Bad Dürkheim Einer vom alten Schlag

Kurt Freund (im Vordergrund) war von 1993 bis 2017 Wurstmarktwinzermeister.
Kurt Freund (im Vordergrund) war von 1993 bis 2017 Wurstmarktwinzermeister.

Vorstandsvorsitzender der Winzergenossenschaft Vier Jahreszeiten, langjähriges Mitglied im Stadtrat, Wurstmarktwinzermeister – Kurt Freund ist eines der prägenden Gesichter Bad Dürkheims. Jetzt hat er sich nach und nach zurückgezogen. Langweilig wird es dem Winzermeister trotzdem nicht.

„35 Jahre sind eine lange Zeit – dafür, dass ich eigentlich nie Kommunalpolitik machen wollte“, sagt Kurt Freund und lacht. Knapp 35 Jahre lang saß der 69-Jährige für die CDU im Stadtrat. Bei seiner Verabschiedung lobte Bürgermeister Christoph Glogger Freund als einen Mann mit Haltung, „einen vom alten Schlag“. Ein halbes Jahr vor seiner ersten Wahl ins Gremium 1985 habe ihn Helmut Leckron überzeugt, sich für die Christdemokraten zu engagieren, erinnert sich Freund, der zuvor in der Jungen Union aktiv war. „Ich durfte mit einer großen Bandbreite an Persönlichkeiten zusammenarbeiten“, sagt er. „Wir haben gegen die Osttangente gekämpft“, erinnert sich der Winzermeister an die Diskussionen um den Verlauf der B 271 neu in Richtung Süden. „Vielleicht hätten wir auch in Richtung Norden kämpfen sollen“, ergänzt er. Und wie fällt sein Fazit nach so langer Zeit aus? „Bad Dürkheim hat sich sehr positiv entwickelt in den vergangenen Jahrzehnten. Eine Glanzleistung war sicher die Umgestaltung des Kurparks, von der die Stadt stark profitiert hat“, sagt Freund. Auch der Wurstmarkt habe sich stetig weiterentwickelt. Besonders der frühere Bürgermeister Wolfgang Lutz (CDU) und Ex-Marktmeister Roland Poh hätten sich bei der Werbung „richtig dahinter geklemmt“, erinnert sich Freund. Doch auch die Einführung des Weindorfs Anfang der 1990er-Jahre habe das Fest attraktiver gemacht. „Das war ein harter Kampf“, berichtet Freund. Damals habe er bei seinem eigenen Berufsstand – den Winzern – Überzeugungsarbeit leisten müssen. „Wir mussten umdenken, eine Erweiterung der Schubkarchstände wäre nicht sinnvoll gewesen. Nicht jeder möchte auf einer engen Bank sitzen. Deswegen haben wir eine Alternative gebraucht“, begründet Freund, warum er damals für die Einführung des Weindorfs war. Dieses biete den Winzern zudem die Gelegenheit, Weine mit gehobenem Niveau im Stielglas auszuschenken und zu präsentieren. Das Angebot aus Festzelten, Schubkärchlern und Weindorf hält Freund für die richtige Mischung. Überzeugter Genossenschaftler Den Weinen auf dem größten Weinfest der Welt attestiert der Winzer mittlerweile ein hohes Niveau – was generell für die Tropfen aus Dürkheim gelte, die eine „tolle Vielfalt“ bieten, wie Freund sagt. Und er muss es wissen: Von 1993 bis 2017 war er Wurstmarktwinzermeister und damit eines der Gesichter des größten Weinfests der Welt, ehe Helmut Darting das Ehrenamt 2018 übernahm. Ein anderes Ehrenamt, das Freund lange Zeit prägte, war das des Vorstandsvorsitzenden der Winzergenossenschaft Vier Jahreszeiten: Bereits in den 1970er-Jahren gehörte er dem Aufsichtsrat der Genossenschaft an und war stellvertretender Vorstandsvorsitzender, in den 1990er-Jahren stieg er aus, weil er mit dem Kurs nicht einverstanden war. 2006 schließlich kehrte er als Vorstandsvorsitzender zurück. „Ich bin vom System der Genossenschaften absolut überzeugt, weil es einer Winzerfamilie ermöglicht, ein lebenswertes Einkommen zu erzielen“, sagt Freund. In seine Amtszeit bei den Vier Jahreszeiten fielen die Fusionen mit den Winzergenossenschaften Friedelsheim, Freinsheim und Palmberg in Laumersheim. Außerdem wurde das Weingut Gies in Friedelsheim übernommen, das als eigenständiger Betrieb geführt wird. „Alle Fusionen waren wichtig“, sagt Freund. Die letzte mit Palmberg zum einen, um Abfüllung und Logistik und den damit verbundenen Verkehr aus der Dürkheimer Innenstadt zu bekommen, und zum anderen, weil rund um Dürkheim die Rebflächen verteilt seien. Therme professionell führen Seit 2007 schnellte der Umsatz der Genossenschaft von neun Millionen Euro auf aktuell 19 Millionen nach oben. Gemeinsam mit Geschäftsführer Walter Brahner sei er immer der Überzeugung gewesen, dass Größe effizienteres Arbeiten ermögliche, erklärt Freund. Allerdings sei die Größe der Vier Jahreszeiten, deren Mitglieder 2018 knapp 600 Hektar bewirtschafteten, derzeit nahe am Maximum. „600 bis 700 Hektar reichen“, sagt Freund, dem der Weinbau quasi in die Wiege gelegt wurde: Schon sein Ur-Ur-Großvater habe um das Jahr 1900 Weinbau betrieben, erzählt der 69-Jährige. Er bewirtschaftet mit seiner Familie 50 Hektar und betreibt zudem eine Rebveredlung. „Rebveredlung und Erhaltungszüchtung finde ich faszinierend“, bekennt Freund. Der Beruf des Winzers hat es ihm aber noch aus einem anderen Grund angetan: „Als Selbstständiger hat man die Möglichkeit, mit der Familie zusammen etwas bewegen zu dürfen.“ Seine Frau habe ihm immer den Rücken frei gehalten, dafür sei er ihr sehr dankbar, sagt der Vater von zwei erwachsenen Kindern. Auch ohne Stadtratssitzungen dürfte bei Freund keine Langeweile aufkommen: So ist der Winzer unter anderem Schiedsmann für die Stadt am Dürkheimer Amtsgericht, außerdem Schöffe am Sozialgericht in Speyer. Auch als Weinsachverständiger wird er weiter aktiv sein. „Ich werde nicht aus dem Hintergrund mitmischen, das ist nicht mein Stil. Als Ratgeber stehe ich aber natürlich immer zur Verfügung“, sagt er. Seinen Nachfolgern im Stadtrat schreibt er vor allem ins Stammbuch, dass die Therme professionell betrieben werden müsse. „Das soll jetzt nicht abwertend gemeint sein, aber eine Therme ist kein Schwimmbad. Da müssen wir Dienstleistung und Service verkaufen, dass die Gäste wiederkommen.“

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