Bad Dürkheim „Gegend hier ist ganz zauberhaft“

BAD DÜRKHEIM. Der digitale Zeitmesser zählt die Sekunden herunter: 3-2-1. Dann spurtet das kanariengelbe Opel Kadett Coupé los. Der frühere schwedische Rallye-Meister Kalle Grundel mit Beifahrer Bernd Ostmann eröffneten als Startnummer 1 auf dem Wurstmarktplatz die KST Vorderpfalz Classics. Die Rallye, die aus einer internationalen Veranstaltung in den 1980er-Jahren hervorging, wurde dieses Jahr erstmals seit 2009 wieder ausgetragen.
Der in Frankfurt ansässige Automobilclub von Deutschland (AvD) unterstützte die Vorderpfalz Classic nicht nur bei deren technischer Umsetzung, sondern zeigte mit dem AvD-Club Pirmasens Präsenz vor Ort. Es ist ein imposantes Bild, das sich vor dem Großen Fass bietet. 66 automobile Schmuckstückchen aus vergangenen Tagen stehen in Reih und Glied, warten am Start auf ihren Auftritt. Motoren dröhnen in verschiedenen Oktaven, Reifen quietschen. Wer ist der Schönste, wer hat die meisten „Muckis“? Die Konkurrenz ist groß. Bei der Schönheitswahl kann man sich einfach nicht entscheiden, zu viele Rasse-Klassiker stellen sich der Oldtimer-Nabelschau. Leckerbissen sind natürlich die englischen Sportwagen mit ihren Speichenrädern – der Triumph TR 6, der Austin Healey MK3 , der MG A und der Aston Martin DB2 erinnern an glorreiche Automobilbauzeiten im Königreich. Fast schon britischer Humor, was auf dem Heck des Morgan 4/4 zu lesen ist: Lieber Hockenheim statt Altersheim. Einen blendenden Eindruck hinterlassen auch der stilvolle Allard J2, der amerikanische Ford Mustang von 1966 oder die zahlreichen Porsche, wobei neben den 911ern die beiden 356er die Herzen höher schlagen lassen. Und dann ist da noch der legendäre 300 SL von Mercedes, als Cabrio. Nach gut einer Stunde ist der gesamte Pulk dann auf der Piste. Der Rundkurs am ersten Tag geht von Bad Dürkheim über Lambrecht, Klingenmünster, Haßloch zurück in die Kurstadt. Tags darauf verläuft die Strecke von Bad Dürkheim über Kaiserslautern, Pirmasens Dahn und Hauenstein zurück. „Im Gegensatz zu früher bei der internationalen Rallye Vorderpfalz, als in den 70er- und 80er-Jahren nach Bestzeiten gefahren wurde, geht es bei der Vorderpfalz Classics heute darum, wer Zeitangaben am exaktesten einhält“, erklärt Fabian Mohr vom Organisationsteam der Veranstaltung. „So müssen etwa die Teilnehmer eine bestimmte Strecke in genau 6 Sekunden fahren. Jedes Hundertstel mehr oder weniger gibt Strafpunkte.“ Und noch eines verrät Mohr: „Die Rallye findet in Erinnerung an die im Januar verstorbenen Pfälzer Rallye-Legende Klaus Fritzinger statt. Daher ist sein legendärer Toyota Celica von 1973 Motiv des Programmheftes.“ Mit genau diesem Fahrzeug ihres Vaters hat nun Silka Fritzinger mit ihrer Beifahrerin Stefanie Tücking an der Vorderpfalz Classics teilgenommen. „Mit diesem Auto kann man einfach nicht mit geringer Geschwindigkeit fahren. Daher haben wir schon am ersten Tag 6500 Strafpunkte eingefahren“, lacht Silka. Und erzählt, dass sie ersten Rallye-Übungsstunden auf einem Truppenübungsplatz mit ihrem Vater absolviert hat, bevor sie später unter anderem im Porsche Carrera Cup gestartet ist. Stefanie Tücking war gar Co-Pilotin von Klaus Fritzinger gewesen. „Mit ihm bin ich Deutschland- und Hessen-Rallyes und sogar die Monte Carlo gefahren“, blickt die SWR-Moderatorin zurück. Rallye-As Kalle Grundel bestritt bereits in der großen Ära der Rallye Vorderpfalz das damalige Zeitrennen, dabei gewann 1983 in der Klasse A und war 1985 Gesamtsieger. „Die heutige Vorderpfalz Classic kann man mit der damaligen Rallye natürlich nicht vergleichen. Solche Rennen sind mein richtiges Motorsport-Leben“, erklärt der Schwede. „Ich bin aber glücklich, wieder in der Pfalz zu sein und einmal mit meinem Freund Bernd Ostmann zu fahren.“ Der wiederum hatte einst ebenfalls an der Vorderpfalz teilgenommen, jedoch weniger gute Erinnerungen daran. „Ich hatte damals auf regennasser Fahrbahn bei Waldleiningen einen bösen Unfall, als der Straßenbelag sich geändert hat“, erinnert sich der ehemalige Chefredakteur von „Auto-Motor-Sport“. Mit einem Oldtimer-Schmankerl kamen aus den Niederlanden Marius Varekamp und Joop van Duijn angereist: Sie fuhren in einem Borgward Isabella Coupé von 1960 vor. „Mit diesem Fahrzeug, das aus der Schweiz importiert wurde, nehmen wir ein bis zweimal im Jahr an Oldtimer-Rallyes in Deutschland teil“, erzählt Varekamp. „In der Pfalz sind wir aber das erste Mal. Und wir sind sehr angetan.“ Seine Landsleute Frans van den Bos und Pieter Varekamp sind mit einem wunderbar gepflegten Mercedes Benz 280 SE vorgefahren. „Die Gegend hier ist ganz zauberhaft“, schwärmt van den Bos. Und verrät einen der Gründe für sein Urteil: „Ich bin auch ein Liebhaber von gutem Wein. Und den gibt es hier reichlich.“ Dr. Marcus Ewig ist mit seiner Frau Amina mit einem Porsche 911 von 1971 das erste Mal bei einer Rallye dabei. „Das ist eine tolle Gemeinschaft hier“, sagt er mit einem Strahlen im Gesicht. „Schön, dass die Profis mit uns blutigen Anfängern ganz locker reden, da ist keiner abgehoben“, freut sich der Zweibrücker. (hör)