – Lieber beim Gewohnten bleiben? Das kennt man. Glücklich macht das nicht, wenn man nur aus Gewohnheit bleibt. Aufbruch wagen? Beruhigend wirkt das nicht, wenn man nicht weiß, was kommt.

Ja, es bleibt eine Zumutung, dieses Leben, mit all seinen Bindungen und Aufbrüchen, innerlich wie äußerlich. Und die Fastenzeit bietet eine Gelegenheit, sich dieser Zumutung bewusst zu stellen. Das Wort „Mut“ in Zumutung groß zu schreiben und sich zu trauen, im Fasten zu merken, was mich fesselt, mich abhängig macht, woran ich buchstäblich festhänge und wovon ich nicht loskomme. Um mich dann, im Erkennen, davon frei zu machen und mutig loszugehen. Frei und mutig – freimütig – neue Wege zu entdecken, die zum Leben führen.

Geschieht so Wandlung? Wenn ich an diesem Frühlingsanfang die Natur betrachte, bekomme ich eine Ahnung davon: So wie im Frühling alles neu aufwacht, was so tot aussah, könnte auch in mir Vieles aufbrechen, was noch zugekrustet und verknospet ist. Wenn wir der „Lektion“ der Knospe folgen, uns aus dem Harten herauswagen, blüht uns das Leben. Wie diese Zumutung überstehen? Im Vertrauen, dass es einen Platz gibt, wo im Lebensmosaik genau meine Lebensfarbe gefragt ist, wo ich leuchten kann und durch mich die Welt bunter wird – wenn ich nur wage, mein Grau aufzugeben. (Archivfoto: Franck)

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