Bad Dürkheim Herxheim am Berg: Ende der Glocken-Diskussion

Großes Medieninteresse in Herxheim am Berg: Bürgermeister Georg Welker (stehend) stimmt den Rat auf die anstehende Entscheidung
Großes Medieninteresse in Herxheim am Berg: Bürgermeister Georg Welker (stehend) stimmt den Rat auf die anstehende Entscheidung ein.

Gemeinderat beschließt: "Hitler-Glocke" bleibt im Turm der Protestantischen Kirche St. Jakobus

Rund 80 Zuhörer, darunter neben Zeitungsjournalisten auch mehrere Fernseh- und Radiostationen warteten gestern Abend um 19 Uhr im Herxheimer Dorfgemeinschaftshaus gespannt auf den letzten Akt eines neunmonatigen, teilweise heftig geführten, Streits um die Zukunft der Polizeiglocke, die seit 1934 im Turm der Jakobskirche hängt und Adolf Hitler gewidmet ist. Der Schlussakkord selbst beinhaltete keine weitere Diskussion.

"Fatales" Becker-Interview

Lediglich der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gabel fasste nochmal seine Gedanken der vergangenen Monate zusammen: Er warnte davor, Judenhass nicht wieder gesellschaftsfähig werden zu lassen, erinnerte daran, dass die Diskussion um die Glocke auch etwas Gutes gehabt habe. Man müsse sich als Deutscher eben mit der unrühmlichen Geschichte auseinandersetzen und sich gegen Relativierungen der Nazi-Verbrechen wehren, sagte er. Gabel nannte das Herbst-Interview des zurückgetretenen Ortsbürgermeisters Ronald Becker im ARD-Magazin Kontraste „fatal“. Er sagte aber auch, dass man mit einem Wegschaffen der Glocke vielleicht die Chance vergebe, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen.

Applaus für den Vorschlag, die Hitler-Glocke zu läuten

Ob er nun dafür oder dagegen ist, das umstrittene Objekt mit dem Hakenkreuz und der Inschrift „Alles fuers Vaterland – Adolf Hitler“ hängen zu lassen, formulierte er nicht eindeutig. Still blieben die übrigen Fraktionen des Rats, bevor Ortsbürgermeister Georg Welker (parteilos) jedes einzelne Mitglied namentlich zur geheimen Abstimmung aufrief. Mit zehn gegenüber drei Stimmen entschied das Gremium schließlich, alles so zu belassen wie es derzeit ist und demnächst eine Mahntafel im Umfeld des Gotteshauses anzubringen. Dazu will man sich mit der Kirchengemeinde beraten. Im Zuschauerraum gab es Applaus für das Votum, das auch den Vorschlag beinhaltet, die Glocke wieder zu läuten. Geht es nach Welker, dann könnte dies schon am Ostersonntag wieder der Fall sein.

"Mahnmal gegen das Vergessen"

Die Grundlage der Entscheidung – so war es seit September immer wieder gesagt worden – solle das Gutachten der Glockensachverständigen Birgit Müller sein. Auf den Punkt gebracht nennt Müller in dem vierseitigen Papier die zwei seit längerer Zeit öffentlich diskutierten Möglichkeiten: „An ein Museum übergeben oder im Turm hängen lassen“. Im Plädoyer sagt sie: „Eine ,Entsorgung’ dieser Glocke in ein Depot eines Museumskellers (...) ist eine Flucht vor einer angemessenen und aufgeklärten Erinnerungskultur.“ Die Glocke sei als klangliches Denkmal einzustufen und sei ein Mahnmal gegen das Vergessen.

Veranstaltungsreihe zum Nationalsozialismus

Gegen das Vergessen will nun auch die Gemeinde Herxheim am Berg etwas tun: Teil der Beschlussvorlage, die den Räten das Hängenlassen der Glocke empfahl, war daher auch das Vorhaben, „jedes Jahr“ zu Veranstaltungen einzuladen, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus sowie mit Themen von Gewalt und Unrecht in Geschichte und Gegenwart in Form von Ausstellungen, Vorträgen oder Diskussionen befassen. Damit begonnen werden soll bereits im März.

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