Bad Dürkheim „Ich bin nicht Charlie“
„So samma mia – die Welt aus bayerischer Sicht“ heißt das neue Soloprogramm von Bruno Jonas. Der bayerische Kabarettist ist einmal wieder auf Tour und gastiert auch in Limburgerhof. Zuvor hat er noch Rede und Antwort gestanden über das schwierige Geschäft des Satirikers in Zeiten von „Ich bin Charlie“.
Gegenfrage. Wie viele Mohammed-Karikaturen hat Ihre Zeitung in letzter Zeit abgedruckt? Ich glaube zwei, jedenfalls zum Problem Islamismus und Dschihadisten. Und wie viele Karikaturen hatten den Glauben zum Inhalt? Ich glaube keine. Aber zurück zu Ihrem Programm. Wie viele Spitzen gibt es nun? Ich hab’ sie nicht gezählt. Aber natürlich wird der Islam ein Thema sein. Die satirische Schreibweise ist für alle Themen geeignet, es kommt nur darauf an, wie man das Thema bespielt. Ich schreibe seit 15 Jahren jede Woche eine Glosse für Radio Bayern 3. Die letzten beiden hatten den Islam zum Thema. Es ist mir aber schon klar, warum Sie mir diese Frage stellen. Sie wollen hören „Ich bin Charlie“. Ich bin aber gar nicht Charlie. Ich bin auch kein Amerikaner. Nach den Anschlägen vom 11. September hat der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder nämlich gesagt, wir sind alle Amis. Ich bleib’ immer ich. Schon vor ein paar Jahren haben Sie in einem Interview gesagt, Sie würden angesichts der Bedrohung des Karikaturisten Kurt Westergaard und der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ wegen einer Mohammed-Karikatur mit dem Thema Islam sehr vorsichtig umgehen. Haben Sie jetzt Ihre Meinung geändert? Ich glaube, damals bin ich verkürzt wiedergegeben worden. Wenn es um Glaubensinhalte geht, finde ich Satire nicht so prickelnd. Dazu kenne ich mich mit dem Islam auch zu wenig aus, und ich habe auch nicht vor, zum Islam überzutreten. Wenn es also um Glaubensinhalte geht, provoziert Satire nur. Die Jungfräulichkeit der Gottesmutter kann man nicht beweisen. Es ist dann die Frage, ob eine satirische Behandlung der Frage nicht vergebliche Liebesmüh’ ist. Wenn Religion dagegen Politik macht, dann ist das etwas anderes. Und der Islam strebt ja die Einheit von Staat und Religion an. Sie haben aber einschlägige Erfahrung mit der angeblichen Lästerung christlicher Glaubensinhalte. Gleich in den Anfangsjahren als Kabarettist, Mitte der 1970er-Jahre, haben Sie sich nach einem Auftritt in Passau zusammen mit Sigi Zimmerschied in einem Prozess wegen Gotteslästerung verantworten müssen. Es gab keinen Prozess. Das Ermittlungsverfahren nach einer Anzeige ist eingestellt worden. Der Staatsanwalt hat das Verfahren gar nicht erst eröffnet. Der Rechtsstaat hat funktioniert. In der Kabarettnummer ging es außerdem weniger um Religion als um den Paragrafen 218. Maria war zum zweiten Mal schwanger, und der Heilige Geist sagte: Ich war’s nicht. Und da hat Maria geantwortet: Dann muss ich jetzt nach Holland fahren. Das war der eigentlich provokante Satz, die Haltung der katholischen Kirche zur Praxis der Abtreibung. Damals hat der Rechtsstaat funktioniert, wie Sie sagen. Die Situation ist bei den Islamisten und Dschihadisten jetzt ein bisschen anders. Natürlich. Die freie Meinungsäußerung ist garantiert. Trotzdem muss jeder für sich entscheiden dürfen, was er sagt und was nicht. Nicht alles, was Sie denken, sagen Sie ja auch. Na klar, im Internet gibt es Leute, die lassen alles ’raus, aber dann meistens anonym. Nur, was hab’ ich davon, wenn ich den Propheten beleidige? Eine Beleidigung um der Beleidigung willen. Und dann gibt es Leute, die den satirischen Code gar nicht verstehen. Satire arbeitet ja bewusst mit Missverständnissen, und manche verstehen Ironie nicht. Hinzu kommt, dass kaum Muslime zu mir in die Vorstellung kommen. Ich mache mich dann lustig in einem Bereich ohne Relevanz. Wenn wir von vornherein auf das Scheitern von Kommunikation setzen, ist der Unterhaltungswert gering. Jemand bloßzustellen, weil er Satire nicht versteht, ist witzlos. Tiefgläubige kann man nicht beleidigen. Nehmen wir den Buddhismus, eine Religion der Gelassenheit. Was hat man nicht schon alles über den Dalai-Lama gesagt? Den kannst du gar nicht provozieren, das prallt an ihm ab. Sind Sie selbst schon einmal bedroht worden? Ja, wiederholt. Schon damals, als noch Briefe geschrieben wurden, aber auch mit anonymen Telefonanrufen. Das gab’s schon immer, das muss man aushalten. Eine Frage zu Ihrem Kabarettprogramm, das sich mit ihrem Heimatland beschäftigt. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer soll über höhere Strafen für Blasphemie nachdenken. Halten Sie das für möglich? Da sollte der Horst noch mal drüber nachdenken, wenn er Zeit hat. Wenn er dafür ’ne Mehrheit kriegt, dann macht er’s. Aber das ist jetzt wohlfeil. Gott kann man gar nicht lästern. Es gibt nur Religionsbeschimpfung, und die ist nur ganz schwer zu fassen, denn da geht es um Gefühle. Rechtlich ist sie auch nur sehr schwer einzuordnen, denn es muss auch noch der öffentliche Friede gefährdet sein. Es ist schön, Sie bald wieder einmal auf der Bühne zu sehen, denn Sie haben sich ja sehr zurückgezogen. Im Fernsehen sind Sie jedenfalls lange nicht mehr aufgetreten. Warum? Es gibt Fernsehredakteure, mit denen sich nur sehr mühsam reden lässt. Die satirische Form bei der Fernsehunterhaltung ist schon fast automatisiert, und man hat wenig Chancen, da mal was auszuprobieren. Man weiß vorher schon, was kommt. Manche sprechen auch eine linke Messe. Ich meine Kabarettkollegen, die als Empörungsdienstleister unterwegs sind und vor der gleichgesinnten Gemeinde die Konsensmesse lesen und sich dabei auch noch wie besonders freche Querdenker vorkommen.